Silvi

Silvi (2013), Deutschland
Laufzeit: - FSK: 16 - Genre: Komödie / Drama
Kinostart Deutschland: - Verleih: Bildkraft

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Silvi Filmplakat -> zur Filmkritik

erhältlich auf 4K UHD, Blu-ray und DVD

Inhalt

"Ich kenne jede Falte an dir. Das ist doch ein Alptraum!" Silvi wird von ihrem Mann verlassen und damit ist ihre langjährige Ehe gescheitert. Die 47jährige steht plötzlich an einem Wendepunkt. Getrieben von innerer Sehnsucht entscheidet sich Silvi für einen Neuanfang und mit einer Mischung aus Entschlossenheit und Naivität packt sie ihr neues Leben an. Anonymer Sex, Zärtlichkeit im Dunkeln und aberwitzige Männer spülen sie in ein emotionales Chaos aus Liebe, Lust und Grenzerfahrung. Die Suche nach einem neuen Partner wird zu einer echten Herausforderung, aber die olle Sehnsucht lässt sich zum Glück nicht ausbremsen....

Lina Wendel, Thorsten Merten und Harald Polzin | mehr Cast & Crew


Silvi - Trailer


SILVI - Trailer Deutsch


DVD und Blu-ray | Silvi

DVD
Silvi Silvi
DVD Start:
01.09.2014
FSK: 16 - Laufzeit: 97 min.

Filmkritik Silvi

Filmwertung: | 7/10


Wenn man die Inhaltsnotiz zum Film "Silvi" hört, dass eben bei dieser 47-jährigen Frau die langjährige Ehe scheitert, weil ihr Mann sie verlässt und dann der Hinweis folgt, dieser Film sei nach einer wahren Begebenheit, möchte man den Regisseur glatt mit einer gehörigen Portion Zynismus fragen, wo er denn diesen seltenen Fall ausfindig gemacht hat. Die hohen statistischen Zahlen von Ehescheidungen sind natürlich allgemein bekannt. Vielleicht weniger bekannt dürfte sein, was Partnersuchenden dieses Alters alles so beim Dating widerfährt. Genau diesen realistischen Einblick gewährt uns nun Regisseur Nico Sommer mit seiner Tragikomödie "Silvi".

Nach einer letzten gemeinsamen Fahrt durch die Autowaschanlage erfährt die 47-jährige Silvi (Lina Wendel), dass ihr Ehemann Michael (Thorsten Merten) die Trennung will. Es folgt der vielsagende Ausspruch Michaels "Ich kenne jede Falte an dir. Das ist doch ein Albtraum!". Silvi reagiert zunächst geschockt, entschließt sich dann aber für einen kompletten Neuanfang und wirft sich mit vollem Elan in das Abenteuer der modernen Partnersuche. Auf ihrer Suche begegnen ihr verschiedenste Männer, die ihr verdeutlichen, dass es ein weiter Weg bis zu einer neuen romantischen Liebe ist. In einem ständigen Wechsel humorvoller und tragischer Grundstimmung begleiten wir Silvi bei ihrer zwischenmenschlichen Odyssee.

Der 1983 in Berlin geborene und aufgewachsene Regisseur Nico Sommer realisierte "Silvi" komplett ohne Filmförderung, was ihm einerseits eine große kreative Gestaltungsfreiheit gab, ihn andererseits aber auch aufgrund des fehlenden finanziellen Rückhaltes vor Probleme stellte. Lina Wendel war für ihn die Wunschbesetzung für die Titelfigur, da die beiden sich bereits früher in Kassel über ein studentisches Filmprojekt kennengelernt hatten. Sommer entschied sich für die Einbettung von Interviews in seinen Film, was ein zügiges Eintauchen in das Innenleben der Figur evoziert und dem Zuschauer das Gefühl von Divergenz in der Anregung zum Nachdenken und der Herstellung von Nähe und Empathie gibt. Durch die Interviewpassagen erhält der Film einen dokumentarischen Touch und lässt den Zuschauer gerade bei dem Thema wohl zwangsläufig an eine 37°-Reportage des ZDF denken. Wichtig war Sommer die generelle Verortung seiner in Berlin gedrehten Geschichte in einer Großstadt, weil gerade dort heutzutage jeder Fünfte alleine lebt. Unverkennbar aber steckt Berlin in seinen Figuren und nicht zuletzt deshalb wurde "Silvi" bei dem auf regionale Produktionen fokussierten Achtung Berlin Film Award als "Bester Spielfilm" ausgezeichnet.

Für Nico Sommer steht die Flucht vor der Einsamkeit und das Sehnsuchtsempfinden von Silvi im Vordergrund der filmischen Erzählung. Als sich Silvis Mann von ihr trennt, steigt er vom Fahrersitz des gemeinsamen Autos aus und überlässt ihr damit, wie sinnbildlich das Steuer für ihr weiteres Leben. Seit frühester Jugend war Silvi mit ihrem Mann zusammen, und obwohl die Leidenschaft längst der Routine wich, hat die Ehe ihrem Leben doch noch Halt gegeben. Nun ist sie zu einem Neuanfang gezwungen und will etwas Prickelndes erleben, weshalb sie sich auf die modernen Pfade der Partnersuche begibt. Was Silvi dort erlebt, versteht Sommer mit äußerster Authentizität und Skurrilität zu inszenieren, wobei seine Protagonisten auch genügend Freiräume für Improvisationen hatten. Ihre realistischen Erlebnisse beim Dating regen zum Schmunzeln an, machen den Betrachter aber zunehmend nachdenklich, bis hin zur Bestätigung des Klischees, dass Singles dieses Alters wohl häufig nicht grundlos welche sind. Angefangen von einem sexbesessenen Egoisten, der Silvi natürlich nicht seine Festnetznummer geben kann, weil er ja eine Ehefrau zu Hause hat, bis hin zu einem romantisch veranlagten Südländer, der dann aber zunehmend seine Affinität zu Koks und Sado-Maso-Spielen entfaltet. Diese Fälle führen Silvi recht schnell zu kleinen Desillusionierungen. Anders gestaltet es sich jedoch, als sie auf einen kreuzbraven in Trennung lebenden Familienvater trifft und nun ihr Märchenschloss in Form einer heilen Welt im Einfamilienhaus mit Familiengefühl in greifbarer Nähe wähnt. Hier bringt Sommer seine Titelheldin auf eine Fallhöhe, die den Zuschauer jede Sekunde mitzittern lässt, dass diese Bekanntschaft sich bitte nicht als Gestörter herausstellen mag. Der Inszenierung gelingt es hier, die Luft zwischen den beiden zum Schneiden dick zu machen und als auch dieser Mann sie letztlich bittet, ihn in den Schrank zu sperren, möchte man die Tränen der Enttäuschung mit Silvi mitweinen.

Regisseur Nico Sommer hat mit seinem Porträt von "Silvi" mit geringsten Mitteln einen überaus mitfühlenden und intensiven Film geschaffen, bei dem sich manch teure Produktion vor Scham wegdrehen müsste. Nicht zuletzt dank der herausragenden Hauptdarstellerin darf man Nico Sommer schon jetzt attestieren, in den Spuren von Andreas Dresen zu wandeln.
by André Scheede

Bilder © Bildkraft