Filmwertung: |
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| 4/10 |
Sylvester Stallone hasst sein Muskel-Protz-Image, das er sich durch Rollen wie "Rocky" und "Rambo" einst zulegte und durch unzählige andere Rollen dieser Couleur zu bestätigen wusste, weil die Leute immer denken, er habe auch im Hirn nur Muskeln. Kein Geringerer als Hollywood-Star und Action-Spezialist Sylvester Stallone schrieb nun das Drehbuch zum neuen Thriller "Homefront", in dem ein knallhartes Duell zwischen zwei starken Männern eine Kleinstadt zum Explodieren bringt. Stallone hat mit diesem eher auf einer intellektuellen Vorarbeit basierenden Eingriff in das Filmschaffen die Chance, oben genannte These zu widerlegen … leider vertan.
Wir erleben Jason Statham als ehemaligen Agenten der Drogenbekämpfungsbehörde DEA Phil Broker, der nach dem Tod seiner Frau mit seiner Tochter Maddy (Izabela Vidovic) in eine Kleinstadt zieht. In der idyllischen ländlichen Umgebung will er Ruhe finden und seine Vergangenheit hinter sich lassen. Zunächst klappt das auch, bis Maddy in der Schule mit dem Neffen des ortsansässigen Drogenbosses Gator Bodine (James Franco) aneinandergerät. Ausgelöst durch diesen Vorfall sucht Gator Brokers Haus auf und schnüffelt dort herum, um ihm Angst einzujagen. Da Broker und seine Tochter gerade nicht zu Hause sind, hat Gator genügend Zeit, um Unterlagen mit Hinweisen auf Brokers Vergangenheit als Drogen-Polizist zu finden. Gator sieht seine Chance gegen den unliebsamen Neubewohner vorzugehen und hetzt Broker einige schwere Jungs auf den Hals, deren Drogenring der einst als Cop auffliegen ließ.
Nach dem gleichnamigen Roman von Chuck Logan lieferte Stallone das Drehbuch zu "Homefront" und ließ Gary Fleder Regie führen, der seine Erfahrung mit der Inszenierung von Thrillern beispielsweise schon bei "Sag' kein Wort" 2001 unter Beweis stellte. Für die Hauptrolle des Phil Broker nahm Stallone "Transporter" Jason Statham an Bord, der seinem festgelegten Image als Action-Hero damit kein bisschen entflieht. Die Crew der Antagonisten wird angeführt von Hollywoods Tausendsassa James Franco als brutaler Drogenboss, dem gleich zwei äußerst prominente Damen zur Seite gestellt wurden. Als seine durchaus eindrucksvoll von Crystal Meth gezeichnete, total aufgedrehte Schwester Cassie erleben wir Kate Bosworth, die damit den Gegenbeweis antritt, nicht nur softe Charaktere wie in "Blue Crush" verkörpern zu können. Als seine Liebhaberin und Komplizin sehen wir die einstige Hollywood-Ikone Winona Ryder, die als Rocker-Groupie Sheryl im Leder-Kostüm einen durchaus aufregenden Anblick bietet, jedoch weit unter ihren Möglichkeiten zurückbleiben muss. Erwähnt sei auch Izabela Vidovic als Brokers Tochter Maddy, die artig ihren Text aufsagt und eine Träne verdrückt, wenn die Filmmusik zur sentimentalen Erinnerung an die verstorbene Mutter bläst, uns aber garantiert noch in glorreicheren Rollen begegnen wird.
Man kann es ja mal mit Reden versuchen, aber alles läuft darauf hinaus, dass man sich auf die Fresse hauen muss. Und so ist Brokers Tochter Maddy natürlich in Selbstverteidigung geübt, vermöbelt mit dem Zögling des Drogenclans nur leider den Falschen, der sie aber gepiesackt hat, was zur Kriegsführung berechtigt. Broker wird von der Schulpsychologin angehimmelt, weil Psychologinnen bekanntermaßen auf muskulöse Schlägertypen mit limitiertem Sentiment stehen. Vor der wirklich wunderschönen Kulisse Louisianas ist schnell ein zwischenmenschliches Biff und Baff angezettelt, das sich nur noch mit Gewalt lösen lässt, so wie es jeder aus seiner Nachbarschaft kennt. Die Produzenten sagen dazu, dass das Böse überall, in jeder Stadt ist und je pastoraler, schöner und idyllischer der Ort, desto schneller fragt man sich, wo da der Bösewicht steckt, was belegt, auf welch krudem Weltbild diese Story basiert. Während man Jason Statham in solch einfältigen Actionfilmen erwartet, reibt man sich bei den Auftritten James Francos und Winona Ryders doch verwundert die Augen. Stallone ist bereits für drei Filme, darunter den gerade gestarteten "Zwei vom alten Schlag", als schlechtester Hauptdarsteller im diesjährigen Rennen um den Anti-Oscar, die Goldene Himbeere, für die er in seiner Karriere schon 31-mal nominiert war. Für das Drehbuch zu "Homefront", das an eine klassische Westerngeschichte erinnern soll, mit seinen einfältigen Dialogen und seiner schwachen Story aber eher ein gestriges Amerika zeigt, hätte er ebenfalls eine Nominierung für diese Frucht verdient gehabt.
"Homefront" ist ein höchstens durchschnittlicher Actionfilm mit recht vorhersehbarer Handlung, der einer kruden archaischen Weltsicht folgt, als hätte ihn sich eine Rockergang ausgedacht.
by André Scheede