Filmkritik The Jungle Book
Filmwertung: |
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| 8/10 |
Mit 27 Millionen Kinobesucher ist das Dschungelbuch aus dem Jahre 1967 der erfolgreichste Kinofilm aller Zeiten in Deutschland. Der Disney-Zeichentrickfilm hat einen unglaublichen Kultstatus erreicht und auch generationsübergreifend ist jedem das Lied „Probier‘s mal mit Gemütlichkeit“ bekannt. Ob groß oder klein, jeder kennt die Geschichte des kleinen Mogli, der von einem Wolfsrudel groß gezogen wird und nun den Dschungel – aufgrund des Tigers Shir Khan, der keine Menschen im Dschungel duldet – verlassen muss.

Unzählige Male wurde die Geschichte verfilmt. Nun inszeniert Schauspieler und Regisseur Jon Favreau (Iron Man 1+2, Kiss the Cook) die Dschungelbuch-Erzählung von Rudyard Kipling als Live-Action-Abenteuer. Eine schwierige Aufgabe, denn viele verbinden mit dem Zeichentrickfilm schöne Kindheitserinnerungen. Doch Favreau hat diese Aufgabe mit Bravour gemeistert, denn was die Optik des Streifens angeht, ist The Jungle Book ein Meisterwerk.
Eine Nominierung für den Oscar für die besten visuellen Effekte muss dieser Film schlichtweg bekommen. Alles andere wäre unverständlich, denn was dem Zuschauer hier geboten wird, ist atemberaubend. Es gibt in der Filmlandschaft mittelmäßige Effekte, gute Effekte oder sehr gute Effekte und dann gibt es solche Computeranimationen wie bei The Jungle Book, die fotorealistisch sind. Es dauert nicht lang bis der Zuschauer sich komplett in der magischen Dschungelwelt verliert und alles für real hält. Denn was hier echt ist oder nicht, kann man nun wirklich nicht unterscheiden. Hier passt wirklich jedes noch so kleine Detail was die Visualisierung der Tiere und des Dschungels angeht. Dazu kommt das wirklich gelungene 3D. Damit taucht man endgültig in den Film ein und begleitet Mogli, Balu und Baghira auf ihrem Abenteuer durch den Dschungel. The Jungle Book ist ein Film, der für das Kino gemacht ist und für den man auf keinen Fall auf den 3D-Zuschlag verzichten soll.
Schauspielerisch gibt es auf den ersten Blick wenig zu sagen. Denn mit dem 10-jährigen Neel Sethi hat man (fast) im gesamten Film einen einzigen Schauspieler vor sich. Ohne einen Gegenpart zu spielen, ist immer eine große Herausforderung.

Doch der amerikanische Schauspieler indischer Abstammung macht seine Sache außerordentlich gut. Mit unglaublich viel Engagement und Selbstbewusstsein, spielt Sethi den Menschenjungen Mogli sehr sympathisch und lebensfroh. Als Zuschauer verfolgt man seine Reise durch den Dschungel sehr gerne und er schafft es als Hauptdarsteller, die Handlung auf seinen Schultern zu tragen. Mindestens genauso wichtig die Leistung von Sethi, sind die Leistungen der Synchronsprecher. Da die besuchte Pressevorführung in englischer Sprache war, kann über die Leistung der deutschen Sprecher nichts gesagt werden. Doch aufgrund des allgemein hohen Niveaus der deutschen Synchronisation, wird man als Kinobesucher nichts falsch machen, wenn man sich diesen Film auf Deutsch anschaut. Auf amerikanischer Seite hat Disney hier eine Reihe an großen Stars hinter die Mikrofone ins Aufnahmestudio gelockt. So wird Balu von Bill Murray, Shir Khan von Idris Elba, King Louie von Christopher Walken oder Baghira von Sir Ben Kingsley gesprochen. Dabei macht wirklich jeder einen großartigen Job. Besonders Idris Elba lässt Shir Khan mit seiner tiefen Stimme äußerst bedrohlich wirken, sodass man hier auch als Erwachsener Angst vor dem Tiger bekommen kann. Umso verwunderlicher wirkt hier die Freigabe ab 6 Jahren. Die Neuverfilmung ist wesentlich düsterer und packender als der Zeichentrickfilm, der von seinem Charme und seiner Leichtigkeit lebt. Hier gibt es sogar den einen oder anderen kleinen Jump-Scare. Ob dieser Film wirklich für einen 6-jährigen gemacht ist, darf bezweifelt werden. Doch hier spielen wohl finanzielle Faktoren eine besondere Rolle, denn je breiter das Publikum, umso höher das Einspielergebnis.
Was den grundsätzlichen Verlauf der Handlung angeht, gibt es letztlich keine besonderen Überraschungen, sodass The Jungle Book recht vorhersehbar bleibt. Ein wirklicher Minuspunkt ist dies nicht, denn der Film macht trotzdem unglaublich viel Spaß. Hier gibt es zahlreiche lustige Momente, insbesondere aufgrund von Bill Murray und seiner Figur Balu.

Darüber hinaus wurde der Zeichentrickfilm nicht 1 zu 1 übernommen. Handlungstechnisch wurden zwar Anspielungen auf das Original gemacht, doch sind hier stellenweise Dinge gestrichen oder Neues eingefügt worden. Dies macht den Film letzten Endes objektiv gesehen besser als den Kultklassiker aus den 60er. Die Veränderungen im Handlungsverlauf sind effizient und klug gewählt, denn der Film wurde somit im Vergleich zur 1967er Version aufregender, spannender und unterhaltsamer und obwohl das jetzige Remake eine gute halbe Stunde länger als der Zeichentrickfilm geht, ist er keine Sekunde zu lang geworden.
Fazit: Jon Favreau ist hier ein großartiges Realfilm-Remake geglückt. Mit unglaublichen visuellen Effekten und fotorealistischen Animationen ist The Jungle Book ein wunderbares Abenteuer, welches man sich auf der Kinoleinwand nicht entgehen lassen sollte.
by Morteza Wakilian