Filmwertung: |
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| 6/10 |
Elf Jahre ist es nun schon her, seitdem Steven Soderbergh seine stilvoll-coole Gaunertrilogie um Danny Oceans Gentlemandiebe vollendet hatte. Nun wagt das fast mittlerweile scheinbar ausschließlich auf Prequels, Sequels, Comicverfilmungen, Remakes und Reboots fokussierte Hollywood mit „Ocean's Eight“ ein überraschendes Wiederaufnehmen der erfolgreichen Reihe. Diesmal steht allerdings Danny Oceans bislang unerwähnte Schwester Debbie (Sandra Bullock) im Mittelpunkt, die ihrerseits selbst Profidiebin ist und einen großen Juwelenraub bei der Met Gala in New York plant. Soderbergh ist diesmal nur als Produzent dabei und überlässt seinem Freund Gary Ross („Pleasantville“, „Seabiscuit", „
Die Tribute von Panem“) das Regieruder, während man neben der starken weiblichen Besetzung manches Originalmitglied der Trilogie in Kurzauftritten bewundern darf. Heraus gekommen ist federleichtes und gut aufgelegtes Hochglanzkino, das vor allem dank seiner Darstellerinnen gefällt, auch wenn der Funke insgesamt nicht so ganz überspringen will.
Ocean's 8: Sandra Bullock und Cate Blanchett © Warner Bros. Pictures
Der Plot von „Ocean's Eight“ ist erwartungsgemäß nur ein wenig origineller Aufhänger, um sieben (das achte Mitglied wird erst spät offenbart) talentierten Frauen die Bühne zu geben. Debbie Ocean kommt gerade nach über fünf Jahren Haftzeit aus dem Gefängnis, wo sie wegen Betrugs eingesessen hat. Dort hat sie einen scheinbar unmöglichen Diebstahl bei der legendären New Yorker Met Gala ausgeheckt, wo sie ein 150 Millionen Dollar teures Cartier Diamant-Collier erbeuten will. Dafür braucht sie natürlich eine hochqualifizierte Expertencrew, die sie mit ihrer alten Freundin und Clubbesitzerin Lou (Cate Blanchett) zusammenstellt: Juwelierin Anita (Mindy Kaling), Hehlerin Tammy (Sarah Paulson), Hackerin Nine Ball (Rihanna), Trickbetrügerin Constance (Awkwafina) und die abgehalfterte Modedesignerin Rose Weil (Helena Bonham Carter). Ziel ist es, Daphne Kluger (Anne Hathaway), die selbstverliebte Gastgeberin der Gala, zu überzeugen, sich von Rose ein Kleid schneidern zu lassen und das Cartier-Heiligtum zu tragen – um es dann bei der Gala heimlich zu stehlen.
Ocean's 8: Helena Bonham Carter und Anne Hathaway © Warner Bros. Pictures
Mit Daniel Pembertons jazziger Filmmusik und Gary Ross schwungvoll-stylischer Inszenierung mit seinen stilistisch an die 70er Jahre angelehnten Zooms und Split Screens kommt hier tatsächlich recht schnell das alte „Ocean's“-Gefühl auf. Bullocks Debbie führt sich als determinierte Figur ein, die von ihrer Haftstrafe noch sichtbar gezeichnet ist. Kaum ist sie aus dem Gefängnis raus, stiehlt sie auf clever-amüsante Weise ganz unverschämt direkt zahlreiche Parfums und Kosmetika im New Yorker Luxuskaufhaus Bergdorf Goodman und mietet sich auf Kosten anderer in eine Hotelsuite im Plaza ein, um erst mal ein ausgiebiges Bad zu nehmen. Dann besucht sie ihren alten Liebhaber, den schmierigen Galeriebesitzer Claude Becker (Richard Armitage), der sie scheinbar mit einer hinterhältigen wie feigen Aktion erst hinter Gittern gebracht hat. Wirklich in die Karten lässt sich diese Frau aber nicht blicken, so bleibt ihr Motiv hinter dem Diebstahl des wertvollen Schmuckstücks lange ein Rätsel.
Ocean's 8: Rihanna, Mindy Kaling, Cate Blanchett, Sandra Bullock und Helena Bonham Carter © Warner Bros. Pictures
Der Film will natürlich in seinem Finale noch für einige genre-obligatorische und durchaus gelungene Twists sorgen, das raubt „Ocean's Eight“ zu Beginn aber etwas Momentum. Debbie ist ein interessantes Fragezeichen, die anderen Figuren sind größtenteils recht eindimensional und zweckdienlich gestaltet. So hat man gerade im ersten Akt ein wenig das Gefühl, das man hier den bereits zweiten Teil einer Serie sieht, ohne aber den ersten Teil gesehen zu haben. Das hat in „Ocean's Eleven“ einst trotz sehr ähnlicher Struktur besser funktioniert, denn da war das Konzept noch frischer und das Motiv hinter dem spektakulären Casino-Raub von Danny Ocean klarer definiert. Hier geht es lange Zeit scheinbar um einen Diebstahl, der ohne hintergründiges Motiv bleibt, wo einfach purer Hedonismus und ein gewisses Maß an Oberflächlichkeit im Mittelpunkt steht. Hier fehlt schlicht auch ein starker Antagonist à la Andy Garcia oder Al Pacino, der dem Film willkommenen Schwung verleihen könnte.
Ocean's 8: Sandra Bullock, Cate Blanchett, Sarah Paulson, Rihanna und Awkwafina © Warner Bros. Pictures
Das Drehbuch von Ross und Olivia Milch folgt ebenso wie die Inszenierung formelhaft den in zig Heist-Filmen vorgegebenen Genrekonventionen, tatsächlich folgt der weibliche Spinoff der Struktur des Originals sogar teilweise minutiös. Originell und überraschend ist das sicher nicht. Dennoch macht der erzählerisch etwas uninspirierte Film dennoch über weite Strecken spritzigen Spaß. Das liegt natürlich an den Darstellern, wobei vor allem Helena Bonham Carter als wunderbar verschrobene und leicht verwirrte Mode-Ikone und Anne Hathaways herrlich eitle und verwöhnte Filmsternchen-Prinzessin für inspirierte Momente und Lacher sorgen. Manche Figuren gehen in dem Ensemble allerdings weitestgehend unter, so bleibt das komödiantische Talent von Mindy Kaling größtenteils ungenutzt und auch Cate Blanchett trägt abgesehen von ihrer unbestreitbaren Ausstrahlung wenig bei. Das gelang Soderbergh mit Clooney, Pitt, Damon & Co. noch deutlich besser, frischer und lustiger, hier hat man manchmal den Eindruck von etwas angezogenen Handbremsen bei der an sich starken Besetzung. Die amüsanten Momente häufen sich aber, der Film hat durchaus Style, ist luftig-locker inszeniert und kommt zunehmend in Schwung.
Ocean's 8: Sarah Paulson, Sandra Bullock und Rihanna © Warner Bros. Pictures
Mit dem unterhaltsam komplex durchgeführten Diebstahl der Halskette bei der Met Gala im dritten Akt kommt „Ocean's Eight“ dann tatsächlich zu seinem Höhepunkt. Hier nutzt der Film zum ersten Mal sein Potential aus und macht Freude, ohne allerdings wirklich etwas Neues zu bieten. James Corden als Versicherungsermittler sorgt dann nochmal für einige gelungenen Lacher und der Film zieht auch nochmal einige hübsche Überraschungen aus dem Hut. Konflikte bleiben hier aber leider aus, ebenso hat man auch nie das Gefühl, dass hier wirklich etwas anbrennen könnte. Manche Dinge verlaufen vielleicht etwas einfach und nicht alles macht angesichts vieler Zufälle vollkommen Sinn, der ganz große Aha-Moment bleibt auch aus. So bleibt die Spannung doch eher oberflächlich und der Film verlässt sich auf seine zweifelsohne gut aufgelegte Besetzung und ihre starke Chemie untereinander, die „Ocean's Eight“ zu einem sehenswerten und amüsanten Sommerfilm macht, der keinem wehtut. An die Magie und scheinbar mühelose Coolness von „Ocean's Eleven“ kommt Ross Film aber nicht ran.
Fazit: Anne Hathaway und Helena Bonham Carter glänzen im weiblichen „Ocean's“-Spinoff und sorgen für dringend notwendige Momente echter Inspiration in einer spaßigen, aber insgesamt wenig originellen luftig-leichten Gauner(innen)-Komödie.
by Florian Hoffmann