Filmwertung: |
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| 6/10 |
Eine Gruppe von Freunden beschließt in ein kleines schwedisches Dorf zu reisen, um dort die Sommersonnenwende zu feiern. Dieses Ereignis geschieht alle 90 Jahre und die Bewohner des Dorfes geben sich nicht nur mit fröhlichen Tänzen und feierlichen Partys zufrieden, sondern führen auch exzessive und brutale Rituale durch, um das Erlebnis einmalig werden zu lassen. Die Freunde geraten ziemlich schnell in einen Drogentrip, der ihren Verstand die Realität anzweifeln lässt.
Midsommar: Jack Reynor und Florence Pugh © Gabor Kotschy, Courtesy of A24
Bei „Midsommar“ das Gesehene zu beschreiben ist schon schwer, es zu verarbeiten ist kompliziert, den Film gerecht zu bewerten ist allerdings schier unmöglich. Dieser Film hat die verschiedensten Facetten aus allen möglichen Genres und ist daher schwer einzuordnen. Die beste Zusammenfassung ist wahrscheinlich der Psycho-Horror. Der Film startet schon unheimlich bedrückend. Der Zuschauer bekommt Bilder zu sehen, die mitunter zu den besten Eröffnungsbildern des Jahres gehören. Danach erfolgt eine kunterbunte Reise durch sehr viel Exposition, bis sich die Protagonisten mitten in einem Drogenrausch befinden. Diese eher leichten Szenen werden von extrem schweren Bildern durchbrochen, die zum eigentlichen Highlight des Films zählen. Ari Aster hat Ideen umgesetzt, die auf der Kinoleinwand revolutionär sind. Doch bis der Film diese Ebene erreicht hat, vergeht sehr viel Zeit. 140 Minuten vergehen insgesamt und das ist für einen Horrorfilm sehr viel. Der Film braucht dann schon sehr viel Handlung und eine sehr dichte Atmosphäre, um diese Zeit zu begründen, aber das bietet der Film leider nicht. Der Film hat zwar einige Highlights, doch die sind leider in der Zeitspanne so rar gesät, sodass stellenweise sehr viel Zeit für gefühlt keine existente Handlung draufgeht. Hätte man den Film mindestens um eine Stunde gekürzt, hätte man eine viel höhere atmosphärische Dichte und der Film würde von Schocker zu Schocker springen.
Midsommar: Isabelle Grill © Gabor Kotschy, Courtesy of A24
Ari Aster hat letztes Jahr mit seinem Debütfilm „
Hereditary“ bewiesen, dass er Horror ideal inszenieren kann. Das tut er wieder, in dem er mit einem tollen Ensemble an Schauspielern, einer interessanten Grundidee und visionären Horroreffekten einen durchweg atmosphärischen Film schafft. Von den Schauspielern fällt keiner negativ auf, denn sie sind in ihrer Gesamtheit wundervoll. Florence Pugh („The Commuter“/„Fighting with my Family“) und Jack Reynor („Sing Street”/„Kin”) geben als Paar im Film ein wunderbares Duo ab und durch storytechnischen Beeinflussungen ist ihre Berziehung richtig interessant. Ein Schauspieler, der allerdings besonders heraussticht, ist Will Poulter („The Revenant“/„Die Chroniken von Narnia: Die Reise auf der Morgenröte“), denn er bleibt fern von den Drogen und ist somit für den Zuschauer ein ständiges Abbild der Wirklichkeit. Die Kameraarbeit von Pawl Pogorzelski („Hereditary“) ist wieder einmal legendär, denn er schafft es mit langen Einstellungen und keinen zerschnitten Szenen, die auf Jumpscars hinausführen, den Horror exzellent zu erzählen. Die wunderschönen Landschaftsaufnahmen und die Brutalität stehen ständig im Zusammenhang, sodass sich auf der visuellen Ebene ständig ein unangenehmes Gefühl breitmacht. Kombiniert mit den abgefahrenen Tönen von dem Komponisten Bobby Krlic („Triple 9“) entsteht eine ständige Angst, die von der auditiven Untermalung ausgeht.
Fazit: „Midsommar“ fair zu bewerten ist eigentlich unmöglich. Es gibt viele Aspekte, die wahnsinnig gut inszeniert wurden und den Film ein Stück weit zum Meisterwerk machen. Dagegen spricht leider die zu lange Laufzeit und die nicht ganz so stringente Handlung. Für Fans des Trailers und von Ari Aster wird dieser Film erneut in eine noch nie dagewesene Kerbe einschlagen, aber es wird auch einige Zuschauer geben, die überhaupt nichts mit diesem Film anfangen können.
by René Fischell
Bilder © Weltkino Filmverleih GmbH