Filmkritik Free Birds - Esst uns an einem anderen Tag
Filmwertung: |
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| 6/10 |
Jahr um Jahr feiern die Amerikaner am vierten Donnerstag im November Thanksgiving. Im Mittelpunkt des wichtigen Familienfestes steht das traditionelle Truthahn-Essen. Dass anlässlich dieses Festes jährlich Truthähne gezüchtet und geschlachtet werden, steht außer Frage. Doch nun lässt Regisseur und Drehbuchautor Jimmy Hayward („Horton hört ein Hu!“) die Truthähne zu Wort kommen.
Geblendet von der täglichen Fütterungen rennen die stupiden Vögel ihrem Schicksal entgehen. Nur Jungvogel Reggie erkennt, dass sein Lebenszweck darin besteht, als Festtagsbraten zu enden. Doch niemand will seine Bedenken hören. Erst als er die unerwartete Bekanntschaft mit Jake macht, erkennt er, dass auch andere Vögel seinen Intellekt teilen. Gemeinsam reisen die Tuthähne mit einer eierförmigen Zeitmaschine ins 17. Jahrhundert zum allerersten Thanksgiving, um die Speisekarte gravierend zu ändern.
Die Filmemacher widmen sich mit „Free Birds“ einem scheinbar elementaren Thema: Fleisch oder nicht Fleisch. Der Animationsfilm von Reel FX entpuppt sich jedoch nicht wie erwartet als humorvoller Aufklärungsfilm, sondern als eigenwilliges Buddy-Movie. Die ungleichen, aber heldenhafte Artgenossen verbrüdern sich für die Durchsetzung ihres Planes. Freundschaft und Loyalität vereint die Vögel, die nicht unterschiedlicher sein könnten, zu einem perfekten Team. Während der Film in Amerika pünktlich zu Thanksgiving in die Kinos kam, schließen die deutschen Kinobesucher erst jetzt Bekanntschaft mit den amüsanten Truthähnen. Da in Deutschland aber ohnehin kein Thanksgiving im Sinne der Amerikaner gefeiert wird, scheint auch der Kinostart belanglos zu sein. Die ökologische Botschaft des Films kommt auch ohne Feiertagsbezug deutlich an: Ist der Verzehr von Fleisch wirklich unerlässlich? Allerdings kommt der Animationsfilm ohne erhobenen Zeigefinger aus. Denn trotz der Truthähne, die immer wieder darum betteln, dass man sie doch nicht essen möge, will der Film kein Appell zum vegetarischen Lebensgefühl vom Zaun brechen. Denn der Film hat ausreichend absurde Szenen im Petto, die einzig der Unterhaltung geschuldet sind. So wird auch die seit 1990 jährliche Praktizierung der Truthahnbegnadigung durch den Präsidenten des Weißen Hauses, galant überzogen: Nachdem die Tochter des Präsidenten Reggie als ihr persönliches Haustier auswählt hat, führt dieser eine privilegiertes Leben inklusiver Butler, Luxusbehausung und modernster HiFi-Anlage.
Nachdem bereits zahlreiche Tierarten im Animationsbereich die Leinwand erobert haben, ist auch den Truthähnen ihr großer Auftritt gegönnt. Trotz der stimmigen und amüsanten Animationen von Reel FX, können die „Free Birds“ nicht mit den großen Erfolgen aus dem Hause Pixar oder Dreamworks Animation mithalten. Die Story wirkt an einigen Punkten etwas flach, wobei die Grundidee durchaus innovativ erscheint. Da die Figuren von Beginn an als Nahrungsmittel in Szene gesetzt werden, wird ihre Persönlichkeit auf ein Minimum reduziert. Amüsant ist der Film dennoch, weil eine Zeitreise im Tierreich noch reichlich unverbraucht und demnach unvoreingenommen vom Zuschauer konsumiert wird. Aufgrund der Thematik, die völlig unverblümt bebildert wird, fällt der Humor allerdings recht derbe aus. Im Hinblick auf die Vernichtung des Federviehs scheint der Galgenhumor doch mehr als angebracht. Ob dies jedoch für die kleinen Zuschauer verständlich ist, bleibt abzuwarten.
Rick Kavanian als „Reggie“ und Christian Tramitz als „Jake“ sorgen allein stimmlich für den bekannten Comedy-Stil. Auch Nora Tschirner, Oliver Kalkofe, Thomas Fritsch und Jorge Gonzalez verleihen in der deutschen Synchronisation den Figuren eine sarkastische Stimme.
Fazit: Ein knallbuntes Animationsabenteuer über zwei durchgeknallte Truthähne und ihren großen Traum. Der familienfreundliche Film weist auf die jährliche Massenzucht und –schlachtung der Truthähne hin, ohne dem Ganzen eine Wertung zukommen zu lassen.
by Sandy Kolbuch
Bilder © Senator Filmverleih