Filmkritik La Gomera - Verpfiffen & Verraten
Filmwertung: |
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| 8/10 |
„La Gomera“ ist 97 Minuten lang und in Deutschland ab 16 Jahren freigegeben. Der Film startet am 13. Februar in den Kinos. Es geht um den korrupten Kommissar Cristi, der der Mafia die polizeilichen Erkenntnisse weitergibt und sie vorwarnt. Ein Angehöriger der Mafia, der als einziger weiß wo sich eine riesige Summe Geld befindet, wird von der Polizei festgenommen und soll mit Hilfe Cristis befreit werden. Hierfür soll er auf der spanischen Insel La Gomera eine bestimmte Pfeifsprache lernen.
Vlad Ivanov and Catrinel Marlon in La Gomera © Alamode Film
Hier könnte man jetzt mit großen Namen jonglieren. Ein Film der kapitelhaft und verworren aufgezogen wurde, wie eine Tarantino-Klassiker. Eine ungewöhnliche Geschichte, wie sie sonst nur die Coen-Brüder auf die Leinwand zaubern. Oder eben ein sehr guter Spielfilm von Corneliu Porumboiu. Der rumänische Film sorgte in der Award- und Festivalsaison bereits für etwas aufsehen. So feierte er im Jahr 2019 bei den Internationalen Filmfestspielen von Cannes seine Premiere. Außerdem ging er für sein Land ins Oscarrennen, wobei dies leider nicht für eine Nominierung reichte.
Der Film selbst sieht großartig aus, was in weiten Teilen auf die Kameraarbeit von Tudor Mircea zurückzuführen ist. Dieser weiß genau wie man eine Szene aufpeppt und einfängt. Alleine die Tunnelfahrt während des Vorspanns ist so einfach wie genial. Es verschlägt einem förmlich den Atem mit welcher Leichtigkeit Mircea sein Handwerk ausübt und was für tolle Ergebnisse er liefert.
Catrinel Marlon in La Gomera © Alamode Film
Die Geschichte ist in Kapitel unterteilt, was sie sehr undurchsichtig macht. Erst gegen Ende wird alles klar und man erhält den berühmt-berüchtigten „Aha!“-Moment. Zwar passt schlussendlich nicht alles einwandfrei zusammen und es gibt ein paar kleinere Lücken in der Logik, aber im Gesamten betrachtet ist die rumänisch-deutsch-französische Produktion spannend erzählt. Auch die Story selbst ist sehr einzigartig. Mafiafilme gibt es viele und auch aus kleineren Filmländern kommen in den letzten Jahren einige Vertreter, jedoch geht es hier darum eine Sprache, die nur aus Pfeiftönen besteht zu lernen. Es ist einfach mal etwas anderes im Vergleich zu der sonst so romantisierten, immer gleichen Mafiageschichte.
Der Film ist ab Sekunde 1 umwerfend. Fast fährt einem ein Schock durch die Glieder, sobald die erste Note des ersten Liedes ertönt. Denn der Soundtrack ist ebenfalls großartig. Niemals lethargisch, niemals langweilig, aber auch niemals im Hintergrund, versprühen die Musikstücke ein unbeschreibliches Gefühl. Die vielen Opernstücke (auch eines aus Bertolt Brechts „Dreigroschenoper“) wirken nie fehl am Platz und unterhalten. Sie passen sich auch nicht der Szene an, sie ordnen sie unter. Die Musik ist der Star des Films und macht großen Spaß.
Vlad Ivanov and Cristóbal Pinto in La Gomera © Alamode Film
Die Figuren sind sehr undefiniert und so schafft es der Streifen nicht ganz mit dem Zuschauer zu ringen. Die Hauptfigur ist so temperamentlos und so gefühlskalt, dass es einem schwer fällt Sympathie für ihn aufzubringen. Der weibliche Gegenpart beginnt als die klassische Femme fatale und entwickelt sich in eine andere, feministischere Richtung weiter. Dennoch wird der Film zum Ende hin überspitzt spannend und überrascht mit einem Ende, welches so vielleicht nicht unbedingt vorhersehbar, geschweige denn realistisch war.
Fazit: Alles in allem ist „La Gomera“ ein absoluter Geheimtipp! Ein stilistisch einwandfreier und sehr unterhaltsamer Mafiakrimi. Wer sich einmal vom klassischen amerikanischen Film loslösen möchte und nicht den alltäglichen filmischen Einheitsbrei erleben möchte, der sollte diesen Film unbedingt eine Chance geben. Ein Muss für Filmfans und eine ganz klare Empfehlung für alle Krimiliebhaber!
by Jan Welsch