Filmkritik Last Night in Soho
Filmwertung: |
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| 8/10 |
Kult Regisseur Edgar Wright ist schon durch viele sehr besondere Filme aufgefallen und setzte auch mit seinem letzten Film „Baby Driver“ einige neue Maßstäbe. Nun sind seitdem vier Jahre vergangen und endlich gibt es einen neuen Film von ihm im deutschen Kino zu bestaunen. Dabei kommt „Last Night in Soho“ genau zur richtigen Zeit, denn seine Themen sind wichtiger denn je und das Frauenbild in Hollywood wird immer klarer dargestellt. Während lange Zeit Frauen in Hollywood nur blasses Beiwerk und/oder ein „Love Interest“ für den Protagonisten waren, dürfen sie immer mehr zeigen, was in ihnen steckt und was vielen von ihnen angetan wurde. Etwas, was man an vielen Stellen einfach nicht fassen kann und was wirklich Zeit wurde es zu ändern. Filme wie „Bombshell“, „Promising young Woman“, „The last Duel“ oder nun auch diesen Film hätte es vor 15 Jahren nicht gegeben und davor erst recht nicht. Dass aber heute solche Filme erscheinen und nicht nur vom Arthouse Kino gezeigt und von dessen Besucher geschaut werden, ist ein tolles Zeichen für die Entwicklung in Hollywood. Doch auch abgesehen davon hat dieser Film einiges zu bieten. Die Aufmachung und Gestaltung kann sich zunächst wirklich sehen lassen. Er sieht an so vielen Stellen wirklich stark aus, holt viel aus seinem fantastischen Szenenbild heraus.
Last Night in Soho: Thomasin McKenzie spielt Ellie © Focus Features
Man hat als Zuschauer wirklich das Gefühl, in das alte London eintauchen zu können und nicht, dass irgendwo in einem Studio ein paar Papphäuser passend aufgestellt wurden. Der Film besitzt viele gelungene Kamerafahrten, wo besonders eine Tanzszene besonders auffällt. Doch auch abgesehen von ihr, können Fans von einer guten Kamera sehr oft auf ihre Kosten kommen. Da sieht man ebenfalls, dass der Kameramann dieses Films auch genau weiß, wie man diese Ausstattung am besten inszeniert. Doch das Szenenbild, die Kostüme und die Kamerafahrten könnten noch so schön sein, wenn das Herzstück eines Films nicht funktionieren würde: Das Schauspiel. Doch auch darum muss man sich bei diesem Film keine Sorgen machen. Sowohl Thomasin McKenzie (Jojo Rabbit), als auch Anya Taylor-Joy (Das Damengambit) wissen wie sie ihre Rollen am besten verkörpern, haben zusammen eine gute Chemie und schaffen es sowohl Schönheit als auch Verletzbarkeit und Wahnsinn mit Leichtigkeit zu vermischen.
Auch ihr Gegenpart Matt Smith (Als ein sehr geheimnisvoller junger Mann) ist gut besetzt und steht für alle Männer in diesem Film, die mal wieder nur eindimensional geschrieben wurden. In den meisten Fällen sind Männer nämlich bei solchen Filmen immer automatisch alles „Mistkerle“, die nur eines im Kopf haben und ja, es kann durchaus sein, dass es Diese gibt und es in unserer Gesellschaft viel eher Männer als Frauen sind, die sich über das andere Geschlecht stellen. Trotzdem ist es immer wieder schade, dass diese Filme alle Männer gleich machen und die wirklich Guten dann rausfliegen. Ob das hier auch so ist und der Film den gleichen Fehler macht, wie viele andere Genrevertreter oder wirklich dazulernt, müsst ihr euch im Film anschauen. Nur das ist ein Punkt, der mich persönlich oftmals sehr stört. Es ist schön, dass Frauen solche Filme bekommen und es ist ein Thema, dass noch nicht genug erzählt wurde und was definitiv nicht so sein dürfte. Doch wiederum alle Männer schlecht darzustellen, ist ebenfalls eine andere Form von Sexismus.
Last Night in Soho: Anya Taylor-Joy und Matt Smith © Focus Features
„Last Night in Soho“ fühlt sich dabei an wie eine Achterbahnfahrt. Immer mal wieder gibt es ein paar Momente, wo man durchatmen und kurz zur Ruhe kommen kann. Doch wenn diese vorbei sind, geht der Film steil bergab (aber nicht mit seiner Qualität) und man bekommt einiges zu sehen. Er nutzt sein FSK vollkommen aus und ist nicht ohne Grund ab 16 freigegeben. Er geht an vielen Stellen ordentlich zur Sache und ist nichts für schwachen Nerven. Man sollte hier also nicht außer Acht lassen, dass er ein Horrorfilm ist und das auch vollkommen auskostet. Jumpscairfans dürfen hier zwar nicht zu viel erwarten und bekommen auch nicht im Minutentakt Schocker Momente serviert, doch jeder der weiß, dass ein Horrorfilm auch sehr viel mehr als das sein kann, weiß genau auf was er sich einlässt und wird glücklich werden. Edgar Wright steht aber auch für eine perfekte musikalische Untermalung seiner Filme und auch das fällt hier wieder ins Gewicht. Nur zum Finale hin möchte der Film etwas zu viel und findet eine überraschende Wendung, mit der sich nicht jeder zufrieden geben wird. An der Stelle verliert er spürbar an Qualität und sorgt bei seinem Publikum etwas für Enttäuschung. Abgesehen davon muss man hier aber zugeben:
Fazit: Dieser Film kommt zur richtigen Zeit und behandelt ein Thema, wie zuletzt auch andere Werke. Er hat zwei sehr überzeugende Hauptdarstellerinnen, ein mehr als gelungenes Szenenbild, einen perfekten Soundtrack und bleibt definitiv im Kopf. Dies ist wirklich ein besonderer Horrorfilm und das aus sehr vielen Gründen. Schaut ihn euch also unbedingt an, es lohnt sich.
by Peter Brauer
Bilder © Universal Pictures Intl.