Filmwertung: |
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Die 87. Oscarverleihung rückt von Tag zu Tag näher und mit ins Rennen geschickt wurde ein Film, der vor allzu langer Zeit überhaupt nicht denkbar gewesen wäre. Denn die Handlung von „Selma“ ist vor knapp 50 Jahren genauso in Alabama, einem US-Amerikanischen Staat, passiert und eine der prägendsten Vorfälle in der Geschichte des Landes, wenn nicht sogar der Welt.

Ava DuVernay („Middle Of Nowhere“) lässt eine Legende wieder auf erleben und widmet sich dieser, wie es zuvor noch nicht getan wurde. In dem mehrfach ausgezeichneten Film wird der Pastor Dr. Martin Luther King (David Oyelowo, „Der Butler“) zum Sprachrohr einer ganzen Nation. Nach rassistischen Vorfällen und dem immer noch verweigerten Wahlrecht für Schwarze findet sich eine kleine Gruppe an Menschen zu friedlichen Demonstrationen in Alabama zusammen. King leitet die Bewegung und muss schwere Rückschläge verkraften. Doch dank seines starken Willens und Durchhaltevermögens schreibt er Geschichte.
Ob einer der einflussreichsten Frauen der Vereinigten Staaten - Oprah Winfrey - als Produzentin oder die allgemeine, sensible Thematik: „Selma“ hat keinen dieser Boni nötig, um ein gefeiertes Drama zu werden, sondern ist durch und durch ein sensationeller Film in all seinen Facetten. DuVernay erschafft ein Meisterwerk, dass alle Gefühle gleichermaßen authentisch gestalten und vermitteln kann. Ob Verzweiflung, Trauer, Stolz oder pure Freude: Die Biographie des Mannes, der grundlegend für das Abschaffen der Rassentrennung verantwortlich ist, trifft mitten ins Herz von Beteiligten und Unbeteiligten. Das mit eingeschnittene Archivmaterial tut ihr Übriges. Außerdem veröffentlicht die Regisseurin grausame Fakten, die zwar keine Geheimnisse, aber der Mehrheit der Öffentlichkeit gar nicht so klar gewesen sind. So wird eine Geschichte, die man zu glauben kennt, zu einer Neuen. Das goldrichtige Händchen fürs Script beweist Paul Webb.

Er hat die Dialoge und Reden Kings mit einer mitreißenden und intensiven Euphorie entwickelt, dass niemandem eine Gänsehaut entgehen wird. Dass das nur die halbe Miete ist, wussten auch die Produzenten, und besetzten die Rollen bis in die Haarspitzen brillant. Dass Hauptdarsteller Oyelowo nicht für einen Academy Award nominiert wurde, liegt sehr wahrscheinlich an der staken Konkurrenz, aber niemals an seiner Leistung. Ähnliches gilt für Tim Wilkinson („Grand Budapest Hotel“), der Präsident Lyndon B. Johnson einschüchternd gut mimt. Einer Nominierung als bester Nebendarsteller wird er nur knapp entgangen sein. Für die Rolle des früheren Gouverneurs von Alabama, George Wallace, wurde Tim Roth („Grace Of Monaco“) besetzt. Seine Beteiligung an dem Streifen ermöglicht dem Zuschauer einen Hass zu entwickeln, der Wallace zum Antagonisten macht. Auch die weiblichen Darsteller haben es in sich. Carmen Ejogo stellt Coretta Scott King dar, die sie auch schon für den TV-Film „Boykott“ verinnerlichen durfte. Oprah Winfrey ließ es sich ebenso wenig nehmen, an dem Projekt mitzuwirken und Lorraine Touissaint („Orange Is The New Black“) wird als Amelia Boynton gekonnt zu einem Schlüsselcharakter.
Abschließend lässt sich sagen, dass „Selma“ rundum ein gelungenes Stück Filmgeschichte ist. Dieser sehr intelligente Film begeistert auch Menschen ohne historisches Wissen oder Interesse. Ava DuVernay sowie die Darsteller kitzeln die Emotionen in einem gleichermaßen heraus und berühren ganz Tief im Inneren. 10 Punkte für diese Glanzleistung.
by Jennifer Mazzero