Birds of Prey: The Emancipation of Harley Quinn

Birds of Prey: And the Fantabulous Emancipation of One Harley Quinn (2020), USA
Laufzeit: - FSK: 16 - Genre: Action / Abenteuer / Krimi
Kinostart Deutschland: - Verleih: Warner Bros.

-> Trailer anschauen

Birds of Prey: The Emancipation of Harley Quinn Filmplakat -> zur Filmkritik

Inhalt

Nach der Trennung vom Joker tritt Harley Quinn den Superhelden Black Canary, Huntress und Renee Montoya bei, um ein junges Mädchen vor einem bösen Verbrecher zu retten.

Margot Robbie, Mary Elizabeth Winstead und Jurnee Smollett-Bell | mehr Cast & Crew


Birds of Prey: The Emancipation of Harley Quinn - Trailer




Filmkritik Birds of Prey: The Emancipation of Harley Quinn

Filmwertung: | 8/10


Einer der wenigen Lichtblicke in David Ayers fehlgeleitetem Superbösewicht-Zusammentreffen „Suicide Squad“ war sicherlich Margot Robbie, die Fanliebling Harley Quinn fabelhaft als perfekte Idealbesetzung verkörperte. Dass ihre Interpretation der selbstzerstörerischen Joker-Geliebten funktionierte, sah auch Warner und gab grünes Licht für ein Spin-off, das nun in Form von „Birds of Prey“ erscheint. Die titelgebenden Raubvögel sind allerdings auch selbst ein Superheldinnen-Team, das in Comics bereits seit 1996 im Einsatz ist. Doch es ist ganz klar: „Birds of Prey“ ist ohne Zweifel die Harley Quinn-Show, die hier voll und ganz im Fokus steht. Margot Robbie, die den Film auch produzierte, zieht erneut mit ihrer magnetischen Präsenz und unbändiger Spielfreude in den Bann, während der Film sehr viel Spaß macht und besonders durch seine audiovisuelle Präsentation und ansteckende Energie enorm reizvoll ist.

Margot Robbie in Birds of Prey: The Emancipation of Harley Quinn
Margot Robbie in Birds of Prey: The Emancipation of Harley Quinn © Warner Bros.
„Birds of Prey“ spielt im selben Universum wie „Suicide Squad“ und setzt auch nicht allzu lange nach dem 2016 erschienenen Film an. Doch wie der Zusatztitel so eloquent andeutet, ist hier eine Emanzipationsgeschichte zu sehen, bei der sich Harley Quinn aus dem zerstörerischen Abhängigkeitsverhältnis mit dem Joker löst und ihren eigenen Weg in Gotham geht. Harley erzählt den Film auf ihre typisch freche Art und führt so erst mal im Schnelldurchlauf durch ihre Lebensgeschichte: Hier wird in einer hübschen Animationssequenz zu Beginn auch schon mal der wilde und poppige Stil des Films etabliert, der konsequent bis zum Ende durchgezogen wird. Wandelte „Suicide Squad“ noch schmerzhaft unentschlossen zwischen düsterem Realismus und ironischem One-Liner-Exzess, wirkt „Birds of Prey“ viel eher aus einem Guss: Hier ist ein echter Comicfilm mit aller Überhöhung zu sehen, der mit stilistischen Freuden vollgepackt ist und sich nie zu ernst nimmt, aber dennoch etwas zu sagen hat.

So ist Harley Quinn weiterhin pure Exzentrik, die unberechenbar zwischen süßer und begeisterungsfreudiger Mädchenhaftigkeit, Unschuld und psychopathischer Gewaltbereitschaft schwankt. Jedoch grundieren Robbie, Regie-Newcomerin Cathy Yan und Autorin Christina Hodson („Bumblebee“) diese faszinierende Figur immer wieder und lassen unter der grellen Oberfläche eine mit Schmerzen behaftete Seele erspüren. Das nach Aufmerksamkeit schreiende Verhalten und die fantastischen Kostüme sowie das wilde Styling sind Quinns Schutzpanzer. Doch das ist nichts Neues für Fans, das Tolle ist, dass Robbie und die Macher die Figur spürbar genau verstehen und entsprechend stark interpretieren.

Birds of Prey: The Emancipation of Harley Quinn: Renee Montoya (Rosie Perez), Black Canary (Jurnee Smollett-Bell),  Huntress (Mary Elizabeth Winstead), Harley Quinn (Margot Robbie) und Cassandra Cain (Ella Jay Basco)
Birds of Prey: The Emancipation of Harley Quinn: Renee Montoya (Rosie Perez), Black Canary (Jurnee Smollett-Bell), Huntress (Mary Elizabeth Winstead), Harley Quinn (Margot Robbie) und Cassandra Cain (Ella Jay Basco) © Warner Bros.
So erzählt Harley davon, wie sie sich von Untergrundkönig Joker getrennt und nun frei ist. Diese Befreiung visualisiert Yan und ihr großartiger Kameramann Matthew Libatique („Black Swan“, „A Star is Born“) in Form einer gigantischen und äußerst farbenfrohen Explosion von Jokers Chemiefabrik, in die Harley einen Truck rasen lässt und nun triumphal die Zerstörung beobachtet und genießt – nicht zufällig ist das der Ort, an dem sich die Beiden einst ihre Liebe geschworen haben. Doch Harley hat Spuren hinterlassen, wodurch ihr Detective Renee Montoya (Rosie Perez) schnell auf den Fersen ist. Auch auf Harley abgesehen hat es der sadistische und rücksichtslose Gangster Roman Sionis (Ewan McGregor), dessen Fahrer von ihr in seinem Nachtclub verletzt wurde. So kommt auch die mysteriöse Sängerin Dinah Lance (Jurnee Smollett-Bell) ins Spiel, die in Romans Club arbeitet und fortan als dessen Fahrerin und Assistentin arbeitet. Dann ist da noch die junge Diebin Cassandra Cain (Ella Jay Basco), die für Sionis einen besonderen Diamanten stiehlt, aber schließlich ein ganz eigenes Spiel spielt…

Regisseurin Cathy Yan, die bisher nur den Festival-Erfolg „Dead Pigs“ zu verantworten hatte, erweist sich als inspirierte und frische Wahl für den Regiestuhl. Ihr gelingt ein audiovisuell erstaunlich selbstbewusster und enorm stylischer Film, der auch erzählerisch angenehm ballastfrei daherkommt. Quinn reißt die Erzählung an sich und springt hierfür auch teilweise wild in der Chronologie umher, lässt Rückblenden einfließen und durchbricht die vierte Wand. Der Film ist atmosphärisch sehr dicht, verfügt über fantastische Kostüme und tolle Ausstattung, wodurch für einen optischen Genuss gesorgt wird. „Birds of Prey“ sieht also einfach grandios aus, begeistert aber auch mit der von seiner Hauptfigur vorgegebenen unbändigen Energie. Robbie spielt sich auf ansteckend lebhafte Art durch den Film, sodass man ihr gerne folgt, obwohl sie eigentlich der Inbegriff einer fehlerhaften und oft sogar asozial handelnden Antiheldin ohne moralischen Kompass ist.

Ewan McGregor in Birds of Prey: The Emancipation of Harley Quinn
Ewan McGregor in Birds of Prey: The Emancipation of Harley Quinn © Warner Bros.
Doch Harley Quinn ist nichts gegen den grausamen Sadismus von Bösewicht Roman Sionis, der hier fulminant von Ewan McGregor verkörpert wird. Es kann sicher behauptet werden, dass man den schottischen Akteur noch nie so gesehen hat. Sein Roman ist ein schillernder und flamboyanter Antagonist, der nahezu bipolar zwischen charmanter und fast schon kindlicher Exzentrik und unsicherem Selbstwertgefühl wandelt. Garniert wird diese faszinierende und lustvolle Darstellung mit explosiver Unberechenbarkeit, denn Sionis macht ganz und gar keine Gefangenen. So hat er ein Faible für das Abschneiden von Gesichtern, was besonders in einer ebenso abschreckenden wie grotesken Szene zum Vorschein kommt. „Birds of Prey“ hat sich auch deswegen seine Altersfreigabe ab 16 Jahren redlich verdient. McGregor ist eine faszinierende und hochgradig anziehende Präsenz, der locker einen der besten Bösewichter der letzten Zeit erschafft. Sein nicht minder sadistischer und bedingungslos loyaler Sidekick Victor Szasz wird von einem kaum wiedererkennbaren Chris Messina verkörpert, der an seinem lustvoll verrückten Part sichtlich viel Freude hat.

Ein großes Highlight des Films sind auch die fulminanten Kampfszenen, die mit großem Spaß und Einfallsreichtum inszeniert sind. Hier profitiert Yan sicher auch von „John Wick“-Macher Chad Stahelski und dessen Stuntteam, das „Birds of Prey“ während der Haupt- und Nachdrehs aktiv unterstützt hat. Die Fights sind mit großem Erfindungsreichtum und atemberaubender visueller Dynamik umgesetzt, zudem spielt sich der Großteil in weiten Einstellungen ab, die es erlauben, den Bewegungen wunderbar zu folgen. Doch auch hier lebt der Film von seinem poppigen visuellen Stil, etwa wenn Harley ein Polizeirevier mit Farb- und Konfettipatronen erstürmt und sich mit betonter Lässigkeit durch ihre bemitleidenswerten Gegenspieler kämpft. Auch toll: Ein Kampf in einer Asservatenkammer, die das zur Verfügung gestellte Arsenal innovativ und knochenbrechend einsetzt. Überhaupt stilisiert Yan das Geschehen noch zusätzlich mit clever-ironischen Texteinblendungen und anderen visuellen Gags, die meist sehr gut funktionieren.

Harley Quinn (Margot Robbie) in Birds of Prey
Harley Quinn (Margot Robbie) in Birds of Prey © Warner Bros.
Cathy Yan und Margot Robbie ist hier also ein zufriedenstellender, hochgradig unterhaltsamer und überraschend amüsanter Comicfilm gelungen, der dynamisch, verspielt, frech, mädchenhaft, grell und düster zugleich ist. Männer spielen in dieser Welt eine betont untergeordnete Rolle, beziehungsweise gibt es eigentlich keine guten oder starken Männerfiguren. Selbst die wenigen, die zunächst nett erscheinen, entpuppen sich schließlich doch als Enttäuschung. Doch gerne nimmt man diese augenzwinkernde Haltung des Films an, der einfach nur Spaß machen und Weiblichkeit zelebrieren will. Manch ein Zuschauer mag angesichts der betont antisozialen und potentiell gewaltverherrlichenden Herangehensweise der Figuren weniger angetan sein, jedoch ist der Film viel zu bewusst anarchisch und merkwürdig liebenswert, als dass man ihm hier wirklich böse sein könnte.

Zu „Birds of Prey“ wird der Film allerdings erst gegen Ende, wenn die Figuren (unter anderem auch die tolle Mary Elizabeth Winstead als mit Armbrust bewaffneter Racheengel Huntress) zusammengeführt und als Team etabliert werden. So wirkt der Film letztlich ein wenig wie der Prolog zu etwas Größerem und damit erzählerisch am Ende auch etwas dünn. Doch gerade, dass er zudem ohne das in Comicverfilmungen so obligatorisch gewordene gigantische Finale auskommt, macht ihn auch wieder angenehm charmant. Von Harley Quinn und ihren Raubvögeln wird man also sicher noch mehr sehen, was nach diesem Film auch absolut willkommen ist.

Fazit:
„Birds of Prey“ ist der Inbegriff eines echten Comicfilms: Wild, grell, stylisch, energiegeladen, frech und hochgradig unterhaltsam. Margot Robbie glänzt erneut in ihrer Paraderolle mit großem Charisma, ansteckender Spielfreude und Unberechenbarkeit, während der spielfreudig auftretende Ewan McGregor als Black Mask einen der besten Bösewichter der letzten Zeit gibt. Hinzu kommen grandiose Kampfszenen und eine enorm reizvolle optische Präsentation, die den Film nahezu alleine sehenswert machen.
by Florian Hoffmann

Bilder © Warner Bros.