Filmkritik Willkommen im Hotel Mama
Filmwertung: |
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| 6/10 |
Solange man mit seinen Eltern unter einem Dach wohnt, ist man über ihr Leben informiert. Doch sobald man ausgezogen ist und sein eigenes Leben führt, besteht das Leben der Eltern nur noch aus Momentaufnahmen, die sich beim Besuch abzeichnen.
In Eric Lavaines französische Komödie „Willkommen im Hotel Mama“ führt Rentnerin Jacqueline (Joisane Balasko), nach dem Tod ihres Mannes, ein glückliches Leben. Sie liebt ihre drei erwachsenen Kinder und freut sich immer über deren Besuch. Doch auch, wenn keins der Kinder in der Nähe ist, versinkt Jacqueline nicht in Einsamkeit. Dennoch willigt sie bereitwillig ein, dass ihre 40-jährige Tochter Stéphanie (Alexandra Lamy) wieder bei ihr einziehen kann, nachdem sie ihren Job verloren hat und auf der Straße sitzt. Was für Mutter und Tochter eine Selbstverständlichkeit ist, sorgt für Eifersüchteleien bei ihren Geschwistern, die sich plötzlich ausgegrenzt fühlen. Dass der Alltag von Mutter und Tochter jedoch durch die stetige Anwesenheit des jeweils anderen ordentlich durcheinandergerät, will zunächst niemand wahrhaben. Doch dann zeichnen sich allmählich Verhaltensweisen ab, die Jacquelines Kinder in Alarmbereitschaft versetzen. Während alle drei noch fest davon überzeugt sind, dass es mit der Gesundheit ihrer Mutter nicht zum besten steht, plagt Jacqueline das schlechte Gewissen. Nur allzu gerne würde sie ihren Kindern etwas beichten, traut sich aber nicht, bis es zum handfesten Streit innerhalb der Familie kommt.
„Willkommen im Hotel Mama“ ist ein amüsanter Film, mit dem Lavaine die Klassiker aller Generationskonflikte auf die Kinoleinwand zaubert. Mutter und Tochter könnten sich ähnlicher nicht sein, während sie mit ihren Meinungen meilenweit auseinander liegen. Was der einen Dame im Haushalt große Freunde bereitet, nervt die andere. Während die Jüngere sich mit der modernen Technik auskennt, baut die Ältere auf altbekannte Mittel jenseits des Fortschritts. Schnell ergibt ein Wort das andere und es kommt zum Streit, der glücklicherweise wieder schnell vergessen ist. Dem Zuschauer ist bereits nach wenigen Minuten klar, dass das Zusammenleben von Mutter und Tochter nur von kurzer Dauer sein kann. Beide Frauen sind auf ihre Eigenständigkeit bedacht und halten an ihren eingefahrenen Verhaltensweisen fest, so dass ein gemeinsamer Nenner unmöglich scheint. Das weitaus größere Problem ist jedoch, dass Stéphanie und ihre Geschwister ihre Mutter nur noch als einsame Witwe wahrnehmen, deren einzige Freude das gemeinsame Mittagessen mit der Familie ist. Dass Jacqueline längst den Tod ihres Mannes überwunden und einen Neuanfang gewagt hat, kommt ihren Kindern noch nicht einmal in den Sinn.
Als sie die Wahrheit erfahren, reagieren sie zunächst geschockt, bis sie sich gemeinsam mit ihrer Mutter freuen können. Als die Wahrheit aber wirklich ans Licht kommt, verrennt sich Jacqueline in manch komischer Situation, wodurch ihre Pläne immer durchkreuzt werden.
Jedes Familienmitglied ist darauf bedacht, sich im besten Licht zu präsentieren. Doch das Publikum ahnt bereits, dass jeder ein Geheimnis hegt und mit Problemen zu kämpfen hat. Schlussendlich kommen alle Geheimnisse auf etwas holprige Art und Weise ans Tageslicht, wodurch der Familienzusammenhalt neu geprägt wird. Mit pointierten Wortgefechten fallen die Figuren übereinander her. Auch wenn der Verlauf der einfach gestrickten Handlung zu erahnen ist, gestaltet sich die Familiengeschichte amüsant und unterhaltsam.
Mit Alexandra Lamy („Ricky – Wunder geschehen“) und Josiane Balasko („Eine Frau für zwei“) sind zwei Darstellerinnen gefunden, die sich bestens ergänzen, sich aber auch gegenseitig die Stirn bieten können. Bei diesem Cast hätte das Drehbuch an manchen Stellen durchaus etwas differenzierter ausfallen können.
Fazit: „Willkommen im Hotel Mama“ ist ein unterhaltsamer Versuch, die gesellschaftskritischen Probleme einer Familie ins rechte Licht zu rücken. Im großen und ganzen gelingt dies ganz gut, auch wenn die besagten Probleme leider nur oberflächlich betrachtet werden und es bei einigen Szenen an Tiefe fehlt.
by Sandy Kolbuch