Filmkritik Creed - Rocky's Legacy
Filmwertung: |
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| 9/10 |
Als 2013 bekannt wurde, dass es einen 7. Rocky-Film geben wird, war die Skepsis zunächst groß. Die berühmte Filmreihe über den Boxer Rocky Balboa, welche mit dem 5. Teil 1990 ihren Tiefpunkt erlangte, dann mit dem 6. Teil der Reihe im letzten Jahrzehnt doch noch ein versöhnliches Ende nahm, schien schon abgeschlossen zu sein.

Nun erscheint dieses Jahr ein weiterer Rocky-Film im deutschen Kino und dieser Streifen hat es in sich. Denn mit Creed – Rocky‘s Legacy kreierte der noch sehr junge Regisseur Ryan Coogler den wohl besten Rocky-Teil überhaupt.
Was den Inhalt betrifft, sollte man an dieser Stelle nicht ausführlich werden, um jegliche Spoiler zu vermeiden. Grundsätzlich geht es um den Amateurboxer Adonis „Donnie“ Johnson (später Adonis Creed) – gespielt von Michael B. Jordan (
Fruitvale Station, Chronicle) – der von Los Angeles nach Philadelphia umzieht, um dort von Rocky Balboa, dem ehemaligen Rivalen und besten Freund seines verstorbenen Vaters, trainiert zu werden. Diese Figur wird wieder einmal von Actionfilm-Ikone Sylvester Stallone verkörpert. Die Rocky-Filmreihe ist sein Lebenswerk und prägte das Kino der 70er und 80er Jahre. Die Liste seiner mittelprächtigen Action-Filme ist lang und mehrfach wurde er auch schon mit der Goldenen Himbeere ausgezeichnet. Seine letzten Filme Shootout, Escape Plan und Zwei vom alten Schlag floppten an den US-Kinokassen. Jetzt spielt er noch ein weiteres Mal seine Paraderolle und was er hier zeigt, dürfte wohl jeden überraschen. Stallone beweist in Creed, dass er noch schauspielern kann und zeigt hier seine beste Performance seit Rocky, dem ersten Teil der Reihe, welcher knapp 40 Jahre zurück liegt. Mit sehr viel Feingefühl, einem gewissen Understatement und Ruhe, gibt er seiner Figur unglaublich viel Tiefe, die den Zuschauer emotional erreicht. Stallone schafft es hier den Schmerz und die innere Zerrissenheit des Rocky Balboas sehr authentisch darzustellen.

Zurecht wurde er für einen Golden Globe als bester Nebendarsteller ausgezeichnet und auch seine Chancen auf eine Oscar-Nominierung sind hoch.
Was Kameraführung und Schnittarbeit angeht, ist der Film atemberaubend. Wie die Boxkämpfe mit der Kamera eingefangen wurden, ist einzigartig. Dabei ist die Kamera äußerst dynamisch, meist oft im Ring selbst, und bietet eindrucksvolle Bilder. Es gibt teilweise unglaubliche Plansequenzen mit sensationellen Kamerafahrten innerhalb des Boxrings, bei denen der Zuschauer gefesselt wird. Zusammenfassend ist festzuhalten, dass noch nie Boxkämpfe in Filmen so gelungen inszeniert sind wie in Creed. Hervorragend untermalt sind die Kämpfe mit einem epischen Soundtrack, der Gänsehaut garantiert. Auf eine klassische Dramaturgie eines „Hollywood-Boxkampfs“ wird verzichtet. Vielmehr überrascht Coogler hier den Zuschauer mit abwechslungsreichen und spannenden Kämpfen. Die Boxkämpfe sind zwar rar gesät im Film und nicht so dominierend wie in den Teilen 2-5, sind aber dennoch das Highlight des Films. Aber auch die anderen Handlungsstränge, außerhalb des Boxrings, wurden wirklich fein und glaubwürdig erzählt.
Ein weiteres Highlight ist Michael B. Jordan. Mit dem Drama Nächster Halt: Fruitvale Station, bei dem ebenfalls Ryan Coogler Regie führte, stellte er sein Schauspieltalent bereits unter Beweis. Nach dem desaströsen Fantastic Four, zeigt Michael B. Jordan hier eine unglaubliche Performance. Sowohl in den emotionalen Momenten als auch bei den physisch anspruchsvollen Szenen im Ring, zeigt er große schauspielerische Klasse und man wird sicherlich in Zukunft noch viel von ihm hören.

Mit Creed gelang Ryan Coogler das beste Boxer-Drama seit The Fighter und ein Film, der – was Sportfilme angeht – bereits jetzt zu den Größten in Hollywood gehört. Denn was dem Zuschauer auf der Leinwand geboten wird, ist ganz große Kunst und hat absolut nichts mit dem unrealistischen Unterhaltungsboxen der vorherigen Teile zu tun.
Fazit: Ein unglaublich packender Film, der den Zuschauer mit beeindruckender Kameraführung fesselt und mit einem epischen Soundtrack Gänsehaut bereitet. Dank einem grandiosen Sylvester Stallone und einem Michael B. Jordan, der den Zuschauer mit seiner starken Performance schwer beeindruckt, erschafft Ryan Coogler einen großartigen Film, der sowohl technisch als auch erzählerisch überzeugt.
by Morteza Wakilian