Fabian Stumm

Fabian Stumm ©Michael Bennett

Daten und Fakten

Geburtstag:
1981
Geburtsort:
Koblenz, Deutschland


zum Interview mit Fabian Stumm

Filmographie Fabian Stumm

Fabian Stumm hat in folgenden Filmen mitgewirkt, als:

Darsteller:


Lore
Lore
(2012)



Interview mit Fabian Stumm

„BELA KISS – PROLOGUE“- INTERVIEW: Hauptdarsteller Fabian Stumm über die Schuldfrage, die Dreharbeiten und den Weg auf die große Leinwand
„Wenn wir es auch nicht schaffen, gänzlich unschuldig durchs Leben zu kommen, zählt doch der Versuch, sein Leben so zu leben, dass man anderen nicht schadet.“


Kanntest du den Namen Bela Kiss schon vor dem Projekt?
Nein, überhaupt nicht. Als ich das Drehbuch geschickt bekam, musste ich ihn erst mal googeln. Meine Anfangsassoziation ging in Richtung Musik – ich glaube, es gibt sogar eine Heavy-Metal Band, die Bela Kiss heißt und sich nach dem Mörder benannt hat. Ich habe dann sehr viel gelesen und mich so über den Mörder Bela Kiss informiert.

Wie nah bewegt der historische Strang des Films sich eigentlich an den geschichtlichen Fakten?
Ich habe den fertigen Film selbst noch nicht gesehen, aber vom Drehbuch her denke ich, dass der Film vor allem durch seine Flashbacks doch recht nahe an der echten Bela Kiss-Geschichte bleibt. Ein bisschen künstlerische Freiheit hat sich das Team natürlich genommen, aber alles in allem ist die Nähe trotzdem noch da. Man weiß ja auch nicht so genau, was eigentlich mit Bela Kiss passiert ist, schon deswegen muss es irgendwann fiktiv werden.

An Horrorfilmen, die Geschehnisse um einen realen Mörder thematisieren, wird manchmal kritisiert, dass sie zu genau dem führen, was der Mörder wollte: dazu, dass man sich an seine Taten erinnert und einige Menschen womöglich dazu bringt, sie zu verehren. Wie siehst du das?
Ich halte das für ein schwieriges Thema. Auf der einen Seite kann ich solche Art von Kritik ein Stück weit nachvollziehen, auf der anderen finde ich es gefährlich, Filme oder Literatur verantwortlich zu machen. Ich denke, wenn jemand so tickt, sich in so eine Richtung entwickelt und so etwas in sich trägt, findet sich irgendwo sowieso ein Auslöser, ohne dass es dazu einen Film braucht. Vielleicht gibt es da auch Unterschiede: Filme wie „Bela Kiss“ zeigen die Vorfälle ja recht stilisiert und überhöht, sind aber alles andere als ein „Folter-Porno“. Ich bin mit dieser Diskussion also vorsichtig. Einen Film verantwortlich zu machen, finde ich zu einfach – ich glaube, am Ende ist es doch etwas komplexer als das.

Der Film spielt ja vorwiegend in einem Hotel. Gibt es dieses Hotel tatsächlich?
Das Hotel gibt es tatsächlich, aber es ist schon seit Jahren nicht mehr in Betrieb. Es war also relativ heruntergekommen und das Team hat zusammen mit den Ausstattern Wochen oder sogar Monate an der Location gearbeitet. Die ganzen ehemaligen Möbel des Hotels waren im Speicher in ein paar Zimmern verstaut und die einzelnen Zimmer mussten wieder eingerichtet werden. Als es fertig war, wirkte das wirklich beeindruckend: die Zimmer, in denen wir gedreht haben, beispielsweise der große Essenssaal, sahen am Ende aus, als hätte das Hotel den Betrieb nie eingestellt. Wenn man dann eine Etage höher ging, sah man, in welchem Zustand es eigentlich war: da oben haben sogar Fledermäuse gewohnt. Ich hatte dort mit Kristina (Klebe) ein paar lustige Momente: nachts sind wir dort oben herumgelaufen, um uns in die Stimmung einzufinden, und die Fledermäuse sind direkt an uns vorbei geflogen: wir haben sie sogar mit unseren Handys gefilmt.

Die Atmosphäre vor Ort war also von alleine unheimlich?
Ja, es war tatsächlich ganz schön unheimlich in dem riesigen Bau. Meine Figur darf im Film ja keine Angst haben: er hat eine Art doppelten Plan und hat nie wirklich Angst, aber für die Kollegen war es wohl nicht allzu schwierig, in die Richtung etwas rüber zu bringen, weil die Grundstimmung während des Drehs schon sehr düster war - vor allem, weil wir viele Nachtdrehs hatten.

Nachdem der Film von vielen als Horrorgenremix mit Found Footage Elementen, subtilem aber auch direktem Horror bezeichnet wird: stehst du eigentlich auf Horrorfilme und wenn, auf welche Art?
Als Kind und Teenager habe ich heimlich oft Horrorfilme geschaut und fand das ganz toll. Danach fand ich es lange schwierig, weil ich tatsächlich Angst gekriegt habe. Meine ältere Schwester, die auch beim Film arbeitet und mit der ich sehr eng bin, ist seitdem der Horrorfreak in der Familie. Als ich die Rolle in „Bela Kiss“ bekommen habe, habe ich wieder angefangen, mir gemäß ihrer Empfehlungen alle möglichen Horrorfilme anzuschauen und dabei habe ich gemerkt, dass es mir doch wieder Spaß macht: wahrscheinlich, weil mein Blick darauf ein anderer war. Ich habe eher darauf geschaut, was da stilistisch passiert und das war sehr spannend.

Und welche Horrorfilme waren es, die du als Kind geschaut hast?
Mit 9 oder 10 Jahren habe ich heimlich „Carrie“ gesehen und das hat mich extrem beeindruckt – das ist bis heute mein Lieblingsfilm. Ich sehe ihn aber auch nicht unbedingt als Horrorfilm und kann mich erinnern, dass mich die Story schon als Kind sehr berührt hat. Ich wusste damals nicht so genau, ob ich vor Carrie Angst haben sollte, oder ob ich mich in sie verliebt hatte, und es hat mich wütend gemacht, was da mit ihr passiert. Meine Mutter hat mich damals sogar erwischt, wie ich mir Himbeersirup überkippe, weil ich wissen wollte, wie es sich anfühlt, wenn man mit Blut überschüttet wird. Das war ein Moment, in dem die Sache mit der Schauspielerei für mich erstmals präsent wurde, wenn es damals auch noch unbewusst war. Meine Familie lacht immer, weil ich lange eher in die Art House-Richtung gearbeitet habe und die erste große Rolle wurde dann doch ein Horrorfilm. Da schließt sich nun der Kreis mit meinem Himbeersirup-Blut. (lacht)

Hältst du es für essentiell, dass ein Horrorfilm eben so wie „Carrie“ auch berührt?
Im Idealfall denke ich schon, dass auch ein Horrorfilm berühren sollte. Natürlich kommt es auch auf die Geschichte an, aber wenn man es schafft, in einem Horrorfilm Figuren zu haben, die einen ansprechen, dann funktioniert das sicher noch besser. Mir war auch für meine Figur Nikolai wichtig, trotz all seiner Düsterheit durchblicken zu lassen, dass er aus einem sehr menschlichen Grund so handelt, wie er eben handelt.

Hast du mit deiner Figur Nikolai eigentlich etwas gemeinsam?
Was ich schon beim ersten Lesen an ihm mochte, war, dass er wahnsinnig kontrolliert ist. Man merkt, dass er brodelt, weil er von seinem übergeordneten Ziel angetrieben wird, aber er ist trotzdem sehr berechnend. Dass er diese kontrollierte und eher kühle Art hat, hat mir gefallen, aber so bin ich privat überhaupt nicht. Das Lustige ist, dass die Leute mir oft sagen, meine Physionomie strahlt etwas Kühles aus - sie sind dann oft überrascht, dass ich eigentlich ganz nett bin (lacht). Meine Mutter sagt immer, ich soll endlich mal eine Romantikkomödie drehen, in die sie dann auch mit ihren Freundinnen gehen kann. Als ich das Drehbuch zum ersten Mal gelesen habe, dachte ich sofort: Den will ich spielen! Also muss Nikolai irgendetwas haben, in dem ich mich wiedergefunden habe. Vielleicht sehne ich mich ein bisschen nach seiner Ruhe.

Hast du also von ihm gelernt?
Es ist ja jetzt schon eine Weile her, dass wir „Bela Kiss“ gedreht haben, aber ich erinnere mich auf jeden Fall noch, dass es für mich tatsächlich eine gute Übung war, einfach mal still halten zu müssen. Wir hatten sehr viele Takes, in denen Nikolai einfach da sitzt, in den Raum starrt und im Inneren brodelt, weil er etwas ausbrütet. Ich bin eigentlich eher sprunghaft, daher waren diese Takes sehr intensiv für mich, auch wenn ich das vorher gar nicht erwartet hätte.

Ein Ausgangspunkt des Filmes ist ja der Bankraub: einige würden es womöglich weniger schlimm finden, wenn einem Verbrecher ein Grauens Szenario im Stile von Bela Kiss wiederfährt. Wie siehst du das?
Ich habe jetzt natürlich Mitgefühl mit meiner Figur, aber wahrscheinlich kann man nicht unbedingt erwarten, dass man mit einem Verbrechen wirklich glimpflich davon kommt. Grundsätzlich bin ich aber auf jeden Fall dagegen, Gleiches mit Gleichem zu vergelten. Ich bin also nicht der Meinung, dass irgendjemandem das rechtgeschieht. Wobei das für mich sowieso schwieriger zu beantworten ist, als es vielleicht für die Kollegen wäre: Nikolai raubt diese Bank ja mit einem „höheren“ Plan aus, von dem die anderen erst mal nichts wissen. Ich würde vielleicht sogar sagen, dass er mit diesem Verbrechen etwas opfert und das für sein höheres Ziel in Kauf nimmt.

Hier lässt sich gut mit der Schuldfrage anknüpfen: denkst du, dass es überhaupt irgendjemanden gibt, der „unschuldig“ ist?
Ich denke, das hängt davon ab, worauf man sich bezieht. Sicher hat jeder von uns im Leben schon einmal irgendetwas erlebt, an dem er sich schuldig gemacht hat, aber ich glaube, dass es auf die Dimension und den Kontext ankommt. Die Frage wäre also, ob man „schuldig“ und „unschuldig“ auf die persönliche oder eine übergeordnete Ebene beziehen will. Auf der persönlichen Ebene würde ich sagen, dass wir alle an irgendetwas schuld sind. Wenn wir es aber auch nicht schaffen, gänzlich unschuldig durchs Leben zu gehen, dann zählt vielleicht wenigstens der Versuch und der Vorsatz, sein Leben so zu leben, dass man anderen dabei nicht schadet. Manchmal passieren ja auch Dinge, die nicht geplant waren und bei denen Leute ein Opfer der Umstände werden – in einem solchen Fall ist man erst mal „schuldig“, aber man hat sich nicht aus Böswilligkeit falsch verhalten. Ich denke also, dass man mit seinen Urteilen vorsichtig sein sollte, dass man differenzieren muss und im besten Falle nachfragt, aus welchem Grund die Dinge so passiert sind.

Ein Satz des Bela Kiss Trailers lautet: „Im Angesicht des Todes ist alles andere bedeutungslos.“ Im Endeffekt impliziert das nun auch, dass man erst durch den Tod das Leben schätzen lernt. Denkst du, man sollte sich der Sterblichkeit immer bewusst sein, um zu erkennen, was zählt?
Das glaube ich unbedingt. Das ist zwar ein Klischee, aber es kommt trotzdem nicht von ungefähr, dass man sagt: Man weiß immer erst, was man gehabt hat, wenn es weg ist. Das lässt sich im Grunde auf jede Lebenssituation anwenden: ob das jetzt Beziehungen sind, die in die Brüche gehen, oder Leben und Tod. Deshalb ist es erst recht wichtig, dass man versucht, im Moment zu bleiben, und dabei trotzdem nie aus den Augen verliert, dass wir alle nur eine befristete Zeit im Leben haben. Aus der muss man eben das Beste machen und das nicht nur für sich, sondern auch für die Menschen, die einem wichtig sind.

Weil du gerade das Leben im Moment angesprochen hast: Philosophen gehen davon aus, dass das Leben im Moment alle Ängste und alles Bereuen verschwinden lässt, weil man alles Vergangene und Zukünftige vollständig loslässt. Kennst du dieses Gefühl also?
Ich würde sagen, ich lerne es immer mehr kennen, aber ich halte es für etwas, woran man sehr lange arbeiten muss. Vielleicht haben manche Leute das von Natur aus und können mit sich im Reinen und im Moment sein, aber ich gehöre zu denen, die das lernen müssen. Ich habe aber immer mehr Momente, in denen ich bemerke: Wow, jetzt gerade gelingt es mir, die Dinge anzunehmen, mir keine Sorgen über das Morgen zu machen oder mich über kleine Dinge zu freuen. Auch die Dinge, die nicht so gut laufen, nicht so aufzublasen und sie als Etappe anzunehmen, die einfach dazugehört.

Würdest du sagen, dein Beruf hilft dir dabei, dieses Gefühl zu erleben?
Auf jeden Fall. Ich bemühe mich vor der Kamera schon darum, im Moment zu sein und im besten Falle nicht mehr nachzudenken. Wenn man den Kopf nicht ausschaltet, dann führt das zu Problemen. Beim Drehen fühlt sich das manchmal fast so an, als würde man auf einen fahrenden Zug aufspringen wollen: man sieht ihn kommen, aber zum Nachdenken bleibt keine Zeit mehr, also springt man einfach und wenn man vorbereitet war, dann schafft man es auch. Im besten Falle wird es dann eine tolle Aufnahme, in der man nicht die Szene spielt, sondern sich von der Szene spielen lässt. Manchmal kommt dann ein „Cut“ und ein „Mach das nochmal!“ und man weiß gar nicht mehr, was man eigentlich gemacht hat. Das passiert nicht andauernd, aber für mich ist es das ideale Gefühl und ich denke, dass es wie eine Droge ist, die einen zum Weitermachen in diesem Beruf bewegt.

Da du lange Zeit als Theaterschauspieler tätig warst: vermisst du die direkten Publikumsreaktionen und die Energie der Masse?
Ich spiele zwischendurch immer noch Theater und arbeite noch immer sehr eng mit einer Regisseurin namens Keren Cytter zusammen. Das letzte Stück, das wir zusammen vor 2 Jahren gemacht haben, spiele ich heute noch. Alle paar Monate gehen wir damit auf Tour – bisher waren wir in New York, Asien und London. Ich glaube, ich brauche das auch und wenn es geht, würde ich mit dem Theater auch auf Dauer weiter machen, eben weil man die Reaktionen und die Publikumsenergie direkt zu spüren bekommt. Momentan möchte ich mich aber schwerpunktmäßig aufs Filmen konzentrieren. Am Film ist es vor allem das Zusammenarbeiten mit einem Team über Wochen, das Warten zwischen den Takes und das Leben in dieser Blase, was mir gerade sehr gefällt.

War der Plan schon immer, über das Theater zum Film zu gehen?
Das hat sich mehr entwickelt. Als Kind war ich schon immer viel im Kino, aber auch im Theater, und meine Eltern haben diese Leidenschaft immer sehr gefördert. Als ich dann überlegt habe, auf welche Schule ich gehen will, kam ich relativ schnell auf das Lee Strasberg Institut in New York – auch, weil das Studium dort nicht nur theater-, sondern genauso stark filmbezogen ist. Als ich dann zurück nach Berlin gekommen bin, war ich eigentlich offen für alles, aber es hat sich ergeben, dass ich schneller Theaterarbeiten bekommen habe.

War es also überraschend, dass es plötzlich doch eher in Richtung Film ging?
Es hat mich selbst nicht besonders gewundert, dass die letzten Jahre eher in Richtung Film gegangen sind, weil ich schon bemerkt hatte, dass Kameraarbeit meine größte Leidenschaft ist. In New York hatte ich eine tolle Schauspiellehrerin. Ich war damals 20 und eines Tages meinte sie nach der Schule zu mir: Es ist toll, was du machst, du hast viel Potential, aber ich merke bei dir, dass du auf die ersten Filmrollen warten wirst, bis du Ende 20 bist – nicht wegen des Talents, aber du brauchst einfach noch ein bisschen. Das war damals schrecklich für mich, aber jetzt merke ich, dass sie Recht hatte.

Was denkst du ist es, das es verzögert hat?
Wenn ich heute Fotos von mir mit Anfang 20 sehe, dann würde ich sagen, ich war damals einfach noch nicht bei mir selbst angekommen. Ich glaube, mein Typ war noch nicht so klar und ich wusste selbst noch nicht so genau, wer ich bin. So etwas macht sich vor der Kamera natürlich bemerkbar.

Ist die Selbstfindung jetzt abgeschlossen, oder würdest du das als endlosen Prozess bezeichnen?
Ja, mit Sicherheit – ich hoffe sogar, dass es ein endloser Prozess ist. Es wäre ja furchtbar langweilig, wenn man irgendwann an einen Punkt kommt und sich denkt: Jetzt hab ich’s, jetzt weiß ich genau, wer ich bin. Ich glaube, das wäre für jeden Menschen fürchterlich, aber als Schauspieler ist es vielleicht sogar noch ein bisschen schlimmer, weil man dann satt ist und im schlimmsten Falle nur noch dasselbe macht. Ich muss dazu sagen, dass ich die Schauspielerei für einen recht egoistischen Beruf halte: es ist toll, wenn man Leuten eine Freude damit macht, aber letztendlich glaube ich doch, dass man in weiten Teilen für sich selbst spielt und mit jeder Rolle bewusst oder unbewusst Dinge kennenlernen will, die einen selbst weiterbringen.

Da du wie schon erwähnt auf der Schule bereits Kameraarbeit kennengelernt hast: viele, die vom Theater vor die Kamera wechseln, sagen, dass es schwierig ist, das Maß für die Kamera zu finden, nachdem man beim Theater ja übersteigern muss, damit etwas ankommt. Das war für dich also nie relevant?!
Das Problem hatte ich tatsächlich nicht. Ich glaube, es war eher umgekehrt. Ich weiß noch, als ich in meiner Klasse das erste Mal vor der Kamera stand, habe ich mich sofort wohl gefühlt. Ich war nicht eingeschüchtert, es war eher, als würde mich jemand wohlwollend beobachten und ich fühlte mich sehr frei. Das hat sich bis heute nicht geändert. Da musste ich auf der Bühne doch ein bisschen mehr an mir arbeiten, hochpumpen und projezieren. Bei meinem ersten Job haben sie gesagt: Wir verstehen dich nicht, du musst lauter sprechen, du bist hier nicht vor der Kamera! Ich hatte das Gefühl, dass ich schon schreie. Da hatte ich also noch einiges zu lernen.

Wie ist es eigentlich mit Genre – welches hältst du für dich am herausforderndsten?
Ich habe noch nie eine Komödie gespielt, daher würde ich sagen, dass mich das wohl am meisten herausfordern würde. Bisher habe ich meist sehr ernste Stoffe und brutale Typen gespielt und das war toll, aber jetzt merke ich, dass ich langsam nach etwas Leichtem und Lustigem hungere. Ich habe auch großen Respekt vor guten Komödienschauspielern: da ist so viel Timing involviert und man muss so fein arbeiten, sonst geht es in die Hose. „Silver Linings“ mit Jennifer Lawrence und Bradley Cooper fand ich zum Beispiel toll. Da bin ich raus und dachte mir: So was will ich auch spielen! Ich fand, dass die Figuren einen richtig berührt haben und trotzdem war es aus den Situationen und den Charakteren heraus wirklich lustig, sodass man eher mit ihnen gelacht hat, als über sie. Bradley Cooper hat mich sehr überrascht, weil er das einfach fantastisch gemacht hat und Jennifer Lawrence ist derzeit sowieso eine meiner Favoritinnen, was Hollywoodschauspielerinnen betrifft. Ich habe das Gefühl, dass sie einfach alles spielen kann, von kleinen Indie-Filmen bis großen Blockbustern.

Gibt es sonst noch jemanden, mit dem du in der Zukunft unbedingt zusammenarbeiten wollen würdest?
Hitchcock! Aber da bin ich jetzt wohl ein bisschen spät dran. Im Endeffekt gibt es aber etliche, mit denen ich gerne arbeiten würde. Leute wie Michael Haneke finde ich beispielsweise fantastisch. Würde es für mich irgendwann in so eine Richtung gehen, dann würde ich mich wahnsinnig freuen. Auch Hans Christian Schmid und Christian Petzold finde ich toll. Mein Lieblingsdeutschsprachiger Film der letzten Jahre war „Der Räuber“ von Benjamin Heisenberg. Ich glaube, ich bin für diesen Film 3 Mal ins Kino gegangen. Ganz oben auf meiner Liste stand auch immer Cate Shortland, nachdem ich "Somersault" gesehen hatte. Weil sie Australierin ist, war das aber sehr unwahrscheinlich, bis sie mich letztes Jahr tatsächlich für eine kleine Rolle in "Lore" besetzt hat. Das war unglaublich. Eine großartige Regisseurin!

Würdest du selbst ein Filmprojekt ins Leben rufen, was für ein Film wäre das dann?
Ich glaube, würde ich selbst ein Filmprojekt realisieren, würde ich zu allererst meine Freunde mobilisieren. Ich habe tolle Freunde, die Regie machen, auch tolle Freunde, die Schauspieler sind, außerdem Drehbuchautoren, Kameraleute und Cutter – ich würde also versuchen, ein Gemeinschaftsprojekt auf die Beine zu stellen, bei dem jeder das machen kann, wofür er brennt. Außerdem würde ich viel Wert auf Improvisation legen und die Charaktere in Gemeinschaftsarbeit mit den Drehbuchautoren entwickeln. Das wäre wohl meine Idealvorstellung.

Interview by Sima Moussavian