Filmkritik Sherlock Holmes
Filmwertung: |
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| 7/10 |
Wie lange hat man auf einen Regisseur gewartet, der sich an diese alte, britische Geschichte heranwagt und sie von den schwarz-weiß Filmen vergangener Jahrzehnte direkt in das neue Jahrtausend bringt? Dass es am Ende Guy Ritchie sein würde, hat vermutlich kaum jemand vor wenigen Jahren gedacht, doch er beweist in diesem Film, warum er zurecht u.a. „kleinere Version“ von
Quentin Tarantino gehandelt wird.
So gilt es ihm in erster Linie erst einmal Dank' auszusprechen, denn bei einem derartig historischen Stoff, auf dem die Verfilmung „Sherlock Holmes“ beruht, kann man sich schon an einigen Stellen die Finger verbrennen, denn durch die jahrelange Konfrontation mit dieser Person haben sich wohl bei jedem aufmerksamen Menschen gewisse Eindrücke und Assoziationen eingeschlichen. Steht Sherlock Holmes für den einen sinnbildlich für die perfekte Gabe der Kombinationsfähigkeit, ist er für den anderen einfach nur der vielleicht klügste und sympathischste Engländer von Allen. Doch eins kann man garantieren: dieser Film sprengt die Ketten der „Vorurteile“ und alten Stummfilm-Bilder eines
Sherlock Holmes, wofür sowohl Guy Ritchie („Snatch“) als auch sein überragender Hauptdarsteller verantwortlich sind.
So sind wir direkt bei den zwei wichtigsten Komponenten, die diesen Film zu einem durchaus gelungenen Abenteuer machen, denn ist da zum einen ein Regisseur, der in den ersten Minuten das Bild eines verdreckten und durch die Industrialisierung heruntergekommen Londons zeichnet und dies bis zur letzten Szene des Films konsequent weiterführt. Allein durch diese sehr düstere und schmutzige Bildsprache fühlt man sich nicht in ein extra gebautes und auf „hässlich“ getrimmtes Set wieder, sondern es entsteht der Eindruck von Realismus, sprich der aufkeimenden Vorstellung, dass es so wirklich früher in London hätte aussehen können. Das gibt dem ganzen Film eine derartig atmosphärische Note, dass man sich direkt von Beginn an nur zu gerne auf das Kommende einlässt und gespannt ist ob der Dinge, die einen erwarten.
Der zweite große Pluspunkt ist, wie eben angeklungen, der Hauptdarsteller
Robert Downey Jr. („
Iron Man“), der es schafft zu den vielen Visionen, die man direkt beim Erklingen des Namens „Sherlock Holmes“ im Kopf hat, dem Ganzen noch eine sehr coole und äußerst stilvolle Ader zu geben, sodass der Charakter wirklich greifbar wird. Man merkt in vielen Momenten wie genial er ist, doch sind diese Szenen immer wieder unterbrochen durch eine sehr menschliche und nahe Darstellung seiner Figur, sodass man jederzeit das Gefühl hat, dass dort ein wirklicher Mensch agiert und nicht einfach ein Abziehbild aus der Romanvorlage. Er ist eben nicht nur der britische Meister-Spürhund, sondern hat seine Macken und die machen diese Rolle erst zu einer derartig überzeugenden. Hierbei gilt Robert Downey Jr. höchstes Lob ausgesprochen, denn den gesamten Facettenreichtum aufzubringen und so spielerisch darzustellen, dazu gehört schon einiges an Talent.
Leider kann man gleiches nicht über die restlichen Darsteller sagen, denn scheint ein
Jude Law („Liebe braucht keine Ferien“) in seiner Rolle als Dr.Watson leider immer wieder ein Schatten der Holmes'schen Übermacht zu sein und verkommt zusehens zu einer Randfigur, die nicht wirklich viel zum Geschehen beiträgt. Natürlich ist er auch „nur“ der Gehilfe, aber dennoch hätte ein anderer Schauspieler möglicherweise mehr aus der Rolle herausholen können. Gleiches gilt auch für den weiblichen Gegenpart, den z.B. eine Keira Knightley allein von der Mimik und schauspielerischem Talent her mehr hätte geben können als die steif-wirkende
Rachel McAdams („Hot Chick“).
Auch der Bösewicht kann in diesem Film nicht überzeugen, denn ist er zum einen kaum im Film vorhanden, sind seine Szenen auf derartige Standard-Floskeln und Handlungen begrenzt, dass einem zu kaum einem Zeitpunkt wirklich Angst um das Schicksal der Helden wird.
Möglicherweise ist dies auch in den leider nur mittelmäßigen Dialogen begründet, die zwar gehobenes Niveau erreichen, wenn es um die normale Gesprächskultur geht, jedoch ist der Spass und Gag-Faktor doch relativ niedrig und nahezu nicht vorhanden. Dies ist schade, denn versteht sich „Sherlock Holmes“ doch selbst weniger als einer der vielen bitter-ernsten Krimis, sondern versucht mit stellenweiser Situationskomik die schwierige und träge Handlung aufzulockern. Hier hätte man sich mehr Konsequenz gewünscht, denn ein paar ordentliche Lacher hätten dem Film nicht geschadet und sogar noch mehr Charme versprüht.
So bleibt am Ende allerdings ein überdurchschnittlich guter Film, der durch seine Optik und seinen Hauptdarsteller zu glänzen weiß und allein an dieser Tatsache ist eine Empfehlung bereits festzumachen. Allerdings sollte man sich auch darüber im Klaren sein, dass dieser Film das Rad nicht neu erfindet, sondern lediglich benutzt um von A nach B zu kommen.
by Sven Hensel