Filmkritik Nichts zu verzollen
Filmwertung: |
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| 8/10 |
Das belgisch-französische Grenzörtchen Courquain sieht großen Veränderungen entgegen. Im Zuge des Schengener Abkommens sollen die Grenzkontrollen abgeschafft werden. Der Belgier Ruben Vandevoorde, der in seinem Beruf förmlich aufblüht, kann seinen Ohren nicht trauen. Sein französischer Kollege Mathias Ducatel, der bereits mehrfach mit ihm aneinander geraten ist, sieht dem Ganzen entspannter entgegen. Als beide Länder beschließen eine mobile Grenzkontrolle in Form eines französich-belgischen Projekts ins Leben zu rufen, wird Ruben, der dank seiner Diskriminierungen der Franzosen gegenüber immer wieder auffällt, zu der Mitarbeit genötigt. Mathias, der seit Jahren eine heimliche Beziehung mit Rubens Schwester Louise hat, willigt in die Zusammenarbeit ein. Recht schnell wird beiden Männern klar, dass sie scheinbare Gemeinsamkeiten haben. Auch den Drogenschmuggel können sie nur in Zusammenarbeit entgegenwirken. Als jedoch die Beziehung von Mathias und Louise öffentlich wird, eskalieren die Gefühle. Der Franzose wird erneut zum Staatsfeind Nummer eins, bis Ruben erkennen muss, dass im Prinzip doch alle Menschen gleich sind.
„Willkommen bei den Sch´tis“ geht mit „Nichts zu verzollen“ quasi in die zweite Runde, was in Frankreich bereits mit großen Erfolg gefeiert wurde. Der Film von und mit Dany Boon, beschreibt abermals die Unterschiede zwischen den Menschen und die damit verbundenen Konflikte. Diesmal werden die Diskrepanzen zwischen Franzosen und Belgier in das Zentrum der Handlung gerückt. Der Belgier Ruben und sein auf der gegenüberliegende Grenzseite stehende Konkurrent, der Franzose Mathias können sich nicht ausstehen. Immer wieder geraten sie wegen Nichtigkeiten aneinander. 1993, als die stationären Grenzkontrollen abgeschafft werden sollen, tritt das französich-belgische Projekt in Kraft. Die mobile Grenzkontrolle soll nun retten, was noch zu retten ist.
Der Film zeigt plakativ, wie unterschiedlich das Verständnis zweier Menschen sein kann, die die gleiche Sprache sprechen. Während der Franzose Mathias (Dany Boon) friedliebend den Konflikten aus den Weg geht, verzettelt sich sein belgischer Kollege Ruben (Benoìt Poelvoorde) immer wieder in seinen Abneigungen gegenüber seiner Nachbarn. Panisch vermeidet er jedes französische Produkt und wirft mit seinen landesfeindlichen Äußerungen um sich. Der Hass gegen die Nachbarn stammt von Rubens Vater, der ebenfalls keinen Hehl aus seinen Ansichten macht. Nur Schwester Louis (Julie Bernard) kann ihre Meinungen nicht teilen. „Nichts zu verzollen“ treibt die Handlungen und die damit verbundenen Interaktionen der Protagonisten gekonnt auf die Spitze, ohne dabei in Übertreibungen auszuarten.
Trotz der Auseinandersetzungen, müssen beide Männer zusammenarbeiten, um einen Drogendealerring zu stoppen. Dieser hat komischerweise seinen Sitz in der Bar „No man´s land“, die sich passender Weise direkt zwischen den zwei Grenzübergängen befindet und von beiden Länderbewohnern als Kneipe und Restaurant genutzt wird. Durch die Schließung der Grenzstationen ist nicht nur die Existenz von den Inhabern Iréne (Karin Viard) und Jacques Janus (Francois Damiens) gefährdet, sondern auch ihre Ehe. Die Flucht in die Kriminalität scheint unausweichlich, um die Existenz zu sichern.
Die rasanten Verfolgungsjagden mit dem eigens dafür aufgemotzten R4, nehmen einen Großteil der Spiellänge ein, was der Handlung nur minimal auf die Sprünge hilft.
Dany Boon wirkte auch hinter der Kamera als Regisseur, sowie Drehbuchautor mit. Sein Gespür für die Situationskomik und die menschlichen Schwächen fordert er auch hier anschaulich zu Tage. Sein Gegenpart übernimmt der Schauspieler Benoìt Poelvoorde („Mann beißt Hund“), der mit seinen cholerischen Ausbrüchen immer wieder für aberwitzige Einlagen sorgt. Sein Rassismus bleibt stets auf einer Ebene verankert, die den Humor des Films nicht bedroht.
Trotz fließender Sprachgrenzen zwischen den Ländern, werden die Unterschiede durch den Akzent immer wieder im Film besonders betont. Die sprachlichen Traditionen, die unterschiedlichen Bezeichnungen für bestimmte Dinge und der verschiedenartige Satzbau werden von Dany Boon spezialisiert und immer wieder vorgeführt. Das Drehbuch bedient sich hier jeglicher Klischees, die wunderbar in den Streitgesprächen zwischen den Ländervertretern eingeflochten werden.
Fazit: Ein humorvoller Film über zwei verfeindete Grenzbeamten, die auch nach der Schließung der Grenze ihre Probleme miteinander haben. Nicht zuletzt, weil sich die im Kopf manifestierten Grenze nicht allzu schnell einzureißen lassen.
by Sandy Kolbuch
Bilder © Prokino Filmverleih GmbH