Zonenmädchen

Zonenmädchen (2013), Deutschland
Laufzeit: - FSK: 0 - Genre: Dokumentation
Kinostart Deutschland: - Verleih: mindjazz pictures

Zonenmädchen Filmplakat -> zur Filmkritik

erhältlich auf 4K UHD, Blu-ray und DVD

Inhalt

ZONENMÄDCHEN erzählt die persönliche Geschichte der Regisseurin Sabine Michel und Ihrer Freundinnen. Aufgewachsen in der DDR werden die jungen Frauen mit dem Fall der Mauer in ein neues Leben geschickt. Adé Sozialismus? Jede von ihnen muss ihren Weg (neu) finden und eine Zukunft planen. Wie macht man das als junges Mädchen? Wie erleben sie die neue "Freiheit"? Und wo stehen die Frauen heute? Claudi, Vera, Claudia, Veruscha und Sabine - fünf Freundinnen. Unzertrennbar wachsen sie im Dresdner "Tal der Ahnungslosen" ohne Westfernsehen auf. 1990 machen sie dort als letzte Klassenstufe der DDR ihr Abitur. Zeitgleich verschwinden mit der Wende für sie über Nacht Kindheit und Vertrautes. Erzogen für eine Zukunft, die nicht eintritt, stehen sie plötzlich im ehemaligen Feindesland.
Heute sind über zwanzig Jahre vergangen. Die Frauen leben in Berlin, Dresden und Paris. Sie sind Karrierefrau, Studienabrrecherin, Mutter, Ehefrau, Alleinerziehende, Kinderlose, Frauen- und Männerliebende. Gemeinsam fahren sie im Zug nach Paris - auf den Spuren der Vergangenheit und alten Träumen. Was ist daraus geworden? Wie hat jede von ihnen ihr Leben in die Hand genommen? Wie viel "Zone" steckt noch in ihnen?




DVD und Blu-ray | Zonenmädchen

DVD
Zonenmädchen Zonenmädchen
DVD Start:
02.10.2014
FSK: 0 - Laufzeit: 75 min.

Filmkritik Zonenmädchen

Filmwertung: | 7/10


Über 20 Jahre ist es mittlerweile her, seit die Mauer gefallen und die DDR verschwunden ist. Geblieben sind Menschen, die in unterschiedlich langen Zeitspannen in dem alten System sozialisiert wurden, was auf die nach der Wende geborenen natürlich nicht mehr zutrifft. Man kann sich unschwer vorstellen, dass gerade Leute, die noch mindestens ihre gesamte Jugend in der DDR erlebt haben, davon auch entsprechend geprägt sind. Wie stark diese Prägung bis heute anhält und wie das Aufwachsen in der DDR das spätere Leben beeinflusst hat, schildert nun der Dokumentarfilm "Zonenmädchen" am Beispiel von fünf Freundinnen.

Als exemplarische "Zonenmädchen" lernen wir die fünf Frauen Claudi, Vera, Claudia und Veruscha sowie Sabine, die als Regisseurin ihre eigenen Erfahrungen in dem Dokumentarfilm verarbeitet hat, kennen. Die Fünf machten 1990 in Dresden als letzter Jahrgang in der DDR ihr Abitur. Die Zukunft, auf die sie durch ihre Erziehung und schulische Ausbildung vorbereitet worden waren, trat dann für sie nie ein. Stattdessen fanden sie sich plötzlich im ehemaligen Feindesland wieder, mussten alles Erlernte über den Haufen werfen und sich völlig neu orientieren. Um die Freiheit des Westens zu erleben, zog es die Frauen kurz nach der Wende nach Paris, weil sie schon früher immer von Frankreich träumten. Gut zwanzig Jahre später sitzen die Freundinnen nun in einem Zug auf dem Weg nach Paris und denken über ihre damaligen Träume und Wünsche nach. Dabei reflektieren sie, wie es ihnen seit 1990 ergangen ist und wie viel "Zone" noch in ihnen steckt. Es zeigt sich, dass sie mittlerweile völlig verschiedene Biografien vorzuweisen haben, die von der Karrierefrau über die Studienabbrecherin bis hin zur Mutter und Alleinerziehenden gehen. Sie sinnieren, welchen Einfluss ihre Jugend in der DDR auf ihren weiteren Lebensweg hatte.

Die 1971 in Dresden geborene Regisseurin Sabine Michel wollte mit ihrem Dokumentarfilm "Zonenmädchen" einen universellen Film über Lebensträume und unser Vermögen, sie umzusetzen machen. Ebenso sollte es über den Gewinn und Verlust in lang währenden Freundschaften und über das beherzte Älterwerden von Frauen gehen. Ihr war außerdem daran gelegen, mit der Geschichte kein rein ostdeutsches sich auf die Wendezeit beziehendes Phänomen zu beleuchten, sondern auch aufzuzeigen, dass sich die Lebens- und Berufsbedingungen in Zeiten der Globalisierung kontinuierlich ändern und man längst daran gewöhnt ist, Freundschaften und Beziehungen über soziale Netzwerke am Leben zu erhalten.

Formal scheitert der Film an seinem Anliegen und sicher auch an seinen Ansprüchen, doch gerade in diesem Scheitern wirft er Gedanken auf, die einen noch lange danach beschäftigen. Es ist ja völlig klar, dass die Lebenswege und Gedanken dieser fünf Frauen nur eine exemplarische Aussage sein können und nicht repräsentativ für alle Nachwende-Biografien stehen. Man denke dabei nur an die außergewöhnliche Affinität der Frauen zu Frankreich, die anfangs noch befremdlich wirkt, sich später jedoch als eine gute Plattform zur Reflexion erweist. Durch die nicht vorhandene Distanz der Regisseurin zu Thema und Protagonisten erscheint der Film sehr persönlich. Die eindeutige Stärke dieser Doku liegt jedoch in den ausgeprägten Persönlichkeiten der Frauen und in dem, was sie zu sagen haben. Nachdenklich macht, dass selbst diese selbstbewussten Frauen ihre DDR-Vergangenheit eher als Makel empfinden und sowohl die heute als Rechtsanwältin arbeitende Claudia als auch die als Lehrerin in Paris arbeitende Vera sie sogar leugnen. Bei der Deklarierung des neu erlangten Systems bekommen sich die Frauen dann fast in die Haare, ob man es wohlwollend Marktwirtschaft oder doch kritisch Kapitalismus nennen möchte. Und in diesem Diskurs offenbart sich eine Wahrheit, die auch immer noch an den Wahlergebnissen hierzulande abzulesen ist. Nämlich dass diejenige, der die Assimilation in Gesellschaft und Geldbeutel nach der Wende besser geglückt ist, auch die mildesten Worte über das System im einstigen Feindesland verliert.

Der Dokumentarfilm "Zonenmädchen" stellt uns fünf starke Frauen vor, die enorm interessante und reflektierte Gedanken aussprechen, auch wenn sie nicht immer dicht am Thema bleiben.
by André Scheede

Bilder © mindjazz pictures