Filmwertung: |
|
| 10/10 |
DRIVE wird einschlagen. Der Film des dänischen Regisseurs Nicholas Winding Refn (PUSHER) ist ein echtes Meisterwerk. DRIVE ist ein Neo-Noir-Thriller und eine Hommage an die 1980´er Jahre. Als Hauptdarsteller glänzt Ryan Gosling (THE IDES OF MARCH), der seiner Rolle Sympathie und Wahnsinn zugleich einhaucht. DRIVE ist ein perfekter Start in das Kinojahr 2012.
Der Driver (Ryan Gosling) arbeitet tagsüber als Stuntfahrer bei Hollywood. Nachts bietet er sich als Fahrer für Fluchtfahrzeuge von Raubzügen an. Er ist ein wortkarger Einzelgänger – zumindest bis er seine Nachbarin Irene (Carey Mulligan) und ihren Sohn Benicio (Kaden Leos) kennenlernt. Driver ist glücklich. Doch dann findet er in seiner Tiefgarage Irenes Ehemann Standard (Oscar Isaac). Blutverschmiert und halb ohnmächtig liegt Standard am Boden. Neben ihm sitzt der verängstigte Benicio. Für den Driver ist es nun an der Zeit in die Offensive zu wechseln.
Der Einstieg in den Film verrät gleich: Es handelt sich um einen außergewöhnlichen Thriller. Der Driver fährt ein Fluchtfahrzeug. Ruhig und ohne ein Wort mit seinen Auftraggebern zu wechseln fährt er den Wagen durch das nächtliche Los Angeles. Die Polizei sucht ihn - auf der Straße und über die Luft. Der Driver bleibt trotzdem unerschrocken. Es ist eine fesselnde Actionszene ohne Action. Es kommt zu keinem Schusswechsel. Es werden keine Fahrzeuge demoliert. Und doch ist es eine aufregende Verfolgungsjagd.
DRIVE ist cool. Drivers Fluchtwagen ist cool und auch seine grau-silberne Jacke mit dem Skorpion darauf. Die Bilder sind bis in das kleinste Detail durchkomponiert. Viel an diesem Film wirkt wie eine Hommage an die 1980´er Jahre. Dazu trägt nicht zuletzt auch die Musik bei: Im Hintergrund erklingen Songs, die an den Synthie-Pop vergangener Tage erinnern.
Driver, der Protagonist der Gesichte, ist ein wortkarger Einzelgänger, ein einsamer Wolf. Er wird charismatisch von Ryan Gosling auf die Leinwand gebracht. Der Driver ist naiv und zugleich berechnend, sympathisch, aber wahnsinnig, heroisch und doch nicht heldenhaft. Stellenweise arbeitet er wie ein Uhrwerk mit mechanischer Selbstkontrolle. Seiner Nachbarin Irene gegenüber verliert er sich in kindliche Naivität, er ist schüchtern und zurückhaltend. Zum Ende des Films bricht er dann aus: Es scheint als würde sich seine gesamte Wut und seine gesamte Energie entladen. Mit allen Mitteln will er Irene und ihren Sohn Benicio schützen. Der Driver zeigt die Schattenseiten des Heldentums.
Drivers Gegner sind Mafiabosse der alten Schule. Sie lenken und steuern im Hintergrund. Doch wenn es einmal hart auf hart kommt, scheuen sie nicht davor zurück, sich selbst die Hände schmutzig zu machen. Während Ron Perlman als Nino ein bisschen Witz ins Spiel bringt, erfüllt Albert Brooks seine Rolle als diabolischer Mafia-Chef Bernie Rose mit Akkuratesse.
Einen ganz besonderen Stellenwert nimmt die Gewalt in DRIVE ein. Gewalt wird sehr sparsam, aber höchst effektiv eingesetzt. Erst ab der Mitte des Films werden überhaupt Waffen gezogen, aber wenn sie zum Einsatz kommen, dann mit aller Brutalität. Diese Sequenzen halten dann auch nicht lange an: Ein Schuss, viel Blut und Klappe. Die Gewalt wird – anders als sonst oft üblich – nicht lange hinausgezogen. Sie kommt und geht.
Obwohl teilweise in einem alten Gewand, wirkt DRIVE erfrischend anders. Er hebt sich wohltuend ab von den Selbstjustiz- und Actionthrillern der vergangenen Jahre. Es wird nicht moralisiert und nicht überdramatisiert.
Fazit: DRIVE ist ein aufregender Film mit wunderbarer Besetzung, berauschender Geschichte, präziser Inszenierung und coolem Hintergrund.
by Ramon Weilinger