Filmkritik Mängelexemplar
Filmwertung: |
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| 5/10 |
Das Leben hat Hürden und Tiefen, die ein jeder überwinden muss. Doch manch einer droht an der Bewältigung des Alltags zu zerbrechen. In der Verfilmung „Mängelexemplar“, die auf dem gleichnamigen Roman von Sarah Kuttner basiert, lernt der Zuschauer eine junge Frau kennen, deren Leben von Panikattacken und depressiven Stimmungen geprägt ist. Laura Lackmann will die Depressionen auf der Kinoleinwand analysieren, doch ihr Versuch scheitert leider kläglich.

Bereits in den ersten Minuten wird ein verstörender Zustand bebildert, wenn die Hauptfigur Karo (Claudia Eisensinger) wahrhaft ihr inneres Kind umbringt.
Claudia Eisinger („13 Semster“) schafft es, dem Publikum ein verstörtes Bild der eigenen Wahrnehmung ans Herz zu legen. Leider gelingt es ihr jedoch nicht, die Sympathie des Publikums zu gewinnen. In der Rolle der Karo ist sie eine Nervensäge, wie sie im Buche steht. Bereits nach wenigen Minuten strapaziert sie die Nerven der Kinobesucher immens, was dem Film negativ beeinflusst. Es wird geheult, geschrien und bis zum Äußersten mit dem Leben gehadert. Zwischenzeitlich erlebt die Hauptfigur aber auch euphorische Momente, die vom rockigen Soundtrack untermalt werden. Doch leider stimmt die Balance von Lackmanns Film nicht. Die freche und hyperaktive Karo ist kein Mensch, den man gerne näher kennenlernen möchte. Und dies hat wahrlich nichts mit ihrem psychischen Problem zu tun. Denn noch bevor man in ihr erkranktes Inneres blicken kann, möchte man sich bereits von ihr und ihrer Geschichte distanzieren. Und dies, wobei ihr Problem zu Beginn durchaus gesellschaftsfähig erscheinen. Denn die Kündigung des Jobs oder die Trennung vom Freund, gespielt von Christoph Letkowski, sind Situationen, mit denen man sich identifizieren kann. Doch alles was anschließend kommt, erscheint als überspitzter Hilfeschrei, der sich filmisch nicht umsetzen lässt. Weder die in Mitleidenschaft gezogene Freundschaft mit Anna (Laura Tonke) noch die Therapie bei Annette (Maren Kroymann) oder die familiären Spannungen sind ansatzweise interessant in Szene gesetzt. Hinzu kommt, dass die rasanten Schnitte den Film zu viel Tempo verleihen, was bei dem Thema mehr als unpassend erscheint.
Lackmann präsentiert bereits in den ersten Filmminuten das komplette Innenleben ihrer Figur, ohne dem Zuschauer Zeit zur eigenen Interpretation zu geben.

Auf dem ersten Blick sind alle Probleme sichtbar, wodurch der Figur mögliche Facetten abgesprochen werden. Viel zu schnell wird Karo dadurch als Problemfall abgestempelt, bei dem jegliche Hilfe zu spät zu kommen scheint.
Der Versuch, dem Publikum die Angst vor Depressionen zu nehmen, läuft ins Leere. Stattdessen skizziert Lackmann ein Bild der psychischen Überforderung, dem niemand gefeit ist.
Lediglich zum Ende hin, wenn der Film langsamere Töne anschlägt, gibt es ein wenig Hoffnung. Denn nicht nur Karo, sondern auch der Zuschauer lernt, dass man durchaus das innere Kind bezwingen und mit viel Liebe und Geduld das Leben wieder in die eigenen Hände nehmen kann.
Fazit: „Mängelexemplar“ spielt visuell mit dem ersten Thema Depression. Trotz des komödiantischen Cast gelingt die Balance zwischen Komödie und Drama nur bedingt. Viele Momente verlaufen ungenutzt ins Leere, während die labile Hauptfigur die Nerven des Zuschauers strapaziert.
by Sandy Kolbuch