Filmkritik Väter und Töchter - Ein ganzes Leben
Filmwertung: |
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| 6/10 |
Fathers and Daughters (im Deutschen: Väter und Töchter - Ein ganzes Leben) lief schon auf fast jedem Fleckchen Erde dieser Welt, bevor er am 30.06.2016 in unseren heimischen Kinos startet.

Das Drama erzählt parallel über zwei Zeitschienen wie einmal 1989 ein kleines Mädchen bei ihrem alleinerziehenden, kranken Vater aufwächst um dann 25 Jahre später ihr eigenes Leben versucht auf die Reihe zu bekommen. Das mag ihr allerdings aufgrund jeder Menge nicht überwundenen Herzschmerzes kaum gelingen.
Der Film beginnt gleich mit der ersten von insgesamt vielen großzügig gestreuten Tragödien. Schriftsteller Jake Davis (Russel Crowe) und dessen Tochter Katie (Kylie Rogers) verlieren bei einem gemeinsamen Autounfall ihre Ehefrau bzw. Mutter. Jake erleidet dabei eine Kopfverletzung, doch möchte sich nach einiger Zeit wieder um seine unversehrt gebliebene Tochter kümmern. Das würde der hervorragende Vater auch ohne weiteres schaffen, doch seine durch den Unfall lädierte Gesundheit macht ihm erbarmungslos einen Strich durch die Rechnung. Eine Psychose lässt Jakes Körper unkontrolliert zittern und schüttelt ihn mit starken Krämpfen, woraufhin er einigermaßen widerwillig einem befristeten Klinikaufenthalt zustimmt. Katies Tante Elizabeth (Diane Kruger) und Onkel William (Bruce Greenwood) übernehmen für diese Zwischenzeit das Sorgerecht. Nach Jakes Entlassung würden sie das Mädchen allerdings gerne gänzlich bei sich behalten und adoptieren. So muss der Autor diese Schlacht genauso gewinnen wie den Kampf gegen seine finanziellen und gesundheitlichen Problemen.
Immer wieder parallel wird gezeigt, wie die 25 Jahre ältere Katie ihr Leben, die Liebe und den Beruf meistern muss. Die hübsche junge Frau ist nach eigenen Aussagen unfähig etwas zu fühlen, weswegen sie sich in One-Night-Stands flüchtet. Beruflich läuft es hingegen gut.

Als Psychologin betreut sie gerade den besonders tragischen Fall von Lucy, die nach dem Tod ihrer Eltern stumm geworden ist. Privat tritt dann irgendwann Cameron (Aaron Paul) in Katies Leben und versucht äußerst behutsam, feinfühlig und geduldig eine Beziehung zu ihr aufzubauen.
Die Richtung dieses Dramas ist schnell klar, nachdem die Familie einen Schicksalsschlag nach dem anderen trifft: Dem Zuschauer wird hier in 116 Minuten ordentlich Stoff zum Verdauen zugemutet, ohne dabei an Rührseligkeit zu sparen. Dabei werden die Rollen der Schauspieler sehr ernst genommen, wodurch man zum Mitfühlen verdammt werden soll. Wenn Russel Crowe (Gladiator, A Beautiful Mind) als kranker Vater alles versucht um seine zitternde Hand zu beruhigen und später fürchterliche Krämpfe erleidet, kann man tatsächlich nicht anders als mitzuleiden. Dem einfühlsamen und gewillten Betrachter geht womöglich auch der seelische Schmerz aller Beteiligten nahe. Daraus sticht Diane Kruger (Inglourious Basterds, Unknwon Identity) als kaltherzige Tante angenehm hervor. Schade, dass sie diese fiese Rolle dann an ihren Ehemann abgeben muss, denn ein offener Schlagabtausch zwischen ihr und Russel Crowe wäre eine angenehme Abwechslung aus dem Trauerspiel. Stattdessen nimmt aber Bruce Greenwood als ihr gesetzter Gatte die Fäden in die Hand. Jener spielt den vordergründig verständnisvollen aber eigentlich hinterlistigen Antagonisten.

Die erwachsene Katie wird von Amanda Seyfried (
Mamma Mia!, Les Misérables) gespielt. Diese Geschichte wirkt lange wenig spannend, obwohl sie Breaking Bad Star Aaron Paul an die Seite gestellt bekommt. Als gebeuteltes Kind ist Katie selbst eine liebe und hervorragende Kinderpsychologin geworden. Gleichzeitig schläft sie aber jeden Abend mit verschiedenen Typen und beansprucht selbst eine Psychiaterin, was dann einfach nur noch unglaubwürdig wirkt. Die Story wird erst ein wenig interessanter, als sie eine Dummheit begeht, während ihre Wunden doch eigentlich gerade vom neuen Freund geheilt werden. Irgendwann kommt sie auf den Gedanken, was ihr Vater wohl über ihr Verhalten denken würde und versucht die Scherben wieder zusammen zu fügen.
Fazit: Regisseur Gabriele Muccino (Das Streben nach Glück) und Produzent Nicolas Chartier (Tödliches Kommando - The Hurt Locker, Dallas Buyers Club) haben hier ein ziemlich sentimentales Drama geschaffen, dem es insgesamt an Klasse fehlt. Auch die guten Schauspieler können da nicht mehr herausholen, als eigentlich vorhanden ist: Nämlich leider nur ein mäßig glaubwürdiger Film, der zu Teilen immerhin mit Russel Crowe unterhält.
by Nicolas Wenger
Bilder © Spot on Distribution