Filmkritik Percy Jackson: Im Bann des Zyklopen
Filmwertung: |
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| 7/10 |
„Percy Jackson – Im Bann des Zyklopen“ ist die Fortsetzung des Films „Percy Jackson – Diebe im Olymp“ (2010) und somit die zweite Adaption der fünfbändigen US-Jugendbuchreihe von Rick Riordan. Die Reihe mixt griechische Mythologie mit einer zeitgenössischen Coming-of-Age-Story; im Zentrum steht der junge Percy, der eines Tages erfährt, dass die griechische Götterwelt tatsächlich existiert – und dass er der Sohn des Meeresgottes Poseidon ist. Im zweiten Teil wird nun das Camp, in welchem Percy und die anderen Halbgötter trainiert werden, von einem mechanischen, feuerspeienden Stier angegriffen. Der Schutzwall, der das Camp umgibt, wird dabei beschädigt. Percy begibt sich mit Annabeth (der Tochter von Weisheitsgöttin Athene), dem Satyr Grover sowie dem Zyklopen Tyson – seinem bislang unbekannten Halbbruder! – auf eine Reise, um das rettende Goldene Vlies zu finden.
Zu Beginn (nach einem düsteren Prolog) sowie im Showdown ist „Percy Jackson – Im Bann des Zyklopen“ ein Teenage-Fantasy-Adventure ganz im Stil der frühen „Harry Potter“-Filme: Bei den Wettkämpfen im Halbgötter-Camp kommt man kaum umhin, an die Zauberschüler aus Hogwarts zu denken (obgleich das Bemühen, das Treiben durch fetzige Pop-Musik möglichst zeitgeistig zu gestalten, durchaus spürbar ist) – und auch die finale Rettungsaktion, die sich in der Höhle eines missgelaunten Zyklopen abspielt, sowie das Erwachen und die Bekämpfung des Titanen-Anführers Kronos in der Kulisse eines verlassenen Vergnügungsparks erinnern an Look und Feel der ersten Joanne-K.-Rowling-Adaptionen.
Die computergenerierten Bilder können nicht immer überzeugen; in seinen misslungensten Momenten weist der Film gar eine unschöne Game-Ästhetik auf. Überdies ist der 3D-Einsatz (wieder einmal) weitgehend eine Enttäuschung. Etwas absolut Bestechendes hat hingegen die Animationssequenz, in welcher dem Zuschauer die Kronos-Geschichte in Bleiglas-Optik präsentiert wird.
Die originellsten Passagen des Werks finden sich im Mittelteil, der im städtischen Raum – in Washington, D.C. – angesiedelt ist. Hier zeigt der Regisseur Thor Freudenthal auf humorvolle Weise, dass viele Götter und Halbgötter mitten unter uns weilen und z.B. in einem UPS Store oder in einem Kaffeehaus übernatürliche Dienstleistungen erbringen. In solchen Sequenzen erreicht das Sequel die Qualität der ersten „Percy Jackson“-Verfilmung, welche im Wesentlichen aus einem mit fantastischen Elementen unterfütterten Road Trip durch die USA bestand. Der Mittelteil in Urban-Fantasy-Manier wird zudem von zwei sehenswerten Situationen flankiert: zum einen von einer Chaos-Fahrt vom Camp in die US-Metropole im Taxi von drei (nahezu) augenlosen Moiren; zum anderen von einem Ritt aufs offene Meer auf einem Hippocampus – einem Wesen, das halb Pferd, halb Fisch ist.
Treffend kann man über „Percy Jackson – Im Bann des Zyklopen“ vermutlich nur in der Ich-Form schreiben. Mein 12-jähriges Ich hätte den Film sehr gemocht: Percy ist eine identifikationstaugliche Figur; die Anspielungen auf griechische Mythen bereiten Vergnügen – und viele Ideen (Wellenreiten ohne Board!
Kugelschreiber, Packband-Abroller und Thermoskannen mit ungeahnten, attraktiven Zusatzfunktionen!) sorgen für Kurzweil. Meinem heutigen, schon mehr als doppelt so alten Ich kommt manches indes recht albern und/oder hektisch vor: Dass Percy zu Beginn als Underdog mit Selbstzweifeln dargestellt wird, erscheint unmotiviert (immerhin hat er im ersten Teil doch einen Krieg der Götter verhindert!); die mythologischen Bezüge muten oberflächlich an (in einigen Fällen gar wie bloßes Namedropping); und all die Gadgets, Nebenschauplätze und abrupt eingeleiteten Action-Sequenzen drängen den Main Plot zu oft an den Rand.
Da nun mein 12-jähriges Ich eher der Zielgruppe entspricht als mein heutiges Ich, kann man den Machern aus diesen Punkten wohl keinen Vorwurf machen. Schwerer wiegt jedoch die Tatsache, dass es dem Werk an Mut zur Skurrilität mangelt. Die „Harry Potter“-Verfilmungen haben demonstriert, dass auch ein Produkt der Unterhaltungsindustrie Raum für allerlei Abseitiges bieten kann – und sich dies erstaunlich gut mit dem Effektkino-Bombast kombinieren lässt. „Percy Jackson – Im Bann des Zyklopen“ ist leider deutlich konventioneller. An erfreulich Eigenwilligem ist neben der Moiren-Passage nur noch das Verhalten von Wein-Gott und Camp-Leiter Dyonisius zu nennen.
Logan Lerman kann sein Spieltalent hier – als Titelheld – weniger entfalten, als ihm dies in der Dramedy „Vielleicht lieber morgen“ (OT: „The Perks of Being a Wallflower“) gelang; dennoch agiert er, wie auch sein Co-Star Brandon T. Jackson (als Grover), grundsolide. Während Alexandra Daddario (als Annabeth) abermals blass bleibt, stellen die Neuzugänge unter den Kids – Douglas Smith als Zyklopen-Tollpatsch Tyson und Leven Rambin als ehrgeizige Ares-Tochter Clarisse – eine wertvolle Bereicherung dar. Da Regie und Drehbuch weder an der Schurkenfigur Luke noch an den Erwachsenenrollen großes Interesse zeigen, sind die Darsteller dieser Charaktere bedauerlicherweise ziemlich unterfordert – wenngleich Stanley Tucci (als Dyonisius) und Nathan Fillion (als Hermes) die witzigsten Sprüche des Films vorbehalten sind.
Fazit: Ein unterhaltsames Spektakel, das auf das jugendliche Publikum zugeschnitten ist. Das Werk bietet Schauwerte sowie sympathische Helden und Interpreten; seine interessantesten Momente hat es als Urban Fantasy im zweiten Drittel. Äußerst schade ist allerdings, dass auf unkonventionelle Elemente überwiegend verzichtet wird.
by Andreas Köhnemann
Bilder © 20th Century Fox