Filmkritik New Moon - Biss zur Mittagsstunde
Filmwertung: |
 |
| 4/10 |
Kaum ein Film wurde besonders bei der Zahnspangen-Generation derartig stark gehypt wie „Twilight“, der dafür sorgte, dass deren Hauptdarsteller
Robert Pattinson und
Kristen Stewart nahezu über Nacht zu Stars wurden. Nun kam der zweite Teil der Biss-Saga auf die Leinwand und anstelle eines Werkes, dass Vampir-ähnlich den Mythos wiederbelebt, erwartet den Zuschauer ein blass- und leer gesaugter Körper.
Seit Menschengedenken sind wir fasziniert von der Idee, dass es Wesen gibt, die sich vom Blut anderer ernähren – Vampire. Der berühmteste von ihnen war der von Bram Stoker erfundene Dracula, der bis in die Gegenwart dafür verantwortlich war, dass zahllose Filme über die Blutsauger gedreht wurden, so auch die Biss-Reihe. Mit dem Film „
Twilight“ wurde das erste Buch von Regisseurin
Catherine Hardwicke in Szene gesetzt und konnte erstaunlicherweise bereits nach kurzer Zeit einen immensen Fan-Zuwachs verbuchen, obwohl die Kritiken für den Film eher durchwachsen waren. Mit dem Nachfolger sollte alles viel besser werden und als deutliches Signal an alle Kritiker holte man sich mit
Chris Weitz einen Regisseur, der bereits mit „About a Boy“ bewiesen hat, dass er Qualität abliefern kann.
Die Besetzung des neuen Biss-Teils blieb die gleiche wie im Vorgänger, jedoch gesellten sich natürlich neue Rand-Figuren hinzu, die jedoch keinen maßgeblichen Einfluss auf die Handlung nehmen. Hier haben wir auch direkt eines der Hauptprobleme, warum man objektiv betrachtet diesem Film keine guten Noten ausstellen kann, denn wo ein stringenter roter Faden durch den Film führe sollte, sind derartige Story-Sprünge, dass man meinen könnte, man sei auf einem „Handlungsrodeo“ – ständig in der Gefahr, dass man abgeworfen wird.
So schafft sich der Regisseur neben seiner Haupthandlung, nämlich den Problemen zwischen Edward Cullen (Robert Pattinson) und Bella (Kristen Stewart), viel zu viele Nebenkriegsschauplätze. Das wäre möglicherweise gar kein Problem, wenn eine intelligente und vor allem sinnvolle Verbindung stattfinden würde, doch leider gelingt es ihm zu keinem Zeitpunkt einen Nebenstrang der Handlung zu Ende zu erzählen. Ob das an der Buch-Vorlage liegt, vermag an dieser Stelle nicht gesagt zu werden, allerdings wirkt alles sehr überladen, denn kein 2-Stunden-langer Film kann mit den Themen Liebe,unglückliche Liebe, Trauer, Depression, Einsamkeit, Jagd, Werwölfen, Freundschaft, Verrat, Intrigen, Zweifel, Veränderung, Angst und Freude voll gepackt werden, ohne dass man einen Großteil davon vernachlässigt. Allein beim Lesen dieser vielen Themen hat sicherlich der eine oder andere feststellen müssen, dass man gar nicht mehr wusste, wie der Satz denn überhaupt anfing. Nun stelle man sich das ganze Gewirr in einem Film vor, zu dem noch Kamera-Schnitte und Orts-, sowie Szenenwechsel kommen – „viele Köche verderben den Brei“ sagt ein altes Sprichwort, ebenso tun dies zu viele Gewürze & Inhalte.
Weitz wollte einfach viel zu viel, ohne jedoch die nötigen Mittel oder aber das nötige Talent zu haben, alles miteinander zu verbinden.
Ein weiteres Problem, was sich der Film aufbürgt, ist die Tatsache, dass man mit fortschreitendem Verlauf der Handlung immer mehr bewusst wird, wer wirklich schauspielerisches Talent besetzt. So ist die von Kristin Stewart verkörpte Bella ein zerbrechlicher Charakter, der jedoch voller Tatendrang und Aufopferungsbereitschaft steckt. Dies wird wirklich wunderbar von der jungen Nachwuchsschauspielerin verkörpert, allein durch ihre Mimik erfüllt sie komplett die Herausforderungen an ihre Rolle, dies sei lobend erwähnt. Schwächer spielt jedoch der männliche Hauptdarsteller Pattinson, denn unabhängig davon, dass er rund 80% des Films nicht wirklich anwesend ist, sind die Szenen mit ihm sehr eintönig und er schafft es nicht ihnen Leben einzuhauchen. Alles was er macht, mimisch wie gestisch, ist von einer derartigen Belanglosigkeit, dass es nahezu egal ist, was Pattinson als Charakter Edward zu sagen hat, er spielt es in jedem Falle gleich. Ob Pattinson schon an seine schauspielerischen Grenzen gestoßen oder ob er sich in dem äußerst schwachen Drehbuch gefangen ist, sei an dieser Stelle dahingestellt, jedoch hat er im vorherigen Film „Twilight“ eigentlich unter Beweis gestellt, dass er Szenen an sich reißen und wirklich Ausstrahlung haben kann.
Jemand der schauspielerisch leider auf ganzer Linie versagt, ist der junge
Taylor Lautner, der den Indianersohn „Jacob“ spielt, denn ob mit langen oder mit kurzen Haaren, er bleibt absolut blass und vermag neben der Ausdrucksstarken Kristen Stewart einfach nicht zu überzeugen. Jede einzelne Szene, jede Mimik, jedes Wort wirkt aufgesetzt und ihm fehlt es schlicht und ergreifend an Glaubwürdigkeit. Bezeichnend dafür ist, dass der einzige Moment in dem er seinem schattenhaften Spiel einen Lichtpunkt setzt, ist derjenige, wo er nicht in seiner menschlichen Gestalt auftaucht.
Hierbei ergibt sich bereits ein weiterer Kritikpunkt, denn eben diese nicht-menschlichen Verkörperungen, die komplett mit CGI, sprich am Computer, erschafft wurden, gliedern sich zu keinem Zeitpunkt auf eine harmonische Art und Weise in das Gesamtbild der Szenerie – sie sind zu Zeiten von Filmen wie „
Avatar“ einfach nicht mehr zeitlich angemessen. Sind die Vampire noch genauso optisch dargestellt wie im ersten Teil, sind es insbesondere die Werwölfe, die bei Cineasten Bauchschmerzen hinterlassen, da man selbst in mittelmäßigen Disney-Filmen bessere Animationen sieht. Man könnte fast aufgrund der geringen Kosten von 50 Millionen vermuten, dass die Effekte derartig unterklassig sind, damit die Gewinnspanne um so größer ist. Sollte dies tatsächlich die Intention der Macher gewesen sein, dann ging dieser Schuss leider nach hinten los und erinnert stark an Rohrkrepierer wie Van Helsing und Underworld – zumindest was die Qualität der Effekte und deren Umsetzung angeht.
So bleibt zusammenfassend zu sagen, dass die Filmumsetzung der Biss-Reihe leider in dem neusten Teil einen sehr faden und unterdurchschnittlichen Beigeschmack hinterlässt, da nahezu alles Positive verschwindet, was „Twilight“ noch zu einem passablen Kino-Abenteuer gemacht hat. Leider fehlt „New Moon“ komplett der Biss, da zum einen der Regisseur es nicht geschafft hat die Themenvielfalt attraktiv unterzubringen, zum anderen enttäuschen die Schauspieler, mit Ausnahme von Kristen Stewart, leider auf nahezu ganzer Linie und erschaffen eine leblose Athmosphäre. Ob dies an den Storysprüngen liegt, am Drehbuch oder aber an den schauspielerischen Limitierungen vermag an dieser Stelle nicht beantwortet zu werden, jedoch wird zu jedem Zeitpunkt deutlich, dass der Film seine Zuschauer nicht ernst nimmt, sondern darauf vertraut, dass die Zahnspangen-Generation wie blind einem Hype folgen, wie die Ratten der Musik des hameln'schen Fängers.
by Sven Hensel
Bilder © Concorde Filmverleih GmbH