Filmkritik König von Deutschland
Filmwertung: |
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| 6/10 |
Nach den Statiken zufolge ist der normale Durchschnittsbürger von Deutschland problemlos anhand seiner Gewohnheiten zu kategorisieren. Für die Meinungsumfragen werden die Bürger regelrecht am Telefon oder per Infopost bedrängt. Die moderne Marktforschung wird immer dreister, um mittels der relevanten Statistiken ihre Produkte effizient an den Käufer zu bringen. Regisseur und Drehbuchautor David Dietl, Sohn von TV-Legende Helmut Dietl, greift die teils sinnfreien Marktforschungen auf und treibt sie mit seiner Komödie „König von Deutschland“ auf die Spitze. Ursprünglich als Geschichte über die Midlife-Crisis geplant, entwickelte sich die Handlung schnell zu einer biotischen Beobachtung über den deutschen Durchschnitt und einer angedeuteten Persiflage über das Spießbürgertum.
Der deutsche Durchschnittsbürger Thomas Müller (Olli Dittrich) und seine Ehefrau Sabine (Veronica Ferres) entsprechen mit ihrem einfachen und bescheidenen Leben jeglicher Norm und damit dem gängigen Klischee des Deutschen. Selbst Sohnemann Alexander (Jonas Nay) erweist sich mit seinem pubertären Gehabe als Abziehbild der heutigen Jugend. Erst die Kündigung von Thomas setzt eine neue Lebensspirale in Gang. Doch die Bekanntschaft mit Stefan Schmidt (Wanja Mues) erweist sich als inszenierte Marktforschung im großen Stil. Nichtsahnend wird Thomas mit seiner stetigen Gutgläubigkeit als Dauer-Proband für die Politik und Werbung ausgebeutet. Doch sein Sohn erkennt schnell die auffälligen Ungereimtheiten in dem nun sauber aufpolierten Lebensstandart seines durchschnittlichen Vaters. Im Grundkonzept erinnert die Komödie an den amerikanischen Film „Truman Show“, wo ebenfalls ein durchschnittlicher Bürger als Aushängerschild der breiten Bevölkerung zur alltäglichen Erheiterung seiner Mitmenschen vorgeführt wurde. Die innovative Filmidee bietet humorvolle Facetten, die zum Nachdenken anregen. Die klar komponierten Kamerabilder von Felix Novo de Oliveira erhöhen den surrealen Effekt der Geschichte und hebt diese in Szene gesetzte Übertreibung mit jedem einzelnen Bild hervor. Leider schafft es Dietl mit seinem Kinodebüt nicht, die gewünschte Wirkung auf den Punkt zu bringen und die Quintessenz des Films als erleuchtende Erkenntnis zu verdeutlichen. Der Druck, sich der Masse anzupassen oder noch viel mehr, sich dagegen zu wehren wird nur im Ansatz betrachtet. Denn die Hauptfigur schert sich reichlich wenig um den Einfluss der Medien. Sie ist einfach wie sie ist und entspricht ausgerechnet damit dem Durchschnitt, was jedoch unter normalen Umständen gar nicht auffallen würde.
Die Bedeutung der Forscherinstitute und ihr stetiger Kampf um die Marktanteile wirkt galant durch den Kakao gezogen und offenbart dabei so manch Widersprüchlichkeit in sich. Wenn die Meinung eines Einzelnen plötzlich zur Allgemeingültigkeit etabliert wird und der gehegte Wunschtraum bereits am nächsten Tag seine Erfüllung im Konsumrausch findet, ist dies zwar amüsant, aber leider völlig unglaubwürdig. Mit der Entlarvung der perfiden Mittel der Marktforschung, geht dem Film schnell die Luft aus. Die anfängliche Überspitzung bleibt auf einem Niveau hängen und verschenkt dadurch seine Möglichkeiten, die zu einem erwarteten Eklat hätten führen können. Die kriminelle Ausbeutung von Thomas Müller bleibt nahezu konsequenzfrei, weil die Auflehnung des Normalbürgers gegen das System im geheimen Kämmerlein stattfindet.
Dank Ulknudel Olli Dittrich („Die Relativitätstheorie der Liebe“), der in seiner gewohnt innovativen Art zu überzeugen weiß, bleibt die Geschichte dennoch witzig. Veronica Ferres („Das Superweib“) hat nur eine durchschnittliche Performance zu bieten, die ihrer Rolle jedoch gerecht wird. Wanja Mues („Der Pianist“) glänzt noch am Rande als charismatisches Ekel, bleibt aber auch hinter seinen Möglichkeiten stehen.
Fazit: David Dietl nimmt mit seiner satirischen Komödie den deutschen Bürger ordentlich aufs Korn. Witzig und humorvoll, aber leider kein Überflieger.
by Sandy Kolbuch