Filmkritik Sucker Punch (3D)
Filmwertung: |
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| 3/10 |
Dass die Filme von Zack Snyder, in allem was sie machen, immer mehr oder weniger over-the-top sind, dürfte mittlerweile hinlänglich bekannt sein. Egal ob es sich um wildgewordene Zombiehorden, wie im Remake des Romero Klassikers „Dawn of the Dead“, oder um muskelbepackte Spartiaten wie in der Comicadaption „300“ handelt; Snyder gefällt sich in der Rolle des Exzentrikers, der besonders im visuellen Bereich versucht hat, stets noch eine Schippe draufzulegen, um der jeweiligen Vorlage seinen eigenen Stempel aufzudrücken. Geschadet hat es den Filmen nicht. Ganz im Gegenteil: das stilistische Gespür des ehemaligen Werberegisseurs für die Einbindung modernster Computereffekte verhalf den unterschiedlichen Geschichten zu einer adäquaten Umsetzung auf die große Leinwand. Mit „Sucker Punch“ wagt sich Snyder nun zum ersten Mal mit einer eigenen Idee ins Kino und verhebt sich an dieser spektakulär.
Die Eröffnungssequenz (eine der wenigen gelungenen Szenen des Films) führt uns in die 50er Jahre und präsentiert die Geschichte der 20jährigen Baby Doll (Emily Browning), die bei einem Versuch, ihren tyrannischen Stiefvater zu töten, versehentlich ihre jüngere Schwester erschießt. Das Mädchen landet daraufhin in einer angsteinflößenden Nervenheilanstalt, wo sie mit Hilfe einer Lobotomie ein für allemal ruhig gestellt werden soll. Eingefädelt hat der Stiefvater diesen Deal mit Hilfe des perversen Wärters Blue Jones (Oscar Isaac). An dieser Stelle flüchtet sich Baby Doll in eine Fantasiewelt, in der sie sich plötzlich nicht mehr in einer Anstalt, sondern einer Art Edelbordell gefangen sieht, das von eben jenem Blue Jones geleitet wird. Zusammen mit den vier weiteren Mädchen Sweet Pea (Abbie Cornish), Rocket (Jena Malone), Blondie (Vanessa Hudgens) und Amber (Jamie Chung) plant Baby Doll die Flucht. Auf der Jagd nach den dafür notwendigen Gegenständen verschlägt es die Mädchen von Zeit zu Zeit in eine noch abstrusere Traumwelt, in der sie sich mit Riesensamurais, mechanischen Nazischergen, wilden Orks und tödlichen Robotern konfrontiert sehen. Zum Glück steht den leichtbekleideten Damen ein grenzenloses Arsenal an Waffen zur Verfügung, mit denen sie sich gegen die Horden von Gegnern zur Wehr setzen können.
Man könnte „Sucker Punch“ nun so vieles Vorwerfen: die flachen Dialoge, die auf prätentiöse Weise verschachtelte Story, die völlig überladene Musikuntermalung... All dies wäre jedoch hinfällig oder wenigstens zu verschmerzen, wenn zumindest die zahlreichen Action-Sequenzen spannend und innovativ inszeniert wären. Dem ist leider nicht so. Stattdessen bombardiert Snyder das Publikum mit allen möglichen Bösewichten, die man in den letzten Jahren im Kino oder wahlweise Computerspiel erblicken konnte und lässt diese in scheinbar unendlichen Zeitlupensequenzen von fleischgewordenen Gummipuppen zerhexeln. Schon nach dem ersten Viertel des Films wirkt dies mehr als repetitiv, auch wenn die visuellen Effekte wie immer sehenswert sind. Zugegeben, vor etwa fünf Jahren hat genau dieses Konzept mit 300 halbnackten Männern durchaus gut funktioniert. Jedoch besitzt Frank Millers Comicvorlage und besonders deren Umsetzung ein gesundes Maß an Selbstironie, eine Eigenschaft, die Snyders „Sucker Punch“ völlig abgeht. Die Geschichte ist maximal für ein oder zwei Schmunzler gut, ansonsten nimmt sich der Film unpassend ernst. Auf der anderen Seite lässt die mangelnde Figurenentwicklung auch nur wenige Sympathien für die vom Schicksal gebeutelten Mädchen beim Zuschauer entstehen, so dass die Pseudo-Message der starken Frauen, die sich in einer männlich dominierten Welt zur Wehr setzen müssen, beim Publikum ins Leere läuft. Wer dennoch behaupten möchte, man müsse dem neuen Autorenfilmer Snyder zumindest für seinen Mut Respekt zollen, einmal das weibliche Geschlecht in den Vordergrund eines Rachestreifens zu stellen, der sei hier nur kurz an Tarantinos „Kill Bill“ erinnert. Auch hier wimmelt es von starken Frauenfiguren und im Gegensatz zu „Sucker Punch“ steht man ihren Schicksalen nicht emotionslos gegenüber.
Überspitzt betrachtet, könnte man sich fragen, ob es sich bei „Sucker Punch“ überhaupt noch um einen Film handelt. Die Struktur und die komplette Ästhetik des Werks erinnern viel mehr an ein Videospiel, bei dem es gilt, sich durch Scharen von Gegnern zu metzeln, um den Schatz am Ende des Levels zu bergen. Aber was ist schon langweiliger als ein Computerspiel, bei dem man nicht selbst Hand anlegen darf?
by Thomas Zimmer