The Revenant - Der Rückkehrer

The Revenant (2015), USA
Laufzeit: - FSK: 16 - Genre: Abenteuer / Drama
Kinostart Deutschland: - Verleih: 20th Century Fox

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The Revenant - Der Rückkehrer Filmplakat -> zur Filmkritik

erhältlich auf 4K UHD, Blu-ray und DVD

Inhalt

Bei einer Expedition tief in der amerikanischen Wildnis wird der legendäre Forscher und Abenteurer Hugh Glass (Leonardo DiCaprio) brutal von einem Bären attackiert. Seine Jagdbegleiter, die überzeugt sind, dass er dem Tod geweiht ist, lassen ihn zurück. In seinem Überlebenskampf erleidet Glass unerträgliche Qualen und muss erleben, dass auch sein engster Vertrauter John Fitzgerald (Tom Hardy) ihn verrät und im Stich lässt.
Mit übermenschlichem Willen zu überleben und angetrieben durch die Liebe zu seiner Familie kämpft Glass sich durch einen unerbittlichen Winter in der Wildnis zurück ins Leben.


Leonardo DiCaprio, Tom Hardy und Domhnall Gleeson | mehr Cast & Crew


The Revenant - Der Rückkehrer - Trailer




DVD und Blu-ray | The Revenant - Der Rückkehrer

Blu-ray
The Revenant - Der Rückkehrer The Revenant - Der Rückkehrer
Blu-ray Start:
19.05.2016
FSK: 16 - Laufzeit: 156 min.
The Revenant - Der Rückkehrer (4K Ultra HD) The Revenant - Der Rückkehrer (4K Ultra HD)
Blu-ray Start:
19.05.2016
FSK: 16 - Laufzeit: 156 min.
DVD
The Revenant - Der Rückkehrer The Revenant - Der Rückkehrer
DVD Start:
19.05.2016
FSK: 16 - Laufzeit: 150 min.

Filmkritik The Revenant - Der Rückkehrer

Filmwertung: | 10/10


„The Revenant“ ist vielleicht der teuerste Kunstfilm aller Zeiten. Ein kompromissloses, radikales Werk, das in seinem absoluten Willen, an die Grenzen des filmisch Machbaren zu gehen, Erinnerungen an Michael Ciminos legendäres Desaster „Heaven's Gate“, Francis Ford Coppolas Trip in das Herz der Dunkelheit in „Apocalypse Now“ oder Werner Herzogs wahnwitzigen „Aguirre“ oder „Fitzcarraldo“ weckt. Budgets und Drehpläne wurden gesprengt, um eine scheinbar unmögliche, zuvor noch nie unternommene Produktion zu realisieren. The Revenant - Der Rückkehrer SzenenbildDoch Alejandro González Iñárritu gelang trotz schwierigster Produktionsbedingungen ein Film überraschender Klarheit und unübersehbarer Größe, dessen Probleme man trotz sichtlichem monumentalem Aufwand nur erahnen kann.

Unmittelbar nach Abschluss der Dreharbeiten zu seinem mehrfachen Oscar-Gewinner „Birdman“ begann der Mexikaner die Dreharbeiten zu seinem neuen Film, der ihn und seine Crew in abgelegene und schwer erreichbare Orte unberührter Natur in British Columbia und Alberta, Kanada führte. Dort wollte er das Leben von Pelz-Trappern in der ungezähmten Wildnis von Amerika zu Beginn des 19. Jahrhunderts so authentisch wie möglich nachbilden, wofür Iñárritu um absolut bedingungslosen Realismus bemüht war. Sein Kameramann Emanuel 'Chivo' Lubezki sollte hierfür ausschließlich mit natürlichem Licht arbeiten (wie er es schon bei Terrence Malicks „The New World“ getan hat), weshalb der Crew wegen der langen An- und Abreise pro Tag immer nur ein sehr kurzes, etwa ein- bis zweistündiges Zeitfenster für den eigentlichen Dreh blieb, da die Lichtverhältnisse sonst nicht ausreichend gewesen wären. Hinzu kamen enorm komplexe und lange Plansequenzen, die bereits Monate vor Drehbeginn minutiös choreografiert werden mussten. Die Produktion, die meist extremen Wetterverhältnissen mit eisiger Kälte ausgesetzt war, war ursprünglich von Oktober 2014 bis März 2015 disponiert, bedurfte am Ende aber ganze elf Monate Drehzeit. Das Budget des Films explodierte schließlich ebenfalls um mehr als das Doppelte seines ursprünglich angepeilten Summe, wodurch „The Revenant“ am Ende angeblich bemerkenswerte 135 Millionen Dollar kostete.

Der qualvolle und für alle Beteiligten physisch und psychisch extrem fordernde Dreh forderte einige Opfer, viele Crewmitglieder kündigten oder wurden ersetzt. Die kurzen Drehfenster und schlechte Planung sorgten auch für viele interne Konflikte, der Dreh wurde sogar für mehrere Wochen beendet, um Lösungen zu finden, sodass die schwierige Produktion wieder auf Kurs gebracht werden könnte. Schließlich hatten sich die Dreharbeiten derart in die Länge gezogen, dass es in Kanada zu warm war und es keinen Schnee mehr gab, weshalb man in den Süden Argentiniens umzog, um dort das Finale zu drehen.

„The Revenant“ war ein Ausdauertest, ein Film, der so real sein wollte, dass die Künstlichkeit eines normalen Filmdrehs einfach nicht ausreichend war. The Revenant - Der Rückkehrer SzenenbildOhne Zweifel ist hier einer der aufwändigsten Filme aller Zeiten entstanden. Heraus gekommen ist etwas nie Dagewesenes, ein Fast-Meisterwerk, dem es gelingt Größe und Intimität eindrucksvoll zu einer faszinirenden cineastischen Erfahrung zu verknüpfen. Es ist nichts anderes als ein Wunder, dass ein Film wie dieser zu einer Zeit endloser Sequels, Remakes und Comicverfilmungen überhaupt von einem Studio realisiert wird, denn „The Revenant“ ist kein Publikumsfilm, sondern eben die kompromisslose Vision eines einzigartigen Filmemachers, die einiges vom Zuschauer abverlangt.

Der eigentliche Plot von „The Revenant“ ist betont geradlinig und minimalistisch gehalten. Es geht um den Mythos des Trappers Hugh Glass (Leonardo DiCaprio), der auf einer langwierigen Expedition von einem Bär attackiert wird und von seiner Gruppe schließlich zum Sterben zurückgelassen wird. Glass überlebt jedoch trotz schwerster Verletzungen und begibt sich auf einen Hunderte Kilometer langen Weg durch unerforschtes Gebiet, um sich an dem Mann zu rächen, der ihn lebendig begraben hat. Auf seinem Weg muss er gegen extreme Kälte kämpfen und muss sich immer wieder vor Indianern des Arikara-Stammes verteidigen, die bereits Dutzende seiner Kameraden auf dem Gewissen haben.

„The Revenant“ ist somit primär ein Überlebensfilm, ein Rachefilm, in Iñárritus Händen entsteht jedoch zusätzlich eine poetische und existentialistische Auseinandersetzung mit Verlust und der menschlichen Existenz, dem Konflikt zwischen Mensch und übermächtiger, gleichgültiger Natur. Immer wieder, unter anderem gleich zu Beginn, verwendet Iñárritu traumartige, an die introspektiven, schwebenden Momente in Terrence Malicks Filmen erinnernde Rückblenden, bei denen sich Glass an seine verstorbene Frau erinnert. Diese halluzinatorischen, meditativen Flashbacks setzt Iñárritu immer wieder ein und erklärt so nach und nach subtil die Hintergründe der Figur. So zieht sich ein roter Faden tiefer Trauer und des Schmerzes durch den Film, der sich jedoch nahezu komplett nonverbal und unterbewusst vermittelt. Leonardo DiCaprios Figur spricht im gesamten Film höchstens 15 Sätze und zeigt eine Meisterleistung physischer Schauspielkunst. Zum einen spielt sich enorm viel in DiCaprios Augen ab, aber auch durch enorm expressive Mimik erkennt man seiner Figur an, dass die Last der ganzen Welt auf ihm lastet. Man spürt ihm seinen großen Schmerz, ob körperlicher oder seelischer Natur zu jeder Sekunde auf bemerkenswerte Weise an. Für weite Strecken des Films ist Glass eben tatsächlich körperlich massiv beeinträchtigt, denn nach der Bär-Attacke dürfte er eigentlich gar nicht mehr leben. Hier kommt man auch zu dem emporragenden Höhepunkt des Films und zu einer der erinnerungswürdigsten Szenen des Jahres: Iñárritu zeigt in einer virtuosen minutenlangen und qualvollen, regelrecht körperlich spürbaren Sequenz, wie Glass von einem riesigen Grizzlybär attackiert wird, der seine Jungen beschützen will. Er zeigt die Attacke größtenteils in einer einzigen, ununterbrochenen Einstellung und macht so das Leid, die pure, rohe Gewalt, die schreckliche Grausamkeit auf schmerzhafte Weise spürbar, sodass man eigentlich gar nicht hinsehen will. Diese Sequenz ist absolut atemberaubend und ist in seinem unnachgiebigen, starrenden Blick ein Moment, wie man ihn noch nie gesehen hat. The Revenant - Der Rückkehrer SzenenbildWie im gesamten Film ergötzt sich Iñárritu nicht an der Gewalt und an dem Grauen, er zeigt sie lediglich wie sie ist, gibt die Härte der Natur so ehrlich und real wie möglich wieder.

Diese furchterregende Sequenz thront über allem, doch ist bei weitem nicht der einzige virtuose, umwerfende Moment in diesem Film. Bemerkenswert ist auch die unglaubliche Eröffnungssequenz, die unmissverständlich klar macht, dass Iñárritu und Lubezki im Moment auf der Höhe ihres Schaffens stehen, Dinge realisieren, die fast alles in filmischer Hinsicht in den Schatten stellen, was das Filmjahr ansonsten zu bieten hat. In langen Einstellungen wird hier die brutale Attacke auf das Fort der Pelz-Trapper gezeigt, die Kamera schwebt umher, hat 360° Bewegungsfreiheit, Pfeile zischen umher, treffen ihre Ziele mit schockierender und plötzlicher Härte. Auch diese Sequenz spielt sich über mehrere Minuten ab, fängt langsam an, steigert sich und ebbt wieder ab. Man blickt nur staunend auf die Leinwand und fragt sich, wie diese atemberaubende Choreografie überhaupt realisierbar ist. Das ist pure Filmmagie, die unerwartete Schönheit im Schrecklichen findet und schlicht ihresgleichen sucht.

Iñárritus radikale Vorgehensweise, die seine Darsteller nahezu zwang, ihre Rollen zu leben, lockt auch starke Darstellungen bei seinen Schauspielern hervor. Dass Leonardo DiCaprio zu Großem imstande ist, hat er nun oft genug bewiesen, doch sein Hugh Glass ist nochmal eine ganz andere Herausforderung. Wie erwähnt ist seine Performance nahezu wortlos (auch aufgrund der Folgen der Attacke), sein glühender Schmerz, seine rasende Wut, gerade in einem ganz bestimmten Moment (der auch im Trailer zu sehen ist) verwandelt DiCaprios Gesicht in eine verzerrte Fratze, es scheint so, als würde er jeden Moment aus seinem Körper heraus explodieren. Dass DiCaprio hier eine enorme Tour de Force zeigt, muss nicht extra erwähnt werden, mit dieser engagierten und intensiven Leidensperformance sollte er nun endlich seinen Oscar überreicht bekommen. Seine beste Darstellung ist aber woanders zu finden, dafür ist der Part letztlich zu einsilbig und kommt nicht an seine nuancierten und unvorhersehbaren Parts in Scorseses Filmen heran. Als Glass halbskalpierter Kontrahent John Fitzgerald brilliert Tom Hardy, der ebenfalls ganz viel mit einer vielschichtigeren Rolle macht. Sein ambivalenter Charakter hat wohl die meisten Sätze in „The Revenant“, er ist unzweifelhaft der Antagonist, ist ein von Hass und Nihilismus erfüllter Mann mit Wahnsinn in den Augen, dessen Hintergrund sich auch nach und nach offenbart. Trotz Machthunger und brutalem Egoismus gelingt es Hardy über manch subtilen Moment so etwas wie Mitleid für seine Figur zu erzeugen. Eine faszinierende, ebenso auch sehr körperliche Darstellung.

Die Natur ist zweifelsohne der dritte Protagonist, der insgeheim über allem steht, eine furchterregende, unnachgiebige Kraft ist. Die Schauwerte von „The Revenant“ sind erwartungsgemäß enorm, man kommt aus dem Staunen gar nicht mehr raus, was natürlich dem Umstand zu verdanken ist, dass hier konsequent an realen Orten gedreht wurde. Lubezkis naturalistische Herangehensweise, das sanfte Licht, gigantische, ehrfurchtgebietende Panoramen gepaart mit teils extremen Großaufnahmen menschlicher Gesichter, bei denen der Atem der Darsteller hier und da sogar in einem bewusst artifiziellen Moment auf der Linse zu sehen ist (auch Blu- und Wassertropfen spritzen stellenweise auf die Linse), ergeben eine faszinierende visuelle Ästhetik. The Revenant - Der Rückkehrer SzenenbildDie klirrende Kälte, die Konsistenz des Schnees und des Schmutzes, man spürt und schmeckt die Natur förmlich. Eine Szene, die mit einem Tierkadaver zu tun hat, ist auch völlig einmalig und trotz allen Ekels zeigt sich hier eine fast schon malerische Schönheit. Wunderbar akustisch erweitert wird die Natur von der minimalistischen und sehr atmosphärischen Filmmusik von dem japanischen Klangvirtuosen Ryuichi Sakamoto, dem deutschen Elektronikmusiker Alva Noto und dem großartigen Pulitzer-Preis gekrönten Stück „Become Ocean“ von John Luther Adams, die die Bilder auf organische Weise unterstützt.

Keine Frage, „The Revenant“ ist ein anstrengender, freudloser Film, der viel vom Publikum in seinen 156 Minuten Laufzeit abverlangt. Doch das ist exakt der Film, den Iñárritu machen wollte. Er zeigt konsequent die hässliche Fratze der menschlichen Existenz, die Brutalität des Menschen und der Natur in gleichem Maße. Die Gewalt ist mit urinstinktlicher Wildheit inszeniert und oft nur schwer zu verkraften, man ist immer Teil der Action, wodurch der Film ernsthaft Ausdauer verlangt. Die unermessliche Weite der Natur und die gleichzeitige Isolation und Schutzlosigkeit des Menschen kommt hier mit unmissverständlicher Härte und Realität zum Ausdruck. Der Film funktioniert so vor allem durch seine ausgeprägt cineastische Machart, eine völlige emotionale Verschmelzung mit den Figuren fällt jedoch schwer. Auch die Tatsache, dass der Plot des Films sehr geradlinig und vorhersehbar verläuft, lässt es dem Film etwas an echter Spannung fehlen. Dennoch, „The Revenant“ ist ein ganz großer, einmaliger Film geworden, der unbedingt auf der größtmöglichen Leinwand erlebt werden will.

Fazit:
Alejandro González Iñárritu gelingt mit „The Revenant“ ein Film monumentaler, brutaler Größe und subtiler, meditativer Intimität zugleich. Ein Mensch gegen Natur- und Mensch gegen Mensch-Film urinstinktlicher Brutalität und voller filmischer Virtuosität und atemberaubender Momente. Kurz: Ein noch nie dagewesenes, unvergessliches Filmereignis, das viel vom Zuschauer abverlangt.
by Florian Hoffmann

Bilder © 20th Century Fox