The Danish Girl

The Danish Girl (2015), USA / Großbritannien
Laufzeit: - FSK: 6 - Genre: Biographie / Drama
Kinostart Deutschland: - Verleih: Universal Pictures Intl.

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The Danish Girl Filmplakat -> zur Filmkritik

erhältlich auf 4K UHD, Blu-ray und DVD

Inhalt

Es ist die auf einer wahren Begebenheit beruhenden Geschichte von Lili Wegener (Eddie Redmayne), die als Mann Einar mit Ehefrau Gerda (Alicia Vikander) ein bewegtes Künstlerleben im Kopenhagen der zwanziger Jahre lebt. Als die anfangs noch erfolglose Malerin Gerda sie schließlich bittet, als weibliches Modell zu posieren, erfahren die daraus resultierenden Portraits einen ungemeinen Anklang. Es scheint, als ob Gerda endlich die Muse gefunden hat, die sie zu ihrer wahren Meisterleistung inspiriert. Währenddessen entwickelt Lili eine ganz eigene Liebe, zu dieser anderen, neuen Seite an sich. Die Liebe zu Lili Elbe, die Frau, als die sie leben möchte. Immer mehr wächst in Lili der unbändige Wunsch heran, vollständig und damit auch körperlich künftig als Frau zu leben… Doch was bedeutet dieser Schritt für ihr gemeinsames Leben, ihre Sehnsüchte und somit auch für ihre Ehe?

Alicia Vikander, Eddie Redmayne und Amber Heard | mehr Cast & Crew


The Danish Girl - Trailer


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DVD und Blu-ray | The Danish Girl

Blu-ray
The Danish Girl The Danish Girl
Blu-ray Start:
19.05.2016
FSK: 6 - Laufzeit: 119 min.
DVD
The Danish Girl The Danish Girl
DVD Start:
19.05.2016
FSK: 6 - Laufzeit: 115 min.

Filmkritik The Danish Girl

Filmwertung: | 7/10


Auf den ersten Blick ist „The Danish Girl“ der Inbegriff eines typischen Prestige-Films, der mitten in der „Awards Season“ erscheint und mit viel Emotionen, wichtigen Themen und bereits vielfach ausgezeichneten Darstellern und Filmemachern buhlt: In der Hauptrolle ist Eddie Redmayne zu sehen, der vor weniger als einem Jahr für sein beängstigend gutes Portrait von Stephen Hawking in „The Theory of Everything“ mit einem Oscar ausgezeichnet wurde. The Danish Girl SzenenbildRegie führt der Brite Tom Hooper, der sich ebenfalls für „The King's Speech“ als Gewinner des Goldjungen bezeichnen kann und auch mit „Les Misérables“ vor drei Jahren einen mehrfach preisgekrönten Film verantwortete. Die Thematik des Films ist aktuell in aller Munde, es geht um Transgender, genauer gesagt um die Dänin Lili Elbe, einer der ersten Menschen, die sich einer geschlechtsangleichenden Operation unterzogen haben. Mit der Amazon-Serie „Transparent“ und der gerade in Amerika medial allgegenwärtigen Präsenz von Caitlin Jenner bewegt sich das Transgender-Thema langsam aus der Tabu-Zone hinaus, wofür „The Danish Girl“ vermutlich für weiteren wichtigen Diskussionsstoff sorgen wird. Das riskante Projekt, das auf David Ebershoffs gleichnamigem Bestseller basiert, sollte bereits seit einigen Jahren verfilmt werden, doch angesichts des gewagten Stoffs konnten selbst prominente Unterstützer wie Nicole Kidman, Charlize Theron oder Gwyneth Paltrow nicht für die Realisierung des Films sorgen. Auch für Tom Hooper war der Film eine Herzensangelegenheit, er las das Skript von Lucinda Coxon bereits 2008 noch vor „The King's Speech“ und bezeichnete es als „das beste Drehbuch, das ich jemals gelesen habe.“ Bei den Dreharbeiten zu „Les Misérables“ konnte er Eddie Redmayne für die herausfordernde Hauptrolle der Transgender-Ikone gewinnen, doch erst dieses Jahr war wohl die Zeit reif, um den Film schließlich umzusetzen. Heraus gekommen ist ein sehr interessanter, komplexer und subtil bewegender Film, der vor allem durch die enorm feinfühligen Darstellungen von Redmayne und seiner Partnerin Alicia Vikander getragen wird.

Kopenhagen, 1926. Einar Wegener (Eddie Redmayne) ist einer der angesehensten Landschaftsmaler Dänemarks. Auch seine Ehefrau Gerda (Alicia Vikander) ist Künstlerin, doch ihre Portraits finden bislang noch wenig Beachtung in der Kunstszene, auch wenn sie durchaus viele Auftragsarbeiten erhält. Das Paar führt eine liebevolle und leidenschaftliche Beziehung und verfügt über hohes gesellschaftliches Ansehen. Doch Einar verändert sich zunehmend: Seitdem er für seine Frau für ein unfertiges Portrait als Ersatz einspringen muss und dafür Strumpfhosen und Frauenschuhe anziehen muss, kommt eine neue Identität zum Vorschein. Gerda kriegt davon zunächst nichts mit und unterstützt die Tendenzen ihres Mannes sogar unwissentlich, als sie sich einen Scherz erlauben will und zu einer Veranstaltung Einar als seine fiktive Cousine Lili verkleidet. Für Einar wird immer schneller und schmerzhafter klar, dass er eigentlich in seinem Inneren kein Mann, sondern eine Frau ist. The Danish Girl SzenenbildIhm bleibt nichts anderes übrig als seinem Impuls zu folgen und die alte Identität Einar nach und nach abzulegen. Gerda ist zunächst schockiert von dieser Entwicklung und dem schrittweisen „Tod“ ihres Mannes, doch schnell unterstützt sie Lili bei ihrer Verwandlung. Ihre Portraits von Lili erzeugen eine neue Aufmerksamkeit in der Kunstszene und die Beiden verlassen ihre Heimat, um in Paris zu leben. Jedoch ist nichts mehr wie es vorher war und Gerda muss schmerzhaft akzeptieren, dass Einar nicht mehr da ist. Trotz allem Kummer angesichts dieser Entwicklung akzeptiert Gerda die neue Situation und unterstützt Lili bei ihrer endgültigen Transformation.

In „The Danish Girl“ geht es natürlich primär um Identitätsfindung, jedoch wird hier auch ein starker Fokus auf die Liebesgeschichte zwischen Einar/Lili und Gerda gesetzt. Tom Hooper versucht die Geschichte mit allergrößter Sensibilität umzusetzen und eine komplexe Thematik einem Publikum begreiflich zu machen, das mit Transgender bislang nur wenige Berührungspunkte hatte. So etablieren Hooper und Coxon zunächst die sehr liebevolle Beziehung zwischen den Wegeners, die Redmayne und Vikander zart und glaubhaft verkaufen. Dabei scheuen sich die Akteure auch nicht vor sehr freizügigen und sinnlich-erotischen Liebesszenen, die wie der gesamte Film betont geschmackvoll und elegant von Hooper inszeniert sind. Frühzeitig werden wenig subtil Hinweise eingebaut, die Einars wahre Gesinnung andeuten: Er streift mit seiner Hand im Vorbeigehen über die Pelze in der Kostümabteilung der gemeinsamen Schauspielerfreundin Ulla (Amber Heard), legt sehr behutsam und nachdenklich eine Bluse seiner Frau zusammen. Als Gerda ihn bittet, für ihn als Ersatz Modell zu stehen, wofür er teilweise Frauenkleider anziehen muss, inszeniert Hooper die Situation etwas überzogen: Einar wird sichtlich eins mit den weichen Stoffen, seine Fingerspitzen gleiten langsam in Großaufnahme über den Saum eines Kleides und er beginnt immer schwerer zu atmen. Mit vielen, von Hooper gewohnten Großaufnahmen inszeniert der Brite zwar auf äußerst sinnliche Weise, doch solche orgastischen Momente wirken womöglich etwas überzogen in ihrer arg offensichtlichen Darstellung, um Einars Wandel zu portraitieren. Der Film steigert sich so nach und nach von Situation zu Situation. Als Einar sich auf einer Party als Lili ausgibt und prompt von einem fremden Mann (Ben Whishaw) auf sehr direkte Weise bezirzt wird, ist Einar noch hin- und hergerissen und verwirrt, lässt sich aber schließlich auf einen Kuss ein – der natürlich von Gerda im klassischen In Flagranti-Moment beobachtet wird. Redmayne verkörpert hier seinen inneren Konflikt mit größtem Gefühl und beachtenswerter Feinfühligkeit. In den folgenden Momenten versucht er normal als Ehemann Einar weiterzumachen, doch er kann sich immer weniger gegen sein wahres Ich wehren. In einer bemerkenswerten und erneut sich gerade an der Grenze zur Überspitzung und unfreiwilligen Komik bewegenden Szene rast er wieder in die Kostümabteilung des Theaters, entledigt sich vor einem Spiegel seiner Kleider, betrachtet sich, befühlt seine weiblichen Rundungen und... The Danish Girl SzenenbildNun, alles soll hier wirklich nicht verraten werden. Erinnerungen an Ed Woods Trash-Klassiker „Glen or Glenda“ können hier jedenfalls nicht ganz abgelegt werden.

Redmayne hat in der Vorbereitung (wie schon in „The Theory of Everything“) intensiv mit der Choreografin Alex Reynolds gearbeitet, um feminine Körpersprache genau zu studieren und zu verinnerlichen. Darüber hinaus traf sich der Schauspieler auch mit einigen transgender Menschen, u.a. mit seiner „Jupiter Ascending“ Regisseurin Lana Wachowski, um sich in seine Rolle so gut wie möglich hineinzufühlen. Dieses Engagement und die dahinter stehende persönliche Betroffenheit von Redmayne ist seiner Performance zu jeder Zeit anzusehen, Redmayne verschwindet regelrecht in seiner Rolle, wird eins mit Einar bzw. Lili. Seine Darstellung ist enorm lebendig, geprägt von bedeutungsvollen Blicken und sehr ausgeprägter Mimik und Gestik. Hilfreich ist natürlich auch, dass seine besonderen und durchaus als androgyn zu bezeichnenden Gesichtszüge eine glaubhafte Frau aus ihm machen. Es ist eine weitere großartige Transformation und sehr mutige Darstellung des jungen Briten, der mit großer Wahrscheinlichkeit seine zweite Oscar-Nominierung einfahren wird.

Man kann den Film sicher dafür kritisieren, dass er den inneren Prozess von Einar/Lili stark beschleunigt und vereinfachend darstellt. Der Film erweckt den Eindruck, dass Lili ganz plötzlich diese Tendenzen verspürt und durch die Berührung von Frauenkleidung regelrecht verzaubert wird. Das ist sicherlich ein Zugeständnis an die filmische, visuell orientierte Erzählform und auch an das Publikum, die so den inneren Prozess des Protagonisten leichter verstehen können. Ganz unkritisch ist diese Darstellung eines komplexen Sachverhalts deshalb jedoch nicht. Ansonsten geht Hooper wirklich mit großer Sensibilität ans Werk, sowohl in der Darstellung des Identitätswechsels und des inneren Kampfs als auch im Portrait einer ganz besonderen Ehe. Hier darf die wunderbare Alicia Vikander nicht unerwähnt bleiben, die so etwas wie die Heldin des Films ist. Von Beginn an ist die aktuell omnipräsente und enorm vielseitige Schwedin eine wunderschöne, strahlende und magnetische Präsenz. Auch ihr Part ist sehr herausfordernd und sie meistert ihre schwierige Rolle mit Bravour. Ihre Gerda muss akzeptieren, dass ihr Mann langsam vor ihren Augen verschwindet, doch statt schreiend vor allem wegzulaufen, bleibt sie stark und resolut, unterstützt ihren Mann gegen alle Widerstände, wie sie nur kann. Vikander spielt ihre Rolle mit größter Glaubwürdigkeit, ihre innere Zerrissenheit, Angst und Verzweiflung schimmert immer wieder durch ihre ausdrucksstarken Augen, doch letztlich versucht sie das Richtige zu tun, nämlich Lili bedingungslos loyal zu sein. Damit steht sie gewissermaßen genauso im Mittelpunkt wie auch Lili, ihre Seelenqual ist letztlich eigentlich das emotionale Herz des Films. Vikander ist eine durch und durch lebendige und anmutige Präsenz, sie wirkt in ihrer Rolle mühelos und völlig natürlich und stellt eher eine dreidimensionale Persönlichkeit dar als Redmayne, bei dessen Charakter man vielleicht nie völlig versteht, was ihn innerlich antreibt und in ihm vorgeht. The Danish Girl SzenenbildIn einem glorreichen Jahr für die 27-jährige Schwedin, in dem sie bereits brillante Darstellungen vor allem in „Ex Machina“ und „Testament of Youth“ präsentierte, aber auch in Guy Ritchies „Codename U.N.C.L.E.“ eine starke Figur machte, ist ihr hierfür ihre erste Oscar-Nominierung gewiss. Wer weiß, was noch alles in dieser bemerkenswerten Schauspielerin steckt.

Hervorgehoben werden muss auf jeden Fall Tom Hoopers Inszenierung. „The Danish Girl“ sieht absolut großartig aus, der visuelle Stil ist wie schon in seinen Vorgängerfilmen sehr auffällig. Immer wieder verwenden Hooper und sein Stammkameramann Danny Cohen extrem weitwinklige Objektive, die einen leicht verzerrten Blick erzeugen. Er verwendet ungewöhnliche Bildkompositionen, die oft den kleinen Mensch im großen Raum zeigen, häufig sind die Kompositionen auffällig symmetrisch und erinnern gelegentlich an Kubrick, der mit ähnlichen technischen Mitteln vorging. Die Ästhetik mit ihrer sehr natürlich wirkenden Lichtsetzung und sanfter Farbgebung gibt dem Film einen interessanten malerischen Stil, der wohl nicht zufällig an die Landschaftsmalerei von Wegener erinnert. Ausstattung und Kostüme von Hoopers gewohnter Crew sind auch hier tadellos und erzeugen einen fast schon zu gut gestalteten Film. Alexandre Desplat, der heutzutage in fast jedem Prestige-Film als Komponist fungiert, kreiert einen subtilen und klassischen Score, der sich der Feinfühligkeit der Inszenierung und der Thematik adäquat anpasst.

Keine Frage, „The Danish Girl“ behandelt ein sehr wichtiges Thema, das dieses Jahr wohl so stark im Zeitgeist angekommen ist wie nie zuvor. Das spürt man dem Film auch an, ein unterschwelliges Gefühl eigener Wichtigkeit, das einen kompletten Zugang zum Material leicht verhindert. Der Film steckt zweifelsohne voller tief empfundener Emotionen und hat das Herz am richtigen Fleck, doch eine völlige Hingabe scheint nicht so leicht möglich zu sein, eine gewisse Distanz bleibt letzten Endes. Dazu trägt vielleicht auch Hoopers sehr auffälliger und eigenwilliger Stil subtil bei. Redmayne verliert sich in seiner bemerkenswerten Rolle und macht seine Sache großartig, jedoch spürt man ihm auch das Gewicht seines persönlichen Bezugs zum Thema an. Nur Vikander steht mit ihrer wunderbar menschlichen Performance über aller Kritik und sorgt für den stärksten Eindruck, den dieser schwierige Film hinterlässt. Das klingt alles zugegebenermaßen nach Kritik auf hohem Niveau und das stimmt wohl auch. „The Danish Girl“ ist letztlich ein wichtiger und mutiger Film, der oberflächlich betrachtet einen fast makellosen Eindruck hinterlässt und zum Nachdenken anregen will, aber der es dem Zuschauer unterbewusst auch schwer macht, eine echte emotionale Verbindung aufzubauen. Hierfür fehlt es an Unmittelbarkeit und „The Danish Girl“ ist damit ein Film, der einfacher zu bewundern als zu lieben ist.

Fazit:
„The Danish Girl“ ist ein wichtiger und komplexer Prestige-Film, der mit seiner Transgender-Thematik genau zur richtigen Zeit erscheint. Im Zentrum stehen eine weitere grandiose Transformation von Eddie Redmayne und eine bravouröse Darstellung von Alicia Vikander, die beide in Richtung Oscar-Nominierung steuern. Tom Hoopers elegant und auffällig visualisierter Film ist letztlich allerdings eher intellektuell anregend als emotional zugänglich.
by Florian Hoffmann

Bilder © Universal Pictures Intl.