Filmkritik Midway - Für die Freiheit
Filmwertung: |
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| 4/10 |
Wenn man den Namen Roland Emmerich hört, denkt man sofort an teure Filmspektakel. Der deutsche Filmemacher ist verantwortlich für großartige Filme wie "Independence Day" oder auch "Der Patriot". Doch nach der Jahrtausendwende hat der 63-jährige sein Mojo verloren. Von sieben Filmen, die er ab dem Jahr 2000 gedreht hat, sind fünf ziemlich schlecht ("10.000 BC", "Anonymus", "
White House Down", "Stonewall" und "Independence Day: Resurgence") und zwei sind passable Katastrophenfilme, die für solide Unterhaltung sorgen ("The Day After Tomorrow" und "2012"). Sein achter Film "Midway" erzählt zwar eine interessante Geschichte, doch effektmäßig wirkt es so, als ob der Streifen vor 15 Jahren produziert wurde. Die guten Actionsequenzen machen die Schwachstellen auch nicht wett, und so ist das Endprodukt ein weiterer schwacher Film vom deutschen Regisseur.
Sturzkampfpilot Richard Halsey „Dick“ Best (Ed Skrein) mit Ehefrau Ann Best (Mandy Moore) © Universum Film GmbH
Normalerweise schlagen die Filmstudios sofort zu, wenn Emmerich sein neuestes Projekt vorstellt. Dochh diesmal wollte keines der großen Filmstudios Roland Emmerich die 100 Millionen Dollar zur Verfügung stellen, die er für die Produktion von "Midway" benötigte. Daher wandte er sich an mehrere Investoren, bis man die Summe eingesammelt, und begann dann mit den Dreharbeiten. Nach der Sichtung des Films ist es wenig verwunderlich, dass die Studios nichts mit diesem Projekt zu tun haben wollten, doch kommen wir erstmal zu den guten Aspekten des Films. Jedem Filmfan ist bewusst, dass Emmerich tolle Actionsequenzen inszenieren kann, und "Midway" liefert da in der Hinsicht ebenfalls wirklich gut gelungene Action ab. Besonders die Schlachten in der Luft sind durch die kreativen Kamerafahrten fantastisch. Also vom technisch Standpunkt aus ist der Film einwandfrei, gravierende Schwächen offenbaren sich im Drehbuch, welches von Wes Tooke geschrieben wurde. "Midway" ist sein erster Film, zuvor arbeitete er an zwei Serien, unter anderem auch "Colony". Zwar weiß ich es zu schätzen, dass ein Teil der Geschichte von der Perspektive der Japaner erzählt wird, doch der Rest des Skripts ist einfach extrem schwach. Kein Tiefgang, eindimensionale Charaktere und peinliche Dialoge runden das Ganze ab. Es grenzt an ein Wunder, dass Schauspieler wie Woody Harrelson zugesagt haben.
Bruno Gaido (Nick Jonas) ist entschlossen, das Gefecht für sich zu entscheiden © Universum Film GmbH
In „Midway“ erzählt uns Roland Emmerich die wahre Geschichte von der See-Schlacht um die Midway-Inseln im Zuge der kriegerischen Auseinandersetzung zwischen Japan und den USA im zweiten Weltkrieg. Ed Skrein spielt Dick Best, einen Draufgänger, der gleichzeitig ein wahnsinnig begabter Pilot ist. Ich habe nichts gegen Skrein, aber ich fasse es immer noch nicht, dass der Casting Direktor von "Midway" wirklich zu sich gesagt hat: "Wir müssen Skrein die Hauptrolle in unserem Film geben!" Entweder haben sie niemanden gefunden, der die Rolle übernehmen würde, oder der Casting Direktor war betrunken, als er diese Entscheidung getroffen hat. Skrein ist ein solider Schauspieler, aber einen Film alleine tragen ist definitiv nicht seine Stärke. Patrick Wilson verkörpert Edwin Layton, der die Botschaften der Japaner entschlüsselt. Wilson ist wie immer überzeugend. Woody Harrelson gibt den Chester W. Nimitz, der auserkoren wird, die amerikanischen Truppen zu führen. Wie es bei Wilson der Fall, ist auch auf Harrelson immer Verlass, dass er eine gute Performance abliefert, egal wie schlecht der Film ist. Die restliche Besetzung reicht von okay bis zu grottenschlecht, und Dennis Quaid nervt mit seinem patriotischen Overacting, und Luke Evans als der klischeehaften Offiziersboss geht einem nach einiger Zeit auch auf den Senkel.
Kommandant William „Bull“ Halsey (Dennis Quaid) scheut keine Gefahr. © Universum Film GmbH
In den Händen eines fähigen Drehbuchautoren hätte "Midway" ein fantastischer Film werden können, doch das Skript ist so schlecht, dass nicht mal die hervorragend inszenierten Schlachtszenen diese Schwächen kaschieren können. Die Charaktere sind so eindimensional geschrieben, dass der Zuschauer keine emotionale Bindung zu ihnen aufbauen kann. Normalerweise haben Kriegsfilme immer mindestens einen Charakter, mit dem man mitfiebern kann, doch hier nervt eigentlich nur jeder. Zudem wirken die Dialoge teilweise ziemlich banal und sind unfreiwillig komisch. Wenn Schauspieler wie Harrelson und Wilson miteinander interagieren, und dann in der nächsten Szene Skrein mit Nick Jonas ein Gespräch führt, dann ist der Kontrast zwischen gutem und schlechtem Schauspiel ziemlich krass und bringt die Zuschauer auch irgendwie durcheinander. Dieses Auf und Ab hätte man mit einer guten Besetzung vermeiden können, doch es mussten ja C-Schauspieler engagiert werden, um da Budget anderweitig einzusetzen. Obwohl die Schlachszenen wirklich Spaß machen, so wirken die CGI-Effekte trotzdem veraltet. Teilweise hat man das Gefühl, als ob die Trickeffekte aus einer TV-Serie stammen. Die zum größten Teil korrekte Darstellung der Ereignisse sind aber ein Plus.
Fazit: Charaktere ohne Tiefgang, ein schlechtes Drehbuch und teilweise schlechte Trickeffekte. Nur die gut choreografierten Schlachtsequenzen und die drei guten Schauspieler retten Roland Emmerichs neuesten Blockbuster „Midway“ vor dem Totalabsturz.
by Denizcan Sürücü