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| 8/10 |
Der Independent-Film von Kultregisseur Tim Burton (Alice im Wunderland, Ed Wood, Sleepy Hollow) ist seit vielen Jahren sein finanziell kleinstes Werk. Dennoch erlangte der Film Bekanntheit, als Amy Adams bei den diesjährigen „Golden Globes“ die Auszeichnung als beste Hauptdarstellerin in einer Komödie / einem Musical erhielt.

Christoph Waltz war zudem als bester Hauptdarsteller nominiert, musste aber Michael Keaton (Birdman) den Vortritt überlassen. Auch Lana del Rey war mit ihrem eigens für diesen Film geschriebenen Song „Big Eyes“ nominiert. Bei den „Oscars“ wurde Burtons neustes Werk hingegen nicht berücksichtigt.
Ende der 1950er Jahre verlässt Margaret Ulrich (Amy Adams) mit ihrer Tochter Jane (Delaney Raye) ihren Mann. Die beiden brechen in ein neues Leben auf. Margaret ist Malerin, findet bei einer Holzbaufirma einen Job, verziert dort Betten. Doch in ihrer Freizeit malt sie weiter und stellt die Kunstwerke auf einem Straßenmarkt aus. Am Stand nebenan verkauft Walter Keane (Christoph Waltz) seine Werke. Als er Margaret sieht, ist er hin und weg von ihr und ihrem Talent. Sie gibt seinem Werben nach und geht mit ihm aus. Ein Brief ihres Ex-Mannes beschleunigt alles, da er das Sorgerecht für Jane fordert, was Margaret verzweifeln lässt. Walter ergreift seine Chance und macht ihr einen Antrag. So heiraten die beiden.
Walter befreundet sich mit dem Kolumnisten Dick Nolan (Danny Huston). Dieser erwähnt Walter in der Zeitung, bekommt dafür gute Geschichten geliefert. Davon angetrieben beginnt die Verkaufsmaschinerie der Keanes erste Erfolge zu feiern und so werden sie viele ihrer Bilder los. Der berühmt-berüchtigte Kunstkritiker John Canaday (Terence Stamp) von der „New York Times“ ist darüber erzürnt. Für ihn sind die Werke keine Kunst. Auch zwischen den Keanes gibt es ersten Streit, als Walter die Gemälde seiner Frau für seine eigenen ausgibt – natürlich nur, um den Verkauf abzuwickeln.
Die auf wahren Begebenheiten beruhende Geschichte ist sehr gut umgesetzt. Selbst wenn man mit Kunst wenig zu tun hat, wird man von Burtons Film mitgerissen. Denn dieser interessante und wichtige Teil der Kunstgeschichte ist weitgehend unbekannt. In den 1960er Jahren waren die Keanes eines der finanziell erfolgreichsten, aber auch umstrittensten Künstlerpaare. Walter erfand die Massenvermarktung von Kunst, ließ in einer Fabrik Duplikate von Margarets Kindergemälden mit den großen Augen machen und verkaufte diese preisgünstig für wenige Dollar. So konnte jedermann die Bilder erwerben.

Die Drehbuchautoren Scott Alexander und Larry Karaszewski brauchten viele Jahre für die tiefschürfende Recherche und erlangten die Filmrechte an der Lebensgeschichte von der echten Margaret erst nach einem Jahr. Das Buch war bereits 2007 fertig. Doch es gab immer wieder Probleme mit der Verwirklichung ihres Herzensprojektes.
Sie sollten die Regie übernehmen, gaben diese aber an den eigentlich nur als Produzenten vorgesehenen Burton ab, da Christoph Waltz diese Bedingung für seine Zusage gestellt hatte. Passend war dabei, dass Burton Margaret Keane schon vorher kannte und einige Bilder bei ihr in Auftrag gab. Die Liebe des Regisseurs zu seinen Figuren ist während des gesamten Filmes unverkennbar. Das liegt auch an den grandiosen Hauptdarstellern. Christoph Waltz (Inglourious Bastards, Django Unchained, Wasser für die Elefanten) spielt seinen schwierigen Charakter mit Charme, Ausdrucksstärke und einer beeindruckenden Vielschichtigkeit. Zudem stellt Amy Adams (American Hustle, The Fighter, Glaubensfrage) erneut ihre Klasse unter Beweis. Die 40-Jährige spielt die den Wandel ihrer Figur exzellent und vor allem glaubwürdig nach. Sie traf sich mit der mittlerweile 88-jährigen Margaret, die nahe San Francisco lebt und noch immer malt. Adams beobachtete sie dabei und schaute sich einiges für ihr Spiel ab. Die intensive Vorbereitung bemerkt man anhand von Details in Adams´ Performance wiederkehrend.
Auch die klug vorangetriebene und geschnittene Storyline macht den Film zu einem sehenswerten Erlebnis. Sie fokussiert sich auf die wichtigsten Aspekte des Lebens der Keanes und lässt dabei auch das Zwischenmenschliche nicht aus. Intelligent zeichnet Burton das komplizierte Leben nachvollziehbar nach. Der Aufwand ist trotz der schwachen Spezialeffekte jederzeit erkennbar.

Mehr als 300 Gemälde und hunderte Skizzen kommen im Film vor. Auch die exzellenten Kostüme können begeistern. Ebenso die stimmige Musik, die die ruhige Kameraführung und die wundervollen, herrlichen Locations der Drehorte San Francisco, Hawaii und Vancouver.
Die Nebendarsteller haben allesamt kleine, aber im Gedächtnis bleibende Rollen. Danny Huston (X-Men Origins: Wolverine, Hitchcock, Robin Hood) spielt den Klatschkolumnisten und Erzähler der Geschichte überzeugend, Terence Stamp (Song for Marion, Operation Walküre - Das Stauffenberg-Attentat, Wall Street) seinen wuterfüllten Charakter mit beeindruckender Härte, Jason Schwartzman (Grand Budapest Hotel, Saving Mr. Banks, Moonrise Kingdom) den gelangweilten Kunsthändler mit einem Augenzwinkern, Krysten Ritter (Life Happens, Veronica Mars, Breaking Bad) die toughe Dee-Ann als guten Gegenpart zu ihrer besten Freundin Margaret und Jon Polito (Millers Crossing, American Gangster, The Big Lebowski) den Nachtklub-Besitzer Enrico Banducci mit einer auffälligen körperlichen Präsenz.
Fazit: Sehr guter, interessanter Kunstfilm mit zwei herausragenden Hauptdarstellern, einer fesselnden Geschichte, die auf wahren Begebenheiten beruht und herrlichen Kostümen. Stark!
by Stefan Bröhl