Wunderschön

Wunderschön (2020), Deutschland
Laufzeit: - FSK: 6 - Genre: Romanze / Komödie
Kinostart Deutschland: - Verleih: Warner Bros.

Wunderschön Filmplakat -> zur Filmkritik

Inhalt

Einem Idealbild nachzueifern kennt fast jeder von uns. Mütter, Töchter, Männer, Alt und Jung stecken im permanenten Optimierungswahn. WUNDERSCHÖN erzählt ihre Geschichten: Da ist FRAUKE (Martina Gedeck), die sich „kurz vor der 60“ nicht mehr begehrenswert findet, während ihr pensionierter Mann WOLFI (Joachim Król) ohne Arbeit nicht weiß, wohin mit sich. Ihre Tochter JULIE (Emilia Schüle) will als Model endlich den Durchbruch schaffen und versucht verbissen, ihren Körper in das Schönheitsideal der Branche zu pressen. Das verfolgt wiederum Schülerin LEYLA (Dilara Aylin Ziem), die überzeugt ist, mit Julies Aussehen ein besseres Leben führen zu können, und selbst keinen Bezug zu sich findet. Auch Julies Schwägerin SONJA (Karoline Herfurth) hat mit ihrem Körper zu kämpfen, der nach zwei Schwangerschaften zum Ausdruck einer Lebenskrise wird. Ihr Mann MILAN (Friedrich Mücke) hat dabei nicht im Blick, welchen Druck sie sich als junge Mutter auferlegt. Das ist wiederum für Sonjas beste Freundin VICKY (Nora Tschirner) keine große Überraschung, ist sie doch überzeugt davon, dass Frauen und Männer nicht und niemals gleichberechtigt auf Augenhöhe zusammenfinden werden, zumindest nicht in der Liebe. Ihr neuer Kollege FRANZ (Maximilian Brückner) würde sie allerdings gern vom Gegenteil überzeugen.

Nora Tschirner, Martina Gedeck und Emilia Schüle | mehr Cast & Crew


Filmkritik Wunderschön

Filmwertung: | 8/10


Fühlen Sie sich schön? Wann haben Sie sich das letzte Mal richtig wohl in Ihrem Körper gefühlt? Fragen, die wir uns zwar eher selten stellen, das Thema „Körper“ ist allerdings täglich präsent. Irgendwas gibt es doch immer auszusetzen - an unserem Aussehen. Obwohl „Body-Positivity“ heute großgeschrieben wird, sieht der Alltag nach wie vor oft anders aus. Dabei sollte unser aller Selbstwertgefühl eben nicht auf unserem Erscheinungsbild fundieren.

Wunderschön: Leyla (Dilara Aylin Ziem) möchte aussehen, wie die Models in der Agentur ihrer Mutter
Wunderschön: Leyla (Dilara Aylin Ziem) möchte aussehen, wie die Models in der Agentur ihrer Mutter © Warner Bros.
Genau damit beschäftigt sich Regisseurin und Schauspielerin Karoline Herfurth („SMS für dich“, „Das perfekte Geheimnis“) in ihrem 3. Film „Wunderschön“, in welchem sie auch die Hauptrolle verkörpert. Erzählt wird die Geschichte von 5 Frauen unterschiedlicher Generationen, von denen jede ein anderes Päckchen zu tragen hat. Die zweifache Mama Sonja (Karoline Herfurth) steckt zwischen Rückbildungskursen und alltäglichem Kinderwahnsinn fest, fühlt sich unwohl in ihrem Körper und ihr Mann Milan (Friedrich Mücke) registriert ihren Unmut so gar nicht, denn er sieht allem voran nur seinen Job. Das Gegenteil von Sonja ist Vicky (Nora Tschirner), die an das Konzept „Beziehung“ überhaupt nicht glaubt und als emanzipierte Frau die Oberflächlichkeit dieser Welt verurteilt. Leyla (Dilara Aylin Ziem) ist eine ihrer Schülerinnen und fülliger als all ihre Klassenkameraden. Sie möchte lieber sein wie die schönen Mädchen in den Werbespots, vergisst dabei aber vollkommen, wer sie eigentlich ist und was sie ausmacht. Julie (Emilia Schüle) ist tatsächlich das angehende Model, zu dem die jungen Mädchen aufschauen. Doch ihr Traum von der Laufsteg-Karriere verlangt physisch und psychisch alles von ihr ab.
Frauke (Martina Gedeck), Ende 50, und Wolfi (Joachim Król), frisch pensioniert, vertreten in dieser Reihe das Ehepaar, dessen Beziehungsleben eingeschlafen ist. Sie möchte das unbedingt ändern und er nimmt sie nicht ernst – versteht nicht, warum es ihr plötzlich nicht mehr gut geht. „Wunderschön“ zeigt auf verschiedenen Ebenen verfahrene Lebenssituationen, aus denen die Protagonistinnen ausbrechen wollen. Der vermeintliche Druck, den körperlichen Idealen dieser Zeit wenigstens nahe zu kommen, macht das Ganze nur noch schlimmer.

Wunderschön: Franz (Maximilian Brückner) und Vicky (Nora Tschirner) haben Spaß zusammen
Wunderschön: Franz (Maximilian Brückner) und Vicky (Nora Tschirner) haben Spaß zusammen © Warner Bros.
Karoline Herfurths Werk ist eine Tragikomödie, die auf authentische und sehr emotionale Art schildert, was in unserer Gesellschaft eigentlich falsch läuft. Dennoch schafft es der Film durch sehr clever positionierten Witz, dem Zuschauer immer wieder ein Lächeln ins Gesicht zu zaubern. Vor allem aber lebt „Wunderschön“ von seiner Besetzung. Hier hat die Regisseurin einen Cast zusammengebracht, der nicht nur fachlich überzeugt, sondern auch in der Interaktion miteinander. Besonders hervorzuheben ist Karoline Herfurth selbst. Für ihren Film hat sie der Authentizität wegen 10 Kilogramm an Gewicht zugenommen und zeigt sich ungefiltert in Unterwäsche, wie eine Mutter zweier Kinder eben aussehen kann. So natürlich das eigentlich ist, so wenig wird es leider in unserer Gesellschaft gezeigt. Alleine für diesen Mut verdient sie Hochachtung!

Wer, von Hollywood geblendet, deutschen Kinoproduktionen eher skeptisch gegenübersteht, sollte definitiv einen Versuch wagen. Wahrscheinlich kann sich beinahe jeder mit einem der Charaktere identifizieren. Was ebenso dafür spricht, ist, dass die über 2 Stunden Laufzeit tatsächlich wie im Flug vergehen, obwohl manch eine Situation irgendwie „zu wunderschön“ als wahr zu sein daherkommt. Aber eine Prise Kitsch darf doch auch mal sein.

Fazit:
Wunderschön ist seichte Kost, worin alltägliche Probleme veranschaulicht werden, die grundsätzlich erst einmal nicht neu sind. Das ist allerdings auch gar nicht der Punkt. Die Tiefe wird erzeugt durch das Herzliche sowie das Traurige, den Humor und durch das Spiel der Darsteller, sodass der Film einfach Spaß macht, emotional mitreißt und mit einem letztlich guten Gefühl abschließt. Hut ab Frau Herfurth, wunderschön gemacht.
by Aline Nickel

Bilder © Warner Bros.