Filmkritik Jeff, der noch zu Hause lebt
Filmwertung: |
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| 7/10 |
Brüder sind häufig wie Feuer und Wasser, wobei jede Mutter natürlich nur das Beste für ihre Sprösslinge will. Sie sollen nach Möglichkeit erfolgreich im gesellschaftlichen und glücklich im menschlichen Sinne sein. Und allzu oft gerät gerade der augenscheinlich gut geratene Sohn im Leben mal in einen Schlingerkurs.
Die zwei Brüder Jeff (Jason Segel) und Pat (Ed Helms) könnten unterschiedlicher kaum sein. Der 30 Jahre alte Jeff ist ein liebenswerter Verlierer und Kiffer, der immer noch bei seiner Mutter Sharon (Susan Sarandon) im Keller lebt. Pat hingegen steckt mitten in einer Midlife-Crisis und hat Probleme in seiner Ehe. Seine Frau Linda (Judy Greer) verbietet ihm, einen Sportwagen zu kaufen und er steigert sich in den Glauben, dass sie ihn betrügt.
Jeff sucht, inspiriert von dem Film "Signs", nach einem schicksalhaften Zeichen für sein Leben und gerät dadurch in eine Reihe zufälliger Ereignisse, die mit dem Namen "Kevin" zu tun haben. Mutter Sharon aber verliert langsam die Geduld und wünscht sich nichts sehnlicher, als ihren trägen Sprössling endlich aus dem Haus und in ein eigenständiges Leben zu treiben. Während Jeff nun mit Pat bezüglich des Verdachts der Untreue beginnt, dessen Ehefrau Linda hinterher zu spionieren, tröstet sich Sharon mit einem Chat über die Enttäuschungen ihres Lebens hinweg, der ihr einen heimlichen Verehrer innerhalb ihres Großraumbüros verheißt. Für alle drei beginnt eine Reise mit nicht absehbaren Konsequenzen.
Die Regiebrüder Jay und Mark Duplass ("Cyrus") haben sich Jason Segel ("Bad Teacher", "Die Muppets"), Ed Helms ("Hangover", "Hangover 2") und Susan Sarandon als Hauptfigurentrio geschnappt und mit "Jeff, der noch zu Hause lebt" eine Komödie der besonderen Art gemacht. Die eigenwillige Komödie der Duplass', die in Nord Amerika immerhin über vier Millionen Dollar einspielte, hatte ihre Premiere 2011 auf dem Toronto International Film Festival.
Die Story um den Spätzünder Jeff besticht durch ihre Langsamkeit, die es ermöglicht, dass man sich den drei Hauptfiguren widmen kann. Das Außergewöhnliche bei dieser Komödie ist, dass sie einen herrlich allgegenwärtigen deprimierenden Grundton hat. Selbst bei den arrivierten Figuren Pat und Sharon merkt man, dass irgendwie alles Mist ist. Beide sind zwar in Lohn und Brot, aber wohl doch eher weniger als mehr glücklich. Bei Pat bröckelt das aufgebaute Leben und seine Ehe, seine Mutter chattet sich die Finger blutig auf der Suche nach etwas Glück und Jeff hat vergleichsweise weniger Probleme, weil er sowieso nichts hat und in einem Joint seine Entspannung findet. Alle drei Figuren etablieren sich im Laufe des Filmes als Loser, was der Film in einer wunderbar schmerzenden Atmosphäre vermittelt. Er schafft es, die lustigen Momente in dieser depressiven Grundstimmung zu platzieren, und das kleine bisschen Glück, das alle drei zum Schluss erzielen, erscheint wohldosiert.
"Jeff, der noch zu Hause lebt" kokettiert mit seiner Bedeutungslosigkeit und bleibt seinem selbstbewusstem Konzept, den skurrilen Momenten ihre Zeit zu geben, treu. Selten hat eine Komödie solch einen leisen Depri-Blues gespielt und den Zuschauer gleichzeitig mit den Charakteren und nicht über sie schmunzeln lassen.
by André Scheede
Bilder © Paramount Pictures Germany