Filmkritik Alexandre Ajas Maniac
Filmwertung: |
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| 7/10 |
„Alexandre Ajas Maniac“ (Originaltitel: „Maniac“, Frankreich, 2012) versucht auf der einen Seite mit seinen detaillierten Gewaltszenen, den Zuschauer zu schockieren, auf der anderen Seite möchte er beim Publikum Mitleid für den wahnsinnigen Hauptprotagonisten erwecken.
Frank (Elijah Wood) hat den Laden seiner Familie übernommen und restauriert in diesem für sich allein tagsüber Schaufensterpuppen. Doch nachts streift er durch die Straßen von Downtown Los Angeles und tötet, skalpiert und entkleidet junge Frauen. Er scheint ein hoffnungsloser, wahnsinniger Serienkiller zu sein, bis eines Tages Anna (Nora Arnezeder) in sein Leben tritt. Sie ist Künstlerin und hält Frank ebenfalls für einen Künstler und sie möchte seine Puppen für ihre Fotografien verwenden. Frank verliebt sich in sie und es scheint einen Ausweg für ihn zu geben.
„Alexandre Ajas Maniac“ von Franck Khalfoun ist das Remake von William Lustigs Horrorfilm „Maniac“ (Originaltitel: „Maniac“, US) aus dem Jahr 1980. Den Zusatz im Titel verdankt der Film seinem Drehbuchschreiber Alexandre Aja (The Hills have Eyes (2006) & Piranha 3D (2010)), der das Buch zusammen mit Grégory Levasseur verfasst hat. Den Drehbuchschreibern/Autoren war es wichtig, sich streng an das Original zu halten und daher haben sich auch mit William Lustig über das Remake verständigt. Trotz der beabsichtigten Nähe wollten sie den Film nicht nur aufbereiten, sondern führten einige Neuerungen ein. Die Geschichte wurde von New York nach Downtown Los Angeles verlegt, weil dieser Ort den gleichen dreckigen, heruntergekommenen, aber auch langsam hip werdenden Charme versprüht wie das New York der 80er Jahre. Zudem wurde der Hauptprotagonist modifiziert. Frank ist nun kein fettes, schmieriges Monster mehr, sondern ein dünner, schüchterner Mann, der irgendwie nicht so richtig in die Zeit zu passen scheint. Doch die auffälligste Veränderung ist, dass der Film komplett aus der Sicht des Täters gezeigt wird. Elijah Wood als Darsteller Franks sieht man nur in wenigen Einstellungen. Durch die Wahl dieser Perspektive hat der Betrachter das Gefühl, ein Teil von Franks Seele zu sein. Dies gewährt dem Zuschauer Einblicke in dessen Denken, zeigt die traumatischen Erfahrungen aus seiner Kindheit und dadurch wird beim Publikum Mitgefühl erzeugt. Der Wahnsinn hinter Franks Verhalten kann zwar nicht erklärt werden, aber der Film versucht, dem Zuschauer die Möglichkeit des Verstehens einzuräumen. Sein Wahnsinn setzt sich aus einem Muttertrauma, einem Fetisch für Haare, einem starkem Einsamkeitsgefühl, einer ausgeprägten Bindungsangst und aus der Furcht, eine leblose Puppe zu werden, zusammen. So wurde eine Figur geschaffen, die nicht nur klischeehaft auftritt, obwohl sie viele typische Symptome eines Serienkillers aufzeigt, sondern mit der man sich – laut Regisseur Khalfoun - teilweise identifizieren könnte. Als Frank auf Anna trifft, ist der Betrachter hin- und hergerissen und würde es ihm schon wünschen, dass er aus dem Strudel der Gewalt herausbrechen kann, um ein neues Leben mit Anna zu beginnen. Aber es wird schnell klar, dass dies nicht funktionieren wird und er seinem Wahnsinn nicht entkommen kann. Elijah Wood und der Kameramann Maxime Alexandre haben perfekt zusammen gearbeitet, so dass der Eindruck von einem lebendigen Menschen entstanden ist. Dies funktioniert auch in den vielen Szenen, in welchen die Darsteller nur mit der Kamera alleine interagieren. Die Kamerabewegungen wirken menschlich und geben ebenfalls Einblick in das Gemüt Franks. So wurde in den ruhigen Momenten eine statische Kamera bevorzugt, aber in den Situationen, in denen Frank die Kontrolle verliert, wurde auf eine wacklige Handkamera zurückgegriffen. Neben der hervorragenden Kameraarbeit leistet die Musik einen wichtigen Beitrag. Der Komponist Rob schuf einen typischen 80er-Jahre-Klang mit Keyboard und Gitarre. Die Musik schafft es, auf das Original zu referenzieren, die Spannung zu steigern und auch das Seelenleben des Protagonisten zu betonen. Bei der Gewaltdarstellung scheint der Film genauso drastische Wege zu gehen wie das Original. Der Film „Maniac“ von 1980 steht aufgrund seiner Brutalität in der Deutschland auf dem Index. Auch das Remake spart nicht an dem Einsatz von detaillierten und authentisch wirkenden Gewaltdarstellungen in den sehr drastisch geschilderten Morden. Der Film schafft es aber, dass sich die Darstellung der Gewalt nicht in der Vordergrund drängt, sondern der tragischen Figur Frank viel Raum eingeräumt wird.
Fazit: Der Film ist ein verstörender, gewalttätiger Streifen, der es schafft, mit allen Mitteln beim Zuschauer ein unangenehmes Gefühl zu hinterlassen. Mit seiner Brutalität geht er an die Grenzen des Ertragbaren und kann doch auch zugleich mit der tragischen Geschichte des Protagonisten bewegen.
by Doreen Matthei