Filmkritik The Purge - Die Säuberung
Filmwertung: |
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| 8/10 |
Was ist unsere Gesellschaft ohne Gesetze und Regeln, also im völligen Naturzustand? Wie schon Thomas Hobbes in „der Leviathan“ dieses Thema aufgriff, geht auch der Film „The Purge – die Säuberung“ genau über diesen Zustand der Anarchie, wo der Mensch vor die Wahl gestellt wird – was richtig oder falsch ist.
Die Story spielt 2022 in der USA und die Regierung hat einen ganz besonderen Jahrestag eingerichtet, nämlich den „Purge-Day“ alias „der Säuberungstag“. An diesem Tag hat die komplette Bevölkerung der USA 12 Stunden Zeit ihre menschliche Frustration und Wut, ohne jegliche Folgen auszulassen. Keine Polizei, keine Krankenhäuser – 12 Stunden ohne Regeln. Gewalt, Mord, Massenhinrichtungen und alle vorstellbaren Gräueltaten sind für einen halben Tag völlig legitim und das zu Gunsten des Staates und der Wirtschaft. Obdachlose, Kranke, Alte und Arme sind das Ziel der Gewalttaten. Dadurch soll es weniger Arbeitslosigkeit, weniger Gewalt und mehr Zufriedenheit geben. Für die ganze Bevölkerung ist das Abschlachten von Menschen und Vandalismus durch reinste Propaganda des Staates völlig frei und dass nur zum Wohle der Bevölkerung und des Staates. In dem Film können wir nun einen dieser „Purge-Days“ mitverfolgen.
Im Zentrum des Films steht die Familie Sandin, welche diesen Tag nur unbeschadet überstehen möchte. Da der Vater James (Ethan Hawke, „Training Day“;“Before Midnight“) ein Spezialist für Sicherheitssysteme ist, sind sie im Haus eigentlich gut beschützt – die Betonung liegt allerdings auf eigentlich…. Denn man sollte aufpassen, mit wem man sich einschließt. Denn nicht nur der ungebetene Freund der Tochter Zoey (Adelaine Kane) stellt ein Ärgernis für die Familie dar, sondern auch ein Fremder, welcher durch den Sohn Charlie (Max Burkholder; „der Kindergarten Daddy“) ins Haus gelangt. Die Familie lebt zwar in einem gut behütetet Viertel à la „Desperate Housewives“-Manier - schick, geordnet und oberflächlich nett, doch dies ändert sich bald als eine Gruppe Jugendlicher das Haus der Sandins erreicht. Diese jungen Menschen, die aussehen als wären sie gerade aus einem Horrorfilm entstiegen, haben den Fremden (Edwin Hodge; „Red Dawn“) nämlich als Ziel ausgesucht, um ihre gute amerikanische Pflicht an diesen Menschen zu verüben, nämlich ihn umzubringen und so beginnt der Spaß der Verrücktheiten… denn niemand in dem Haus ist mehr sicher.
So entsteht ein wirklich kompromissloser Survival-Thriller, welcher von James DeMonaco („Staten Island NY – Es gibt kein perfektes Verbrechen“) in Zusammenarbeit mit „Paranormal Activity“ Produzent Jason Blum inszeniert wurde. Das Leben ohne Regeln – ganz nach „Herr der Fliegen“-Fasson hat zwar einige realistische Schwächen, was die Story betrifft, da man sich ein ums andere Mal fragt, wie ein Spezialist in Sicherheitsfragen, so gut töten kann, doch nichts desto trotz trumpft der Film mit einer verrückten und blutigen Darstellung der menschlichen Abgründe auf. Er ist nicht nur spannungsgeladen, sondern die kleine Schreckmomente und die vielen Gewaltszenen, lassen in einem wirklich die Frage aufkommen: Wie weit ist ein Mensch bereit zu gehen, wenn es keine Regeln gibt bzw. wenn seine eigene Existenz bedroht wird?
Die Gegenüberstellung der gut behütenden Familie Sandin mit der Gruppe Verrückter, angeführt vom Darsteller Rhys Wakefield („Sanctum“), der fast wie der Joker von Batman einfach Spaß an der Verbreitung der Anarchie hat, ist wirklich abstrus und unterhaltsam zugleich. Ein ums andere Mal wird zwar ein bisschen viel Lärm um Nichts gemacht, aber ansonsten, besticht der Film durch eine abgedrehte und interessante Story, in dessen Mittelpunkt die gewaltverherrlichende Natur der Gesellschaft und des Menschen liegt.
Dazu kommt noch eine gute Kameraführung seitens Jacques Jouffret („Wo die wilden Kerle wohnen“) und eine tolle, meist fast ironische musikalische Untermalung von Nathan Whitehead, welchen diesen hoffentlich sehr realitätsfernen Film gut untermalen.
by Ela Schnittke
Bilder © Universal Pictures Intl.