Filmwertung: |
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| 7/10 |
Ganze 27 Jahre hat es gedauert, bis es nun nach vielen vergeblichen Anläufen zu einer Fortführung der allseits beliebten und quasi heilig gesprochenen „Ghostbusters“-Franchise gekommen ist. Angesichts des Todes von Harold Ramis, der in den beiden Filmen Egon Spengler gespielt hat, war eine Fortsetzung mit dem Original-Team endgültig ausgeschlossen und auch Regisseur Ivan Reitman wollte über eine aktive Produzentenrolle nicht hinausgehen.

Das Zepter und damit die gigantische Verantwortung, „Ghostbusters“ einer neuen Generation nahe zu bringen und zugleich die Fans der Originale zu befriedigen, wurde an Komödien-Spezialist Paul Feig („
Brautalarm“, „Spy“) übergeben. Als Experte für Komödien mit Frauen im Mittelpunkt war schnell klar, dass sich der neue „Ghostbusters“ durch eine komplett weibliche Besetzung von den Originalen abgrenzen würde. Die Rollen wurden mit den allesamt durch Saturday Night Live bekannt gewordenen Melissa McCarthy, Kristen Wiig, Kate McKinnon und Leslie Jones besetzt, was jedoch bei den Fans auf wenig Gegenliebe stieß. Der erste veröffentlichte Trailer des Reboots ging sogar als unbeliebtester Trailer auf YouTube in die Geschichte ein. Die Publicity um Feigs „Ghostbusters“ war also von so viel Negativität umnebelt wie nur möglich, was das offen getragene Selbstbewusstsein seiner Beteiligten jedoch nicht eingeschränkt hat. Das finale Produkt erweist sich nun als überaus gut aufgelegter und gelaunter Sommer- und Publikumsfilm, dem es gelingt, den Geist der Originale mit ehrfürchtiger Anerkennung zu atmen, zugleich aber auch die Stärken seiner talentierten Darstellerinnen fast voll auszuschöpfen.
Eine leicht ähnliche Herangehensweise wie bei „Star Wars“ zuletzt kann man so auch bei „Ghostbusters“ feststellen, der strukturell und stilistisch viele Gemeinsamkeiten mit dem 1984er Film aufweist und zahlreiche Easter Eggs und Cameos für die Fans bereitstellt, wobei neue Figuren und Ideen geschickt eingeführt werden. Der Film macht gerade dank seiner hervorragend harmonierenden Darsteller viel Spaß und unterhält fast ohne Einschränkungen über seine fast zweistündige Laufzeit wunderbar.

Wer bestreitet, dass man nach der wunderbar klassischen, leicht gespenstischen und stimmungsvoll inszenierten Eröffnungssequenz und dem Ertönen von Ray Parker Jr.s ikonischem Titelsong nicht sofort von einer angenehm nostalgischen Welle erfasst wird, braucht wohl hier schon nicht weiter zu sehen. Feig inszeniert gerade diese ersten Momente mit sichtlich großem Respekt vor den Originalen und reicht hier den Fans schon mal die Hand und versichert, dass alles gut wird.
Schwungvoll führt er nun die neuen Protagonisten ein, denen man den Spaß an ihren Parts deutlich ansehen kann. Dr. Erin Gilbert (Kristen Wiig) ist eine Professorin an der Columbia Universität und hofft gerade sehnlichst auf eine Festanstellung. Als sie jedoch feststellt, dass ihr ursprünglich erfolgloses und in der Versenkung verschwundenes Buch über paranormale Phänomene, das sie vor Jahren mit Dr. Abby Yates (Melissa McCarthy) geschrieben hat, wieder veröffentlicht wurde, fürchtet sie um ihre Reputation und damit ihr Engagement an der Universität. Sie bittet Abby, mit der sie sich vor Jahren entfremdet hat, das Buch wieder vom Markt nehmen zu lassen, jedoch stimmt diese nur unter der Bedingung zu, dass sie ihr und ihrer flippigen, technophilen, leicht wahnsinnig wirkenden Kollegin Dr. Jullian Holtzman (Kate McKinnon) bei der Untersuchung paranormaler Ereignisse in einem geschichtsträchtigen Haus zu unterstützen. Dort begegnet ihnen tatsächlich zum ersten Mal eine echte Geistererscheinung, was sie auch auf Video festhalten. Davon bekommen die Verantwortlichen von Erins Universität Wind und entlassen sie kurzerhand. Auch Abby und Jillian verlieren ihre Anstellung in ihrer Forschungseinrichtung, woraufhin die Drei die „Behörde für metaphysische Erscheinungen“ ins Leben rufen, wo sie weiter paranormalen Erscheinungen untersuchen können.

Zu ihnen stößt schließlich auch die bei der New Yorker U-Bahn angestellte Patty Tolan (Leslie Jones), die an ihrem Arbeitsplatz ebenfalls eine gespenstische Begegnung hatte.
Feigs „Ghostbusters“ ist erwartungsgemäß dann am besten, wenn die Frauen zusammenspielen und sich oft inspirierte und dynamische Wortgeplänkel liefern. Hier wirkt der Film eigenständig und es macht Freude, den Darstellern zuzusehen und -hören, der Humor ist meist spritzig, gelegentlich anarchisch und immer albern. Auch wenn einige Sprüche und Witze flach fallen und wegen jugendfreier Altersfreigabe deutlich braver daherkommen wie bei Feigs vorigen Filmen, ist die Inszenierung rasant und spaßig genug, dass man sich an den weniger effektiven Momenten kaum stören muss. Eine der gelungensten Aspekte des Films ist wohl Chris Hemsworth grenzenlos dämliche „Empfangsdame“ Kevin. Wie schon in seiner kleinen Rolle in der „Vacation“-Neuauflage beweist der Australier überraschendes komödiantisches Gespür und ein Talent, sich selbst nicht so ernst zu nehmen. Ihm gehören einige der besten Momente und Sprüche, etwa ein Gag mit seiner Brille oder ein herrlich doofer Kommentar zu dem Aquarium in der „Ghostbusters“-Zentrale sorgen für echte inspirierte Lacher. Auch wenn Kevin nahe an der Karikatur ist und das ständige Rumreiten auf dem unmöglichen Ausmaß seiner Dummheit (die Annahme von Telefongesprächen gehört zu seinen größten Herausforderungen) sich ebenso abnutzt wie die unaufhörliche Objektifizierung seitens Erin, macht diese Figur einfach Spaß.
Was weniger Spaß macht, sind dann die über den Film verteilten Gastauftritte der Originalbesetzung in neuen Rollen.

Man erfreut sich jeweils kurz eines Wiedersehens, doch letztlich wirken diese Auftritte eher irritierend halbherzig und lenken vom eigentlichen Erzählfluss ab. Lediglich eines der Original-Castmitglieder hat mehr als eine Szene, jedoch fügt sich seine Präsenz eher befremdlich in den neuen Film ein. Dennoch ist Paul Feigs Neuinterpretation der beliebten Reihe stilistisch und atmosphärisch unzweifelhaft ein echter „Ghostbusters“-Film, der alles an bekannten Zutaten bietet. Die Tatsache dass nun vier Frauen statt vier Männer im Zentrum stehen, macht „Ghostbusters“ nicht automatisch zu einem feministischen Manifest, wie viele Fans befürchtet haben. Der Film macht daraus, so wie es sein sollte, keine große Sache und stellt die Tatsache, dass hier Frauen die Helden sind, als harmlose Selbstverständlichkeit dar. Männer kommen zwar zugegebenermaßen wenig gut weg, was manche militante Anti-Feministen stören wird, jedoch gibt es keinen Grund, den augenzwinkernden und unschuldigen Spaß hieran nicht zu verstehen. Wunderbar ist auch der selbstironische Auftritt von Andy Garcia als New Yorks Bürgermeister, der trotz aller Ereignisse die Existenz von Geistern aus Publicity-Gründen wiederholt mit immer neuen abenteuerlichen öffentlichen Erklärungen als Humbug abtut, um eine Massenpanik zu verhindern. Ein Spruch von Abby gegenüber dem Bürgermeister, der einen cleveren und sehr lustigen Verweis zu „Der weiße Hai“ beinhaltet, ist einer der zahlreichen Beweise für den immer wieder aufkommenden cleveren Humor des Kreativteams.
„Ghostbusters“ ist kein beileibe kein großer Wurf, aber er verkörpert eine Form klassischen Hollywood-Eskapismus, die schlichtweg einfach zu mögen ist.

Dem tut dann auch das formelhafte und obligatorische CGI-Spektakel keinen Abbruch, das sich stilistisch und strukturell aber auch sehr an den Originalen hält. Hier bringen Feig und Co-Autorin Katie Dippold zwar auch einige neue Einfälle mit ein, dennoch ist der Film hier, wenn ein Geist nach dem anderen durchs Bild huscht, am wenigstens interessant und wirkt am ehesten mechanisch. Die visuellen Effekte sind dennoch gelungen und der Film sieht zu jeder Zeit (wohl auch dank Wes Anders-Stammkameramann Robert D. Yeoman) super aus.
„Ghostbusters“ ist am Ende des Tages einfach ein gut gemachter Popcorn-Film, der sich redlich Mühe gibt, sein großes Vermächtnis mit Respekt weiterzutragen und dabei auch eine eigene Sprache mit einfließen zu lassen. Der negative Internet-Hype ist da einfach nur ermüdend und macht aus dieser unschuldigen Sache eine unnötig große Sache. Insgesamt ist hier einfach nur ein heiterer, gelegentlich sogar geistreicher (kein Wortwitz beabsichtigt) und angenehm Zynismus-freier Film gelungen, der nur dem ignorantesten Internet-Troll weh machen sollte. Alle anderen, ob jung oder alt, sollten hier ihren Spaß haben.
Fazit: Paul Feigs weiblicher „Ghostbusters“-Reboot erfindet das Rad nicht neu, bietet aber heitere und gut aufgelegte Komödienkost mit vier neuen wunderbar harmonierenden Geisterjägerinnen und einem herrlich doofen und komischen Chris Hemsworth. Als Kompromiss zwischen Alt und Neu ist „Ghostbusters“ gelungen, etwas mehr nötige Eigenständigkeit und noch mehr Mut wird da wohl erst die recht wahrscheinliche Fortsetzung liefern. Dennoch ein netter, harmloser Popcorn-Spaß für Jung und Alt.
by Florian Hoffmann