Rick Yune
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Daten und Fakten
Bürgerlicher Name: Richard Yun Geburtstag: 22.08.1971 Geburtsort: Washington, D.C, USA |
zum Interview mit Rick Yune
Filmographie Rick Yune
Rick Yune hat in folgenden Filmen mitgewirkt, als:Darsteller:

Olympus Has Fallen
(2013)Produzent:
Drehbuchautor:
Interview mit Rick Yune
Ein MAN WITH THE IRON FISTS von seiner sanften Seite:"Das Cool-Sein unserer Zeit ist Man-Selbst-Sein."
- Allrounder Rick Yune über das Loslassen, die Rolle des Films und den Gangnam-Style -
Schon jetzt spekuliert man über den potentiellen Kultstatus, den "The Man with the Iron Fists" im Genre erreichen kann. Liegt Ihnen Martial Art eigentlich näher, als andere Genre?
Ich liebe Filme generell. Sicher bin ich mit Martial Art Filmen aufgewachsen: als ich jünger war, schwappten all diese Filme aus Hong Kong herüber, aber häufig bauten sie auf ein und derselben Story auf, es wurde kein Englisch geredet und die schauspielerische Seite war nicht wirklich überzeugend. Zwar trainiere ich selbst seit Kindesbeinen Kampfkünste, aber der Film und das reale Training waren für mich immer zwei verschiedene paar Schuhe. Mir diese Filme als Kind anzusehen, war interessant, aber anders als RZA war ich, was Filme betrifft, nie auf das Martial Art Genre festgefroren. Ich habe diese Art Film zwar geliebt, aber genauso liebte ich Star Wars oder die Bond Reihe.
Und dann wurden Sie mit Ihrer Bösewicht-Rolle in „Stirb an einem anderen Tag“ auf einmal selbst ein Teil davon...
Das stimmt. Jemand hat mich mal gefragt, wie es ist, einen so fiesen Kerl in der Bond Reihe zu spielen und jetzt einen solchen Helden in „The Man with the Iron Fists“. Für mich ist jede Figur ein Held. Der Terminator war beispielsweise ein Held, obwohl er zu den „Bösen“ gehörte: er erlebte eine Transformation. Abgesehen davon denke ich, ob man nun einen der „Guten“ oder der „Bösen spielt: wenn man in der Rolle ist, merkt man, dass so gut wie jeder etwas in sich hat, das ihn drängt, das zu tun, was ihm in seiner persönlichen Wahrnehmung als das Richtige erscheint. Wenn man es von dieser Seite sieht, ist jeder „gut“. Abgesehen davon machen Fehler es ja gerade interessant. Ich persönlich habe zum Beispiel mit Han Solo aus Star Wars mehr verbunden, gerade weil er seine Fehler hatte und beging. Niemand ist perfekt und Han Solo war nicht so perfekt wie Luke Skywalker. Als ich ein Kind war, sah ich ihn als eine anfangs egoistische Figur, die am Ende dennoch ihren Freunden hilft. So wie er eine Lebenslektion lernte, lernte auch ich sie. Ich lernte durch ihn, loyal zu sein und nicht nur an mich zu denken. Das ist die Art Film, die ich liebe: man wird charakterlich bereichert.
Auch Ihr Charakter in "The Man with the Iron Fists" macht letztlich einen Lernprozess durch. Nachdem Tarantino am Skript mitgearbeitet hat: hat er Sie in die Figur eingeführt?
RZA (Regie) hat mich in meine Rolle eingearbeitet. Er hat das Filmskript zusammen mit Quentin über 7 Jahre hinweg entwickelt. Ich bin begeistert von RZAs Einstellung: er geht zu Großmeistern verschiedener Bereiche und lernt von ihnen. Russel (Crowe) macht das übrigens nicht viel anders – schon seit er 6 Jahre alt ist. Auf eine Art macht einen so etwas zum Wissenschaftler: RZA kam mit einem Notizbuch auf das Kill Bill Set in Peking, um dazuzulernen. So kam es langsam, dass er zusammen mit Quentin das Skript zu „The Man with the Iron Fists“ entwickelte. Sie reisten schließlich zusammen nach Island und Mexiko, um sich dort in aller Ruhe aufs Schreiben zu konzentrieren. Quentin war also immer da, aber letztlich ist es RZAs Story, seine Idee und sein Konzept. Er hat viel Ahnung von dieser Art Film, weil solche Filme seit jeher seine Leidenschaft sind. Er nahm Genregrundlagen, die die Menschen wiedererkennen, doch diese altbekannten Grundlagen verwandelte er in einen modernen Film mit westlicher Sensibilität.
Haben Sie all Ihre Stunts selbst gemacht?
Ja. Wir hatten ein Double, das mir zwar geringfügig ähnlich sah, aber er war 1, 68 groß und wog 60 Kilo. Manchmal war es schwierig, sich in dem schweren Anzug zu bewegen, aber ich durfte mit einigen der Größten zusammenarbeiten, die jemals in diesem Business tätig waren. Dadurch kam es zu wirklich spektakulären Arrangements. Über die Szene, in der man mir Seile anlegt, wusste ich zu Beginn des Drehtages nicht einmal, dass wir sie drehen würden. Geprobt wurden die Szenen im Vorfeld sowieso selten. Die Choreographen nahmen einander für gewöhnlich beiseite, unterhielten sich auf Chinesisch und kamen dann wieder zurück nach dem Motto: drei, zwei, eins – go! Man legte mir also im Handumdrehen die Seile an, zog mich nach oben und sagte mir, ich solle mich hängen lassen. Das tat ich also und ich wartete eine volle Stunde lang ab, ohne eine Ahnung zu haben, was passieren würde. Da ging es viel um Vertrauen, aber das entwickelt man in diesem Job.
Man hört oft, dass jemand, der privat ein Meister der Kampfkunst ist, sich nicht zwingend gut im filmischen Martial Art Genre macht. Was ist die Herausforderung?
Ich habe in meinem Leben eine ganze Menge Filme gesehen, ich schätze wohl mehr als 10.000, weil ich es liebe, den filmischen Prozess zu verfolgen. Ich habe Action Filme gesehen, die funktioniert haben und genauso viele, die nicht funktionierten. Ich habe Stuntmen gesehen, die sich toll bewegten, und dennoch hat es mich oft einfach nicht begeistern können. Es ist dann, als wenn ein Mann eine Frau in einer Bar anspricht, aber der Funke einfach nicht überspringen will, weil der Kerl mechanisch in ein Aktionsschema übergeht und hinter diesem Aktionsschema weder Bewusstsein noch Aufmerksamkeit spürbar ist. Dasselbe ist es mit Martial Art, weil einfach alles im Leben von Bewusstsein und Aufmerksamkeit lebt. Bruce Lee hat es geschafft, genau das auch über den Bildschirm zu transportieren: er beherrschte tolle Bewegungen und war zugleich ein fantastischer Schauspieler, sodass er den emotionalen Hintergrund seiner Bewegungen transportieren konnte. Egal, was er tat: man spürte den Gedanken vor der Bewegung genauso wie den danach. Die Fähigkeit, diesen Prozesscharakter von Martial Art auf der Leinwand spürbar zu machen, macht es für mich aus.
Wie lässt sich das mit den vorher erwähnten Martial Art Filmen aus ihrer Kindheit vergleichen?
Die Martial Art Filme, die ich als Kind angesehen habe, vermittelten nicht viel mehr als die Bewegung selbst im Sinne eines Work-Outs. Aber da sollte es ein Mehr geben. Wie alles andere sollte jede Bewegung einen tieferen Existenzgrund haben und einen Charakterstrang transportieren oder eine Entwicklung unterstützen. Erst wenn es gelingt, das zu vermitteln, hat man wirkliche Action und echte filmische Handlung. Ich denke, talentierte Menschen sind in der Lage, diese Dinge in allem, das sie tun, an ein Publikum zu vermitteln, indem sie ihren eigenen Stil und ihr Selbst mit einbringen. Wenn das passiert, dann ist das Resultat ein Film, für den die Menschen gerne ins Kino gehen, weil sie ihn wirklich sehen wollen. Die „Matrix“-Reihe ist ein gutes Beispiel. Keanu Reeves hatte keine Erfahrung mit Kampfsport, aber er trainierte und ich finde der erste Teil der Reihe hat eine irrsinnige Sensualität.
Es ist grundsätzlich also leichter, einem Schauspieler Kampfkunst beizubringen, als einem Stuntman die Transportfähigkeit von Emotion?
Absolut. RZA sagte zu mir: Entweder hat man es, oder man hat es nicht. Da draußen gibt es so viele talentierte Menschen, die heutzutage beispielsweise mit all den Castingshows entdeckt werden. Meine Ex-Freundin kam aus Aschaffenburg und ein Kerl aus ihrer Heimatstadt nahm an so einer Show teil: er trat auf die Bühne und haute die Menschen um, weil er dieses Etwas von Natur aus in sich hatte. Aber wenn man es von sich aus nicht schon hat, dann kann es kaum heraus geformt werden. Alle großen Kampfkünstler zum Beispiel haben natürlich hart trainiert, aber sie hatten auch zuvor schon etwas Urinstinktähnliches in sich, was noch nicht heißen muss, dass sie sich auf der Leinwand gut machen. Da gibt aber es selbstverständlich auch einige, bei denen das der Fall ist: Steven Segal ist so einer. Er ist ein sehr interessanter Mann und der Agent, der ihn damals in seinem Klassenzimmer entdeckte, bemerkte sofort, dass dieser Junge etwas hat, das auf ein Publikum überspringt. Aber sogar wenn man es so weit bringt, besteht immer die Gefahr, sich selbst zu ernst zu nehmen und alle anderen auszublenden. Ego tötet alles: es ist die Vorstufe des Todes. Bei jemandem, der ein wirklich guter Kampfsportler ist und sich dann auch noch leicht tut, sich das Schauspielern anzueignen, steigt das Ego vielleicht noch schneller. Das führt früher oder später zu Problemen.
Ist einigen vielleicht gar nicht klar, wie viel Schauspielerei einem abverlangt?
Manche kommen mit einem irrsinnigen Selbstvertrauen auf ein Filmset und gehen davon aus, dass die Schauspielerei nicht mehr als ist, als Zeilen aufzusagen. Die Schauspielerei ist aber nicht einfach, sie ist schwer. Neben Technik braucht man jede Menge Geschick und viele Menschen verstehen das nicht. Russel (Crowe) zum Beispiel hat an sich selbst als Schauspieler gearbeitet, seit er 6 Jahre alt war und wenn er sich während unseres Drehs auf eine Aufnahme vorbereitete, hat er manchmal mehr als 7 Stunden seines Sonntags mit der Analyse von 1 ½ Drehbuchseiten zugebracht. Er hat viel Zeit investiert, um persönlich nachzuvollziehen, warum seine Figur, dieser britische Soldat, zu genau jenem Zeitpunkt in China ist. Am Ende hat er den Grund gefunden: in der Zeitspanne, während der unsere Filmhandlung spielt, lief die britische Macau Kampagne. Wir hatten das zunächst nicht im Skript, doch er stellte den Zusammenhang her. Das ist es, was es in der Filmbranche braucht. Jemand, der einen tollen Kick oder Punch beherrscht, hat diese Seite nicht unbedingt.
Neben dem Schauspiel waren Sie ja auch an der Börse tätig. Das sind wohl beide ziemlich harte Berufe...
Ich liebe es, auf einem Set zu sein, weil ich die Arbeitsatmosphäre dort liebe, aber da gab es dieses eine Mal, als ich einem Freund half, sich als Regisseur zu etablieren. Ich sah ihn dann auf dem Set und er grinste von einem Ohr bis zum anderen. Da bemerkte ich, dass ich auf einem Set nie so glücklich war. Je mehr man etwas liebt und je mehr man sich für etwas ins Zeug legt, desto mehr will man das bestmögliche herausholen. Dabei schwingt aber immer auch Angst mit. Ich spüre diese Angst bei jedem Film, den ich drehe und dennoch möchte ich etwas Wertvolles schaffen. Als ich noch ein Kind war, haben Filme mein Leben verändert, indem sie mir die Geschichte von Menschen zugänglich machten, die zu einem besseren Selbst werden. Das ist es, woran ich während der Dreharbeiten denke: dass ich dazu beitrage, anderen Menschen diese Erfahrung zu geben. Als ich an der Börse war, habe ich einfach nur gekauft, verkauft und selbst eine tolle Zeit gehabt. Ich denke, beide Berufe können hart sein: vielleicht möchte man seinen gesamten Tag nicht unbedingt als Börsenspekulant vor einem Computerbildschirm verbringen, aber auch das Schauspiel ist hart, weil es hinter seiner Glamour Fassade mit wirklich harter Arbeit und Disziplin verbunden ist. Beide Berufe fordern mich also heraus, aber am Ende mache ich in beiden Bereichen eine ähnliche Sache: ich sehe mir ein Szenario an, kalkuliere die Risiken, folge einer Überzeugung und was dann wirklich daraus wird, kann ich nicht kontrollieren.
Der Wunsch, etwas Wertvolles für andere zu schaffen, hört sich doch sehr gentleman-like an. Was macht einen echten Gentleman aus?
Ich war auf der Militärschule und dort hielt man mich dazu an, ritterlich zu denken und den höheren Zweck nicht aus den Augen zu verlieren. Das ist wohl die Grundlage eines jeden Gentleman. Es geht nicht darum, sich einen Anzug und eine Krawatte anzulegen. Es geht nie darum, was du hast, sondern darum, wer du bist. Du musst etwas tun wollen, um deine Umwelt zu bereichern. Sean Connery und die alten James Bond Filme sind ein gutes Beispiel: Connery war Bodybuilder und man befürchtete, er würde in einem Anzug eigenartig aussehen. Aber so war es nicht, weil er in allem, das er tat, Gentleman war. Oft sind es Leute, die ohne materiellen Reichtum aufwachsen, die einfach alles schaffen können und zu denjenigen werden, die von allen Frauen geliebt und allen Männern beneidet werden. Ich habe auch das andere Extrem gesehen: Menschen, die verwöhnt aufwachsen und dennoch nie diesen Punkt erreichen werden, obwohl sie materiell alles besitzen. Oft, wenn ich einen Ferrari oder Lamborghini sehe, frage ich mich, aus was für krummen Geschäften der wohl stammt, weil ich der Meinung bin, ein Gentleman denkt nicht einmal daran, sich ein solche Autos zu kaufen, weil es ihm nichts bedeutet. Diese Kerle steigen oft aus diesen hübschen Autos und tragen die teuersten Uhren, weil sie glauben, das ist es, was es ausmacht. Für mich stimmt das nicht im Geringsten.
Um noch einmal auf Ihre doch sehr vielseitigen Tätigkeiten im Filmgeschäft zurückzukommen: denken Sie mit stetig steigender Erfahrung darüber nach, noch einmal ein ganz eigenes Filmprojekt zu starten?
Ich arbeite gerade mit großer Leidenschaft an mehreren Herzprojekten, aber nach der Zusammenarbeit mit Russel Crowe habe ich es mir zum Ziel gesetzt, der beste Schauspieler zu werden, der ich nur sein kann. Vor einiger Zeit habe ich ja ein eigenes Projekt ins Leben gerufen, um verstehen zu lernen, was auf dem Set für gewöhnlich um mich herum passiert. Seit dem Anfang meiner Karriere bewegte sich alles wahnsinnig schnell. Die Welt um mich veränderte sich und die Leute begannen, mir zu sagen, wie gut ich bin, aber immer, wenn mir jemand etwas in dieser Richtung sagte, blickte ich über meine Schulter, weil ich dachte, jemand anderes sei gemeint. Ich war unsicher und um diese Unsicherheit zu überwinden, brachte ich mein eigenes Projekt in Gang. Ein Produzent finanzierte es und ich lernte einiges dazu. Es war kein perfekter Film, aber durch ihn verstand ich, was ich noch lernen kann. Zum jetzigen Zeitpunkt will ich mich aber auf die Schauspielerei konzentrieren.
Auf welches Projekt können wir uns als nächstes freuen?
„Olympus Has Fallen“. Das Cast ist toll und unser Regisseur Antoine Fuqua war einfach fabelhaft. Er ist einer der coolsten Menschen, die ich je getroffen habe. Ich denke, wir haben etwas sehr Spannungsvolles zu Stande bekommen, das genauso viel Hitze abstrahlt, wie es Feuer zwischen den Zeilen trägt. Während der Zusammenarbeit mit Antoine habe ich festgestellt, dass er und RZA sich ziemlich ähnlich sind. Beide sind in schlimmen Gegenden aufgewachsen: RZA in Brooklyn und Antoine in einem der schlimmsten Viertel von Pittsburgh. Sie wissen, was es heißt, in Gefahr zu sein. Für sie ist das nicht nur ein Konzept, das sie aus Büchern haben. Sie kennen es aus der Realität und so kann ein Film wie „Olympus Has Fallen“ oder "The Man with the Iron Fists" schließlich sehr real wirken.
War es während der Dreharbeiten mit RZA möglich, spontane Ideen einzubringen?
Ja, vor allem durch die digitale Aufnahmetechnik. Wir konnten die Kamera einfach anlassen und durchspielen. Wenn dann jemand eine Idee hatte, waren alle Beteiligten immer sehr offen. Einmal kam nach einem 20-stündigen Drehtag während der letzten Aufnahme des Tages jemand mit dem Gedanken an: Fehlt da nicht ein Teil der Geschichte? Er hatte Recht. Das ganze Set wurde also umgebaut. Ich war vom Dreh voller Dreck und musste duschen gehen, nur um zum Set zurückzukehren, mich wieder dreckig zu machen und danach wieder duschen zu gehen. Genau das ist der filmische Prozess. Wir hatten das Glück, so etwas tun zu können, weil wir es ohne Studio durchzogen. Sie finanzierten es zwar, aber es war ein Negative Pick-Up, sodass wir deutlich höhere Freiheiten hatten. Wenn wir am Set waren, konnten wir uns einfach im Fluss des Projekts treiben lassen.
Nachdem das Thema Erlösung für den Film eine recht bedeutende Rolle spielt: was halten Sie für nötig, um Erlösung zu erfahren?
Der Weg zur Erlösung ist wohl einer der härtesten, weil er so eng mit Vergebung verknüpft ist. Das Allerhärteste ist es dabei, die Fähigkeit des Vergebens gegenüber sich selbst zu entwickeln. Jeder von uns macht irrsinnig oft Fehler und wir durchleben diese Fehler im Geiste immer wieder. Auch lange nachdem wir sie begangen haben, fragen wir uns noch: „Was habe ich da nur gemacht?“. Der Schauspielberuf hat mir sehr geholfen, diesen Prozess zu erkennen. Ich habe gerade erst letzte Nacht darüber nachgedacht, weil mich da jemand fragte, inwieweit sich die Dinge durch meine Karriere verändert haben und inwiefern mich die Schauspielerei bereichert. Die Antwort ist, dass jeder Film mich zu einem Besseren macht, weil jede Geschichte mich auf eine Reise in die menschliche Natur mitnimmt und als Schauspieler die Reise eines immer anderen Menschen am eigenen Leib erleben lässt. Zwar bin ich trotzdem kein Experte was die menschliche Wesensart betrifft, weil sich wohl niemand zum Experten der menschlichen Natur erklären kann, aber ich weiß heute mehr über den Menschen, als ich je gewusst hätte, wäre ich nicht zum Film gegangen. Ich habe gelernt, dass jeder Mensch dieselben Wünsche und Bedürfnisse hat. Jeder will lieben und geliebt werden. Zu akzeptieren, wer man selbst ist und was wir alle sind, gibt vielleicht den größten Frieden, den wir erreichen können.
Bringt einem also die Fähigkeit loszulassen den Seelenfrieden?
Ja, das ist etwas wirklich Wertvolles. Die Akzeptanz von Dingen und das Weitermachen von dort aus ist Vergebung und Erlösung. Als Schauspieler kommt man kaum darum herum. Man muss im Moment bleiben. Auch die Fähigkeit, Risiken einzugehen, spielt dabei eine Rolle. Ich habe Schauspieler gesehen, die sich für einen Dreh schrecklich lächerlich machen mussten. Das setzt viel mehr Mut voraus, als der Anspruch, cool zu wirken. Abgesehen davon ist nur „cool“ heute längst nicht mehr „cool“. Das Cool-Sein unserer Zeit ist Man-Selbst-Sein. Ich finde, in den 70ern und 80ern war das Verständnis von Coolness noch ein etwas billigeres: man trug sein Hemd offen, ließ das Brusthaar herausquellen und zog sich eine so enge Hose an, dass man darunter kaum mehr Unterhosen tragen konnte. Die Leute waren nicht sie selbst, sie lebten ein Konzept. Heute haben wir einen Kerl wie RZA, der sich selbst als Freak bezeichnet, und er drückt sich auf eine so echte Art aus, dass die Menschen sich mit ihm identifizieren. Das ist es, was in unserer Zeit cool ist, weil es andere dazu inspiriert, Inspiration weiterzugeben. Wir sind im Innersten doch alle gleich und jeder von uns hat die Möglichkeit verdient, sich selbst so weit wie irgendwie möglich zu verwirklichen. Das ist es, was wir in „(The Man with the) Iron Fists“ tun konnten. Es kamen so viele verschiedene Charaktere mit so verschiedenen, kulturellen Hintergründen zusammen und bewegten sich gemeinsam vorwärts. Ich denke, der Welt so etwas zu zeigen, ist großartig.
Sie sind ja generell bekennender Liebhaber kultureller Vielfalt. Viele meinen heute, dass die Globalisierung unserer Zeit Einzelkulturen bedroht. Wie denken Sie darüber?
Letzte Nacht traf ich Nobelpreisträger Yunus in Wien und wir diskutierten, inwiefern Pop-Kultur und Business intervenieren. Ein Aspekt, der aufgeworfen wurde, war Gangnam. Dieser Tanz ist die abgefahrenste Sache überhaupt: ich bin Asiate und trotzdem finde ich es wirklich verrückt, dass dieser Kerl aus dem koreanischen Gangnam mit diesem Tanz weltweit berühmt wird. Er hat sogar Fotos mit dem Generalsekretär gemacht und wahrscheinlich hat sogar Obama nach dem Wahlsieg im Gangnam-Style getanzt. Ich denke, das ist Globalisierung: die Welt wird zu einem fühlbar kleineren Ort. Es ist toll, dass unterschiedliche Ideen und kulturelle Vibes sich heute auf die Reise begeben, ankommen und die Menschen vereinen - ob nun im Film- oder Musikbereich, in Literatur oder anderen Künsten.
Wie gefällt Ihnen als leidenschaftlichem Reisenden nun eigentlich Ihr Aufenthalt in Deutschland?
Ich liebe es, in Deutschland zu sein, weil die Menschen sich hier ihrer Identität bewusst sind - das ist so ähnlich, wie es in den USA während der 30er und 40er Jahre noch war. Die Leute hier denken anders - sie sprechen andere Sprachen und haben ein wirklich hohes Bewusstsein. Das ist es, was ich so sehr an Deutschland mag.
Interview by Sima Moussavian