Filmkritik Straight Outta Compton
Filmwertung: |
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| 9/10 |
Der Film über die Mitglieder der Gangsta-Rap-Crew N.W.A (Niggaz Wit Attitudes) wird von vielen Fans mit Sehnsucht erwartet. Denn die legendäre Crew der Stadt Compton (südlich von Los Angeles gelegen) war Wegbereiter für eine neue Musikrichtung. Doch kann der Film „Straight Outta Compton“ an die Qualität der Musik heranreichen?

Der Film vom erfahrenen Regisseur F. Gary Gray (Gesetz der Rache, Be Cool, The Italian Job) behandelt das Leben von den Musikern Dr. Dre (Corey Hawkins), Ice Cube (O'Shea Jackson Jr.), MC Ren (Aldis Hodge), Eazy-E (Jason Mitchell) und DJ Yella (Neil Brown Jr.), Diese hochtalentierte Gruppe aus der Kriminalitätshochburg Compton wurde weltbekannt. Denn dank des hohen Talents aller Beteiligten gelang dem Quintett 1988 mit der legendären Platte „Straight Outta Compton“ der internationale Durchbruch und die Begründung der Musikrichtung Gangsta-Rap. Deshalb wurde der Name der Platte auch der Name des Filmes. Doch innerhalb der Gruppe gab es einige Unstimmigkeiten, zu denen der windige Manager Jerry Heller (Paul Giamatti) seinen Teil beitrug. Außerdem sind auch Polizei und FBI hinter N.W.A her. Können sich die fünf auf ihre Musik konzentrieren?
Die Geschichte ist hervorragend umgesetzt. Von Beginn bis Ende weiß das epische Werk zu fesseln und zu packen. Das ist schon deshalb bemerkenswert, weil der Film eine Länge von knapp zweieinhalb Stunden hat. Aber durch diese epische Laufzeit und der guten, stringenten Aufbereitung der Storyline bekommen die Figuren eine große Tiefe. Weil sich Gray Zeit nimmt, werden die Motive und Handlungen der Charaktere nachvollziehbar erklärt. Das steigert das Identifikationspotenzial des Zuschauers mit den Figuren, weshalb „Straight Outta Compton“ noch zusätzlich an Fahrt gewinnt und bewegend, unterhaltsam und kurzweilig ist. Die frische Erzählweise des „American Dream“ ist angenehm. Zudem erfahren die Zuschauer mehr über die Dynamik der Gruppe und was sich hinter den Kulissen der Welterfolge tat.

Des Weiteren überzeugt der Film durch seine Authentizität. Denn er wurde unter anderem an Originalschauplätzen in Compton gedreht. Die heruntergekommenen, von Gangs und Drogendealern beherrschten Straßen geben ein erschütterndes Bild ab und generieren damit viel Stimmung für dieses intensive Filmerlebnis.
Grandios ist auch die bahnbrechende, atmosphärische Musikuntermalung, die „Straight Outta Compton“ trägt und für viele eingängige Momente sorgt. Vor allem die Szenen im Studio mit herrlichen Gastauftritten bekannter Hip-Hop-Stars und die exzellent eingefangenen Konzerte wissen zu beeindrucken. Selbiges gilt für die realistischen Kostüme, die Frisuren und das Make-up. Mit Erleichterung darf auch festgestellt werden, dass die Synchronisation angemessen kernig und gut gelungen ist. Die Musik-Szenen sind liegen dabei im Originalton vor.
Es gibt aber auch ein paar kleinere Schwächen, die den einen oder anderen stören könnten. Die Darstellung der Polizei ist durchgehend ausgesprochen negativ. Sie sind die eigentlichen Gangster des Filmes. Zum anderen sind Frauen nur schmückendes, gut aussehendes Beiwerk – wie aus Rap-Videos bekannt. Auch die ruckelnde Kameraführung stört einige Male. Zudem werden die N.W.A-Mitglieder heroisiert. Gerade letzteres ist aber wenig überraschend. Denn Dr. Dre und Ice Cube produzieren den Film, Ice Cubes Sohn spielt seinen Vater, und mit Gray wurde ein Regisseur ausgewählt, der mit beiden N.W.A-Mitgliedern schon je einen gemeinsamen Film gedreht hat.
Bei der Auswahl der Schauspieler haben die Verantwortlichen Mut bewiesen und sind ein großes Risiko eingegangen.

Denn alle Hauptdarsteller sind unbekannt, einige sogar völlige Newcomer. Doch sie überzeugen allesamt. O'Shea Jackson Jr. spielt Ice Cube, der im wahren Leben sein Vater ist, und dem er unverkennbar ähnlich sieht, weshalb er die selbe Attitüde besitzt und seinen Vater hervorragend zu verkörpern weiß. Corey Hawkins (Non-Stop, Before the War – Allegiance, Kong: Skull Island) spielt den jungen Dr. Dre sehr gut, Jason Mitchell (Contraband, Dragon Eyes) verkörpert Eazy-E mit einer starken Performance, Neil Brown Jr. (World Invasion: Battle Los Angeles, The Fighters, Fast & Furious 4) ist ein glaubhafter DJ Yella und Aldis Hodge (The East, Stirb langsam 5, Leverage) spielt MC Ren gut. Der einzige Star - Paul Giamatti (Sideways, Das Comeback, Barney’s Version) – zeigt erwartungsgemäß die reifste, weil vielschichtigste Leistung.
Fazit: Klasse, herausragender, spannender Musikfilm, der schon jetzt als Kult angesehen werden darf und qualitativ sogar noch hochwertiger als Genre-Größen wie „8 Mile“, „Get Rich or Die Tryin'“ und „Notorious B.I.G.“ daherkommt. Musik, Spannung, Unterhaltung und Coolness sind auf höchstem Level. Sehr zu empfehlen!
by Stefan Bröhl
Bilder © Universal Pictures Intl.