Hell or High Water

Hell or High Water (2016), USA
Laufzeit: - FSK: 12 - Genre: Krimi / Drama / Western
Kinostart Deutschland: - Verleih: Paramount Pictures Germany

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Hell or High Water Filmplakat -> zur Filmkritik

erhältlich auf 4K UHD, Blu-ray und DVD

Inhalt

Zwei Brüder – der rechtschaffene, geschiedene Toby (Chris Pine), Vater zweier Kinder, und der jähzornige Tanner (Ben Foster), frisch entlassener Häftling – begehen gemeinsam mehrere Banküberfälle, um zu verhindern, dass die hochverschuldete Farm ihrer Familie an die Bank zurückfällt.
Dies ist ihr letzter, verzweifelter Kampf um eine Zukunft, die ihnen unter den Füßen weggezogen wurde. Ihr Plan scheint aufzugehen, bis sie ins Visier des unerbittlichen Texas Rangers Marcus Hamilton (Oscar®-Gewinner Jeff Bridges) geraten, der kurz vor seinem Ruhestand noch einen großen Triumph feiern will. Als die beiden Brüder einen letzten Bankraub planen, kommt es zum alles entscheidenden Showdown zwischen einem wahrhaft aufrichtigen Gesetzeshüter und einem Brüderpaar, das nichts zu verlieren hat – außer der Familie!


Chris Pine, Ben Foster und Jeff Bridges | mehr Cast & Crew


Hell or High Water - Trailer




DVD und Blu-ray | Hell or High Water

Blu-ray
Hell or High Water Hell or High Water
Blu-ray Start:
03.08.2017
FSK: 12 - Laufzeit: 102 min.
DVD
Hell or High Water Hell or High Water
DVD Start:
03.08.2017
FSK: 12 - Laufzeit: 98 min.

Filmkritik Hell or High Water

Filmwertung: | 9/10


Sowohl der Neo-Western als auch der Heist-Film gehören zu den amerikanischsten aller Subgenres. „Hell or High Water“ verbindet diese beiden oft frequentierten Spielarten auf brillante Weise zu einem der besten Filme der letzten Zeit, unter dessen geduldig erzählter, aber soghaft-packender Oberfläche ein tiefgründiger und melancholischer Blick auf das moderne West Texas der Gegenwart liegt. Hell or High Water SzenenbildInszeniert wurde der Film von dem überraschend wandlungsfähigen Schotten „David Mackenzie“, dessen sehr unterschiedliche Filme wie „Young Adam“, „Perfect Sense“ oder vor kurzem das starke Gefängnis-Drama „Mauern der Gewalt“ kaum auf einen Film wie diesen vorbereitet haben. Er kreiert hier ein kraftvolles, sehr muskulös und selbstbewusst inszeniertes Genrestück voller Persönlichkeit, das durch seine authentisch und scharf gezeichneten Figuren weit über den Durchschnitt gehoben wird. Das ist auch zweifelsohne ganz wesentlich durch das herausragende Black List-Drehbuch des gebürtigen Texaners Taylor Sheridan („Sicario“) geschuldet, der seine Heimat ganz offensichtlich wie seine Westentasche kennt und hier detailreich und komplex beleuchtet. Dafür gab es bereits diverse Auszeichnungen, darunter drei Golden Globe-Nominierungen und Aussicht auf viel Aufmerksamkeit bei den Oscars.

Eine der großen Stärken von „Hell or High Water“ ist die Tatsache, dass der Film sich angenehm viel Zeit beim Entfalten seiner Geschichten und Figuren lässt. Er beginnt mit einer Reihe von leicht schwarzhumorig beobachteten Banküberfällen in diversen Käffern von West Texas, die von den beiden Brüdern Toby (Chris Pine) und Toby Tanner (Ben Foster) eher amateurhaft ausgeführt werden. Was ihre Motive sind, bleibt länger unklar und wird erst nach und nach deutlich. So bauen Sheridan und Mackenzie wunderbar auf subtile Weise effektiv Spannung auf, wobei aber auch die Figuren kontinuierlich an Dimension und emotionaler Tiefe gewinnen. Da der Film sich Zeit bei der Darlegung ihrer Motive für ihr kriminelles Handeln lässt, soll hier auch nicht gespoilert werden. Was verraten werden darf, ist, dass sich natürlich bald auch Gesetzeshüter einschalten, wodurch der Film eine Katz-und-Maus-Dimension erhält. Diese werden repräsentiert von dem alternden und kurz vor dem Ruhestand stehenden Marcus Hamilton (Jeff Bridges) und dessen jüngerem Partner Alberto Parker (Gil Hamilton). Diese hängen sich an die Fährte der beiden Bankräuber und ermitteln in den texanischen Kleinstädten unter ihren mürrischen Einwohnern, wobei vor allem Hamilton eine zunehmende Obsession aufbaut, den Fall zu lösen, bevor er in den nicht gerade herbeigesehnten Ruhestand geht.

Hell or High Water Szenenbild „Hell or High Water“ spielt mit den Konventionen seiner Genres und dazugehörigen Archetypen, gibt dem Ganzen aber durch Sheridans einsichtsreiches und sehr menschliches Skript eine wahrhaftige und oft überraschende Ebene, die diesen Film ganz besonders macht. So ist der Film auch geprägt von Coen-artigem lakonischem und oft staubtrockenem Humor, der aber immer auch zu den Figuren passt und nie zum Selbstzweck gerät. Wie auch in dem teilweise recht ähnlichen Coen-Neo-Western-Meisterwerk und Oscar-Gewinner „No Country for Old Men“ ist auch „Hell or High Water“ durchzogen von präzise beobachteten Momenten, die quasi zu ihren eigenen Mini-Episoden innerhalb der eigentlichen Handlung werden. Da der Film teilweise auch wie ein Road Movie funktioniert, werden diverse Stationen gemacht, bei denen unterschiedliche Nebenfiguren zum Vorschein kommen, die ihre pointierten Momente haben. Am denkwürdigsten ist hier vielleicht eine Szene in einem Diner, bei der Hamilton und Parker auf eine alte Kellnerin treffen, die vielleicht den trockensten und amüsantesten aller Monologe dieses Films aufsagen darf.

So bietet der Film ein tiefreichendes Panoptikum der menschlichen Situation von West Texas, das durch die schlechte wirtschaftliche Situation Post-2008 schwer gebeutelt ist und für eine triste und teilweise tragische Existenz für seine Bewohner sorgt. Selten wurde das Kleinstadtleben dieses riesigen, von zahlreichen endlosen Wüstenlandschaften geprägten Bundesstaates so präzise in all seiner deprimierenden Ödnis portraitiert. Hier kann man möglicherweise einen interessanten Vergleich zu Bogdanovichs „The Last Picture Show“ von 1971 ziehen, in dem der junge Jeff Bridges seine erste Oscar-Nominierung einheimste. Die Darstellung des schwierigen und finanziell problematischen Lebens ist gewissermaßen der rote Faden, der sich durch „Hell or High Water“ zieht. Soviel sei gesagt, die Banküberfälle der Tanners sind eindeutig nicht durch Spaß am Vergnügen begründet.

Hell or High Water Szenenbild Foster und Pine sind brillant in ihren Rollen. Sie verschwinden beide völlig in ihren Parts, meistern den texanischen Akzent als Auswärtige hervorragend (unbedingt nach Möglichkeit im Original sehen!) und verkörpern ihre brüderliche Beziehung tief glaubwürdig und letztlich berührend. Foster ist in den letzten Jahren schon durch zahlreiche intensive Rollen bekannt geworden, doch Pine ist sicherlich derjenige, der sich als die große darstellerische Überraschung des Films erweist. Pine, der die meiste Zeit seiner Karriere eher im Mainstream-Kino zu finden war, darf hier endlich mal in einer richtig anspruchsvollen Rolle aufblühen und begeistert mit einer brütenden und betont zurückhaltenden Performance, die von Captain Kirk meilenweit entfernt ist. Gewohnt herausragend und sicherer Kandidat auf eine Oscar-Nominierung ist Jeff Bridges, der nur oberflächlich gesehen eine weitere murmelnde und lakonische Darstellung à la „True Grit“ und „Crazy Heart“ liefert. Er gibt seiner Figur (wie auch schon in den beiden genannten Filmen) eine unterschwellige Größe und Tiefe, die im Verlauf des Films immer mehr zum Vorschein kommt. Die Hintergründe seiner Figur werden nur angedeutet, jedoch spürt man ihr mehr und mehr eine gewisse Einsamkeit und Melancholie an, die Bridges enorm effektiv mit subtilen Andeutungen zu einer faszinierenden, komplexen und schließlich berührenden Persönlichkeit formt. Die neckischen Wortgeplänkel mit seinem halb-indianischen, halb-mexinanischen Partner Alberto, die sich durch den ganzen Film ziehen, offenbaren zwischen den Zeilen eine tiefe kameradschaftliche und sich gegenseitig respektierende Verbundenheit, die nie direkt ausgesprochen wird, aber von Bridges und dem brillanten Birmingham in meisterhaft zurückhaltendem aber aussagekräftigem Spiel deutlich wird.

Ausgehend von dieser durch das herausragende Schauspiel aller Beteiligten zum Vorschein kommenden subtilen Menschlichkeit erreicht „Hell or High Water“ inmitten all des schwarzen Humors und genre-üblichen Plotmechanismen eine zutiefst melancholische Dimension, die tatsächlich lange nachwirkt. Hierbei darf aber nicht vergessen werden, dass der Film eine sehr spannende und packende Angelegenheit ist, die den Zuschauer zu keinem Zeitpunkt loslässt – gerade auch weil man die Charaktere mehr und mehr kennen lernt und damit immer stärker mit ihnen verbunden ist. Hell or High Water SzenenbildEine Schwarz-Weiß-Zeichnung zwischen den kriminellen Brüdern und den Gesetzeshütern gibt es nicht, wodurch beide Perspektiven verständlich und nachvollziehbar gehalten sind. Mackenzie und sein Stammkameramann Giles Nuttgens geben dem Film durch ihre europäische und damit ausländische Herkunft eine zusätzliche visuelle Stärke, die West Texas (tatsächlich wurde der Film in New Mexico gedreht) in seiner ausschweifenden Größe in gigantischen Panoramen bildgewaltig einfängt. „Hell or High Water“ ist so auch ein enorm stimmungsvoller Film voller hitzeflirrender, staubiger Bilder, die den Zuschauer gepaart mit dem brillanten düster-melancholischen und intensiven Soundtrack von Nick Cave und Warren Ellis auch auf filmischer Ebene enorm gefangen nimmt.

Im Inszenieren von intensiven Spannungs- und Actionmomenten erweist sich Mackenzie ebenfalls als meisterhafter Filmemacher. Die Banküberfälle präsentieren sich alle auf eigenständige und unterschiedliche Weise und erscheinen angesichts so vieler vergleichbarer Filmmomente in der Vergangenheit als tatsächlich überaus frisch und anders eingefangen. Gerade gegen Ende des Films häufen sich die intensiven, hochspannenden und auch bleihaltigen Momente, die Mackenzie mit schweißtreibender und unnachgiebiger Intensität in Szene setzt. „Hell or High Water“ ist ein exzellenter und überraschend facettenreicher Film, den man sich auf keinen Fall entgehen lassen sollte.

Fazit:
„Hell or High Water“ ist ein enorm packender und spannender Neo-Western voller Persönlichkeit, der durch seine scharf und facettenreich gezeichneten Figuren und jede Menge präzise und authentisch beobachtetes texanisches Lokalkolorit weit über den Genre-Durchschnitt gehoben wird. Angetrieben wird der Film auch durch seine exzellenten Schauspielleistungen und seine meisterhafte Inszenierung.
by Florian Hoffmann

Bilder © Paramount Pictures Germany