Filmkritik Wer's glaubt, wird selig
Filmwertung: |
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| 8/10 |
Das Kinojahr 2012 scheint immer mehr zum Jahr der deutschen Komödie zu werden – nach dem durchschlagenden Erfolg von „Türkisch für Anfänger“ wirft die deutsche Filmwelt nun eine vollkommen gegenteilig aufgezogene und am Ende doch genauso effektive Sommerkomödie hinterher – „Wer’s glaubt wird selig“. Nein, hier nicht doppeldeutig zu verstehen: tatsächlich erhebt Rosenmüllers Regiewerk sich durch eine Fusion aus grafisch mutig arrangierter Kritik und feinfühlig ausgearbeiteten Charakteren über so manch eine englischsprachige Komödie des vergangenen Jahres.
Schonungslos sarkastisch nähert Rosenmüller sich dabei an die außergewöhnlich sinnhaltige, ungewöhnlich ausgefallene Basisthematik von bayrisch-deftigem, erbarmungslos dörfischem Katholizismus an und beweist dabei zum wiederholten Male, dass er seit „Wer früher stirbt ist länger tot“ zurecht als deutscher Meister von schwarzem Humor und mutiger Fundamentalismuskritik gehandelt wird. Gekonnt nutzt die Komödie unterdes Kontrast und Typenhaftigkeit zur Ausarbeitung solch morbider Absurdität, dass der Zuschauer nicht allein ins prustende Lachen, sondern mindestens genauso tief ins kritische Nachdenken verfällt. Wohl kennzeichnendstes Szenenarrangement für Rosenmüllers smarte Auffassung von satirischer Filmumsetzung: ein grafisch absolut synchron und inhaltlich hoch kontrastiv angelegter Cross-Cut zwischen Gebets- und Sexszenen. Dass Rosenmüller den Witz seiner Geschichte so nicht alleine auf dialogischen Pointen aufbaut, sondern vielmehr in Szenenfolge und Erzählganzem des Films verankert, tut seine Wirkung: als durchgehend höchst amüsant statt frequenziell lustig beweist „Wer’s glaubt wird selig“ sich am Ende, wenn Story, Arrangement und Dialog zu einer präzise getimten und sensibel komponierten Symphonie des Witzes verschmelzen.
Wird dem deutschen Schauspielarsenal klischeehaft auch nachgesagt, es tue sich schwer, den Grad zwischen darstellerischer Über- und Untertreibung zu halten, so ist es womöglich genau das, was den Effekt von „Wer’s glaubt wird selig“ verstärkt. Typenhaft geschrieben und typenhaft gespielt – zu verstehen im allerbesten Sinne. Während schauspielerische Übertreibung die Charakterrollen eines Dramas leicht ins Lächerliche ziehen mag, kommt eine Komödie doch kaum ohne Überspitzungen, bedingte Entindividualisierung, und damit zusammenhängende Lächerlichkeit aus. So trägt schauspielerische, so ‚typisch deutsche‘ Über- und Untertreibung im Falle von „Wer’s glaubt wird selig“ ihren Teil zum unmissverständlichen Witz des Filmes bei.
Obwohl Rosenmüller mit seinem Regiewerk letztlich schwierige und anspruchsvolle Themen behandelt, sollte seine Komödie schließlich als Film für jedermann zu verstehen sein. Auf beeindruckende Weise gelingt es ihm, komplizierte Sachverhalte zu vereinfachen und die Komplexität der kritischen Thematik stets niveauvoll auf einen allgegenwärtigen Nenner zu reduzieren: den kritischen Witz. Recht viel mehr kann der Zuschauer von einer gelungenen Sommerkomödie schließlich kaum erwarten.
by Sima Moussavian