Filmkritik Mitten im Sturm
Filmwertung: |
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| 4/10 |
Die Regisseurin Marleen Gorris erklärte ihr Vorhaben, das Drama „Mitten im Sturm“ zu drehen damit, dass laut ihres Wissens die Geschichte der russischen Arbeitslager bisher noch nie Gegenstand eines Spielfilmes war, weshalb sie sich an dieses Projekt wagte.
„Mitten im Sturm“ erzählt einen Teil der Lebensgeschichte der Literaturprofessorin Eugenia Ginzburg (Emily Watson), die im Jahr 1937 aufgrund von absurden Anschuldigungen zu zehn Jahren Haft im sibirischen Gulag verurteilt wird. Ihren Ehemann und ihre beiden Kinder muss sie zurück lassen, zwei von ihnen wird Eugenia niemals wieder stehen. Im Gulag trifft Eugenia den deutschen Lagerarzt Anton Walter (Ulrich Tukur), der sie vor schlimmeren Repressalien bewahrt, in dem er sie als Arzthelferin zu sich nimmt. Die beiden verlieben sich und halten trotz aller Widrigkeiten und Schicksalsschläge zu einander. Doch irgendwann wird ihre Liebe entdeckt und Anton wird in ein anderes Lager gebracht. Sie versprechen sich, aufeinander zu warten und nach ihrer Haft ein gemeinsames Leben in Freiheit zu beginnen.
„Mitten im Sturm“ basiert auf der Lebensgeschichte der jüdischen Literaturprofessorin Eugenia Ginzburg und wurde nur zum Teil mit fiktionalen Elementen ausgeschmückt. Explizite Darstellungen von Gewalt sieht man trotz des schrecklichen Themas nicht, die Regisseurin bemühte sich zu zeigen, dass es den Wächtern nicht in erster Linie darum ging, die Inhaftierten zu töten. Nichtsdestotrotz starben natürlich viele Menschen aufgrund der furchtbaren Zustände im Lager. So liegen die Frauen zusammengerottet wie Tiere Seite an Seite in kleinen Betten und müssen sich zudem gegen sexuelle Übergriffe der Wächter zur Wehr setzen. Eine Situation, die sich die meisten von uns Gott sei Dank nicht wirklich vorstellen können. Eugenia Ginzburg erzählte in der Aufzeichnung ihrer Lebensgeschichte, dass sie die Zeit im Lager vor allem deshalb überstand, weil sie sich in ihre geliebte Lyrik retten konnte. Aus diesem Grund werden in diesem Drama auch sehr oft Gedichte rezitiert, u. a. ein Gedicht, das Eugenia mehrmals vor sich hin sagt und das mit den Worten „Man gab mir einen Körper – was fang ich mit ihm an“ beginnt.
Die Hauptdarsteller Emily Watson und Ulrich Tukur spielen hervorragend: Mit einer sehr zerbrechlichen Zärtlichkeit für ihre Figuren und zueinander bringen sie überzeugend die Situation im Straflager rüber. Die Darsteller sind es auch, die „Mitten im Sturm“ eine bessere Note geben. Denn die Geschichte schwimmt manchmal etwas zu sehr im Pathos. Wenn die inhaftierten Frauen sich versammeln und Geschichten erzählen oder wie schon erwähnt Gedichte rezitierten, dann wirkt es doch etwas sehr Gefühlsüberladen. Auch das (glückliche) Ende, so wahr es auch sein mag, ist recht unglaubwürdig. So wird der Film mit der Geschichte über das Straflager in Sibirien als erster seiner Art zwar eine wichtige Funktion haben, macht es dem interessierten Zuschauer, auch aufgrund seiner Länge, aber nicht gerade einfach, sich mit ihm anzufreunden und sich berühren zu lassen.
by Gesa-Marie Pludra