Filmkritik The Descendants - Familie und andere Angelegenheiten
Filmwertung: |
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| 8/10 |
'The Descendants' ist das neuste Werk von 'Sideways' Regisseur Alexander Payne und wird, mit George Clooney in der Hauptrolle, gerne als heißer Oscar-Anwärter gehandelt.
Auf den ersten Blick handelt es sich hierbei um ein gewöhnliches Familiendrama: Mutter Elizabeth (Patricia Hastie) erleidet einen fatalen Bootsunfall und Ehemann Matt (George Clooney) muss sich plötzlich alleine um die Töchter Alexandra (Shaileene Woodley) und Scottie (Amara Miller) kümmern, wobei er feststellt, dass er seine Kinder eigentlich kaum kennt. Alexander Payne vermag es jedoch, die Geschichte realitätsnah und glaubwürdig umzusetzen, ohne hierbei in Hollywood-typische Klischees oder Erzählstränge zu verfallen.
Matt King ist erfolgreicher Anwalt und hat einiges an Geld auf der hohen Kante. Außerdem sind er und sein Hawaiianischer Familienklan im Besitz eines enorm großen Stückes Land, welches kurz vor dem Verkauf und damit vor einem ungeheuren Geldsegen für die ganze Familie steht.
Doch Matts Leben ist nur oberflächlich perfekt. Hinter der scheinbaren Idylle Hawaiis verbergen sich Sorgen, Ängste und Probleme wie bei jedem anderen auch. Bisher hat Matt mit seiner Familie ein Leben geführt, das nach außen hin perfekt schien. Doch dann erleidet seine Frau Elizabeth einen schweren Bootsunfall und fällt in ein Koma, aus dem sie nicht mehr erwachen wird. Durch diesen Schicksalsschlag zu einem engeren Kontakt zu seinen Kindern gezwungen, stellt Matt fest, dass er nicht nur seine Töchter kaum kennt, sondern dass auch seine Frau Geheimnisse vor ihm hatte. Die Fassade beginnt zu bröckeln. Während Matts Welt langsam in sich zusammenfällt nachdem er von Elizabeths Affäre mit einem jüngeren Immobilienmakler namens Brad Speer (Matthew Lillard) erfahren hat, ist er dennoch in der Lage, aus der Krise neue Kraft zu schöpfen. Zusammen mit seiner vorlauten zehnjährigen Tochter Scottie und der siebzehnjährigen Alexandra, die wenig für ihre Eltern übrig zu haben scheint und darauf besteht, dass ihr Freund Sid (Nick Krause) sie auf Schritt und Tritt begleitet, macht Matt sich auf den Weg, seinen Widersacher Brad ausfindig zu machen und ihn zur Rede zur stellen.
Auf dem Weg dorthin vermag es Payne, dem Zuschauer herzhaft komische, aber auch tieftraurige Momente nahe zu bringen. An manchen Stellen wirkt der Film etwas langsam, was zu der Realitätsnähe allerdings nur weiter beiträgt. Im wahren Leben passiert eben nicht ständig etwas und manchmal ziehen sich Trauer oder Hilflosigkeit einfach so hin. Trotz der großen Tragödie, ist der Film lebensbejahend und wenig deprimierend. Die Schauspielerische Leistung aller Beteiligten ist nicht zu verkennen und, auch wenn Clooney definitiv das Aushängeschild des Filmes ist, so sind auch die Jungdarsteller nicht zu verachten. Besonders Amara Miller, die die kleine Scottie spielt und vorher noch keine Erfahrung hatte und Nick Krause, dessen Inszenierung des leicht dusseligen Sids einfach herrlich ist, tragen positiv zum Film bei. Schlußendlich ist 'The Descendants' ein Film für all diejenigen, die nicht unbedingt einen klassischen Hollywood Blockbuster brauchen. Wir sehen hier Menschen wie dich und mich, mit Problemen, die sich durch Geld nicht lösen lassen und die uns alle treffen können. Wunderbar ehrlich, hinreißend komisch und dennoch wahrlich tragisch – hier findet sich ein Film, der vor der Kulisse Hawaiis vom wahren Leben erzählt.
by Anne Facompré
Bilder © 20th Century Fox