Filmwertung: |
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In „Papillon“ bringt der dänische Regisseur Michael Noer ein Gefangenenepos und zugleich das Remake eines alten Klassikers auf die Leinwand.
Die Handlung von „Papillon“ zieht sich über viele Jahre hinweg und beleuchtet das Leben des französischen Häftlings Henri Charrière, gespielt von Charlie Hunnam („King Arthur“, „
Sons of Anarchy“, „Lost City of Z“), der wegen seines auf die Brust tätowierten Schmetterlings „Papillon“ genannt wird. Anfang der 1930 Jahre wird er zusammen mit hunderten anderen Gefangenen in die Strafkolonie St. Laurent in Französisch-Guayana abtransportiert, wo sie zunächst ihre Haftstrafe abbüßen und dann dort in Verbannung bleiben sollen. Papillon selbst hat wegen eines Mordes, den er abstreitet, eine lebenslange Haft vor sich, denkt aber nicht daran, dort für immer seine Strafe abzusitzen. Während der Überfahrt nach Südamerika freundet er sich mit dem schrulligen Brillenträger und Fälscher Louis Dega (verkörpert von Rami Malek, demnächst im Kino als Freddie Mercury in „Bohemian Rhapsody“ zu sehen) an, der Geld bei sich versteckt hält. Papillon verpflichtet sich zu Degas Beschützer, dieser hingegen kann Papillons Fluchtversuche finanzieren. Die beiden ungleichen Freunde werden im Gefangenenlager gebracht, wo regelmäßige Todesfälle und Enthauptungen an der Tagesordnung sind. Über den Mithäftling Clusiot erfahren Papillon und Dega von einer Fluchtmöglichkeit. Papillon kauft jemandem ein Boot ab und kann zunächst flüchten, wird bei der Rückgabe des Boots im Dschungel jedoch wieder festgenommen und für Jahre in Einzelhaft verfrachtet, wo er beinahe verhungert. Damit beginnt eine regelrechte Odyssee ausgelöst durch mehrere Fluchtversuche, die Papillon und Dega immer wieder in Gefahr für längere Zeit voneinander trennen wird.
Papillon (Charlie Hunnam) und Louis Dega (Rami Malek). © Constantin Film Verleih GmbH
„Papillon“ dürfte Kinofans schon ein Begriff sein, denn die Geschichte wurde schon einmal 1973 verfilmt – mit dem großen Dustin Hoffman und dem legendären Steve McQueen in den Hauptrollen. Die Handlung basiert größtenteils auf dem autobiographischen Roman von Henri Charrière aus dem Jahr 1970, in dem über die Zeit von seiner Gefangennahme 1933 bis zu seiner Freilassung 1945 in Venezuela berichtet und seine Fluchtversuche schildert. So lebhaft, wie Charrière die Grausamkeit wiederzugeben weiß, die in den Straflagern in Französisch-Guyana an der Tagesordnung war, so packend und authentisch gelingt auch die Darstellung in der Verfilmung von 1973 – und auch 2018.
Papillon (Charlie Hunnam) wagt die Flucht. © Constantin Film Verleih GmbH
Das Remake bringt alles mit, was von einer modernen Fassung erwartet wird: Natürlich bessere Bildqualität, mehr Action, schnellere Handlungsverläufe und moderner Soundtrack, was das Kinoerlebnis teils leichter verdaulich macht als die Sichtung der alten Version. Dennoch reicht es nicht ganz an den epischen Charakter des Originals von 1973 heran. Noer versucht alle bewegenden Elemente aus Buch und Drehbuch aus den 70er Jahren im Film unterzubringen, die Gewalt, die Verzweiflung, aber auch die Stärke einer echten Freundschaft unter den unmöglichsten Bedingungen. All das bekommen wir zwar zu sehen, doch das Zusammenspiel funktioniert nicht ganz so gut beim Vorgänger, der Funke will nicht so ganz überspringen. Was fehlt, ist die Schaffung etwas Neuen, die Vermischung aus oberflächlich auf der Leinwand erscheinender Brutalität mit der Melancholie und Verzweiflung, die den Zuschauer im Original so gut erreicht und den Film fast schon transzendental durchdringt. Das mag hauptsächlich an der bescheidenen Zielsetzung von Noer liegen, der offenbar auf eine platte Wiedergabe der Handlung statt auf Tiefgang gesetzt hat. Auch die gekürzte Laufzeit lässt einige eindrucksvolle Szenen wie die Papillons Einzelhaft etwas zu kurz kommen und nimmt dem Film dadurch etwas von seiner emotionalen Kraft.
Zwischen Dega (Rami Malek) und Papillon (Charlie Hunnam) entwickelt sich eine tiefe Freundschaft. © Constantin Film Verleih GmbH
Charlie Hunnam seit der erfolgreichen Serie „Sons of Anarchy“ keinen wirklich großen Hit mehr gelandet, und auch „Papillon“ unterbricht diese Reihe nicht. Dennoch zeigt er hier erneut seine Vorliebe für Ausflüge in die Geschichte und abenteuerliche Dramen und trägt zu einem Remake bei, dass nicht unbedingt notwendig gewesen wäre, sich dafür aber im Vergleich zum Original ganz ordentlich schlägt.
Der betont lässigen Darstellung von Steve McQueen kann Hunnam größtenteils gerecht werden und Rami Maleks Verkörperung des Dega ist ebenso gelungen, wenn sie auch nicht an Dustin Hoffman heranreicht. Doch an das Können dieser beiden Hollywoodgrößen heranzureichen, darum geht es hier auch gar nicht. Denn – Die Kinobesucher, die den alten Film nicht kennen, dürfte das alles jedoch nicht weiter stören. Für sich genommen ist „Papillon“ eine spannende Mischung aus Action und Drama mit einer guten schauspielerischen Leistung, die der literarischen und filmischen Vorlage größtenteils würdig ist.
Fazit: Ein kritischer Vergleich zum Original kann immer noch gezogen werden, aber: Wen die bewegende Geschichte von Henri Charrière fasziniert, der wird auch am „Papillon“ von 2018 Gefallen finden.
by Sophie Barwich