Interview mit Kori Rae: Produzentin von ONWARD – Keine halben Sachen

Kori Rae (Berlinale 2020 Photocall)
Kori Rae (Berlinale 2020 Photocall) © Disney/Pixar

„Onward“ ist so reich an magischen Wesen. Was hat Sie zu der Welt inspiriert und nach welchen Kriterien haben Sie die Wesen für den Film ausgesucht?

Kori Rae: Ich weiß, es ist wirklich eine unglaubliche Arbeit. Das Fantasy Genre ist wirklich riesig. Wir haben uns an all die bekannten Wesen erinnert und haben versucht, sie in ein völlig eigenständiges Universum zu packen. Dabei haben wir bewusst das, was uns typischer Weise zu den Wesen einfällt, verändert. Beispielsweise können unsere Feen nicht mehr fliegen. Auch sind es keine süßen Wesen mit magischen Kräften mehr, sondern rotzige Mitglieder eines Motorradclubs. Die Designer haben ihre ganze Kreativität genutzt, um eine völlig neue Art von Magie wirken zu lassen. Ich glaube, sie hatten wirklich Spaß bei ihrer Arbeit (lacht).

Ist es vorgekommen, dass Sie einen Charakter fest vor Augen hatten, aber nicht wussten, wie Sie ihn in den Film integrieren sollen?

Kori Rae: Zu Beginn haben wir alle Ideen schriftlich festgehalten. Dann haben wir sie einem Storyartist übergeben, der die hauptsächlichen Dinge bildlich festgehalten hat. Manchmal ist das Script sehr einfach gehalten, bevor es mit Dialogen gefüllt wird. Der Storyartist kann so die einfachen Ausführungen mit spezifischen Ideen füllen. Erst dann kann man erkennen, ob die Szene wirklich wichtig ist. Wir haben viele Szenen geschrieben und als Storyboard umsetzen lassen, die aber nicht Bestandteil des Films wurden. So ist es auch mit den Charakteren.

Die Arbeit an dem Film hat mehr als sechs Jahre gedauert. Kaum es schon einmal vor, dass Sie mehrere Monate in eine Idee investiert und irgendwann erkannt haben, dass sie sich nicht umsetzen lässt und von vorne begonnen?

Kori Rae: Ja, das ist schon passiert. Deswegen stellen wir einen Film nie komplett vor dem ersten Screening fertig. Wir verwenden viel Zeit, um im Team über die Storyboards zu diskutieren und Dialoge durchzusprechen und anzupassen. Das Material wird immer wieder gesichtet. Wenn das alles nichts bringt und wir denken, dass die Probleme größer sind und wir sie trotz aller Mühe nicht komplett lösen können, müssen wir alles verwerfen. So etwas passiert. Je früher man merkt, dass eine Idee einfach nicht umsetzbar ist, desto einfacher ist es natürlich. Wenn wir aber an unser Konzept glauben und soweit kommen, dass wir interne Screenings vereinbaren, sind wir zufrieden. Dann gibt es natürlich auch Szenen oder Dialoge, die wir ändern oder völlig verwerfen, weil sie auf der großen Leinwand nicht funktionieren. Die Zeit, um diesen Support zu ermöglichen, ist das Wichtigste, um wirklich gute Filme machen zu können.

Für Regisseur Dan Scanlon ist „Onward“ eine sehr persönliche Geschichte, weil die Beziehung der Söhne zu ihrem verstorbenen Vater seine eigene Geschichte erzählt.

Kori Rae: Dan war sehr darauf bedacht, dass die Geschichte von seiner Vergangenheit inspiriert ist, aber nicht biografisch erscheint, sondern universell verstanden werden kann. Ich und die Designer mussten ihn etwas pushen, damit er unsere Fragen beantwortet und wir noch tiefer in seine Geschichte eintauchen konnten. Im wirklichen Leben ist sein Bruder ihm sehr ähnlich und die beiden haben eine enge Beziehung zueinander. Ich habe ihm damals gesagt, dass dies überhaupt nicht dramatisch ist (lacht). Viele Menschen haben ein gute Beziehung zu ihren Geschwistern. Wir wissen aber auch, dass es ganz anders sein kann. Wir brauchten diese Freiheit, um die Geschichte in eine andere Richtung zu lenken, um dadurch eine gewisse Dramatik aufzubauen.

Kori Rae (Berlinale 2020 Pressekonferenz)
Kori Rae (Berlinale 2020 Pressekonferenz) © Disney/Pixar

Wer zeichnet sich fĂĽr den Score verantwortlich?

Kori Rae: Die Brüder Mychael und Jeff Danna. Sie sind großartig. Sie haben bereits den Score für „Arlo & Spot“ und viele andere Filme gemacht. Als wir uns die Musik verschiedener Komponisten angehört haben, waren wir von den Stücken, die die beiden geschrieben haben, wirklich berührt.

Welcher Charakter ist Ihnen während der sechsjährigen Arbeit am meisten ans Herz gewachsen?

Kori Rae: Ich denke Ian. Er ist so ein wunderbarer Charakter. Er ist ein 16-jähriger Teenager, der versucht herauszufinden, wer er wirklich ist. Ich persönlich versuche noch immer herauszufinden, wer ich bin und wo mein Platz im Leben ist, in meinem Umfeld von Freunden und Familie. Durch Ian habe ich viel über mich selbst gelernt.

In der heutigen Zeit braucht jeder etwas Magie in seinem Leben. Wie wichtig ist es für Sie, einen Film für das große Publikum zu machen, der einen die eigenen Sorgen und Nöte für einen kurzen Moment vergessen lässt?

Kori Rae: Es ist so unglaublich und wunderbar, dass ich die Möglichkeit habe, so etwa zu schaffen. Ich kann es kaum erwarten, den Film mit dem Publikum zu teilen und allen einen unbeschwerte Zeit zu schenken. Ich hoffe, ich werde dann auch einen ruhigen Moment haben und darüber nachdenken können, wer mein Barley ist und wer von meinem Umfeld die Rollen der anderen Filmcharaktere für mich persönlich einnimmt. Ich bin unglaublich glücklich über diese Arbeit.

Die Randfiguren sind bei Pixar immer ebenso einzigartig wie die Hauptfiguren. Wie wichtig war beispielsweise der Drache, der von der Familie wie ein Hund gehalten wird, fĂĽr die Handlung?

Kori Rae: Wir wussten bereits ganz zu Beginn, dass diese Familie einen Hund braucht. In jedem Pixar Universum gibt es ein ganz bestimmtes, wichtiges Tier. Bei uns wurde es der Drache, zu dem wir von Dans Hund inspiriert wurden: Ein Japan Chin namens Carol.

Vielen Dank fĂĽr das interessante Interview..

Onward: Keine halben Sachen startet am 5. März 2020 in den deutschen Kinos



by Sandy Kolbuch