Gabrielle - (k)eine ganz normale Liebe

Gabrielle (2013), Kanada
Laufzeit: - FSK: 6 - Genre: Drama / Musik / Romanze
Kinostart Deutschland: - Verleih: Alamode

Gabrielle - (k)eine ganz normale Liebe Filmplakat -> zur Filmkritik

erhältlich auf 4K UHD, Blu-ray und DVD

Inhalt

Gabrielle besitzt nicht nur eine ansteckende Lebensfreude, sondern auch eine außergewöhnliche Begabung für Musik. Martin lernt sie in einem Freizeit­zentrum kennen, wo sie gemeinsam in einem Chor singen. Die beiden verlieben sich leidenschaftlich ineinander. Aber ihre Umgebung erlaubt ihnen diese Liebe nicht, denn die beiden sind nicht wie die anderen: sie haben das Williams-Beuren-Syndrom. Die Liebe behinderter Menschen ist längst kein Tabu mehr – trotzdem muss sich das junge Paar entschlossen den Vorurteilen stellen, um eine nicht ganz alltägliche Liebesgeschichte zu erleben.

Gabrielle Marion-Rivard, Alexandre Landry und Mélissa Désormeaux-Poulin | mehr Cast & Crew


DVD und Blu-ray | Gabrielle - (k)eine ganz normale Liebe

DVD
Gabrielle - (k)eine ganz normale Liebe Gabrielle - (k)eine ganz normale Liebe
DVD Start:
05.09.2014
FSK: 12 - Laufzeit: 104 min.

zur DVD Kritik

Filmkritik Gabrielle - (k)eine ganz normale Liebe

Filmwertung: | 8/10


Medizinischen Schätzungen zufolge wird etwa eines von 10.000 Kindern mit dem Williams-Beuren-Syndrom (WBS) geboren, einem genetischen Defekt, der zunächst mal ein charakteristisches Äußeres bei den Betroffenen hervorruft, die häufig aufgeworfene Lippen, kugelige Nasenspitzen, kleine Zähne und gekräuseltes Haar haben. Bei unterschiedlich stark eingeschränkter Intelligenz und Motorik liegen die besonderen Stärken dieser Menschen vor allem im sozialen, sprachlichen und musikalischen Bereich. Die selbst mit diesem Syndrom lebende gleichnamige Hauptdarstellerin öffnet dem Zuschauer nun in dem kanadischen Drama "Gabrielle - (K)eine ganz normale Liebe" die Tür für einen Blick in ihre Welt.

Die Rede ist von Gabrielle Marion-Rivard, die wir in der Rolle der 22-jährigen Gabrielle voller Lebensfreude und ansteckender Energie erleben, obwohl oder gerade, weil sie das Williams-Beuren-Syndrom hat. Typisch für Menschen mit dem WBS hat auch Gabrielle eine ausgeprägte musikalische Begabung, weshalb sie liebend gerne im Chor ihrer Therapiegruppe singt. Dort lernt sie Martin (Alexandre Landry) kennen, der ebenfalls mit dem WBS lebt und ebenso musikverliebt ist wie sie. Zwischen Gabrielle und Martin entflammt eine leidenschaftliche Liebe, die jedoch von der Umwelt der beiden nicht vorbehaltlos akzeptiert wird. Martins Mutter (Marie Gignac) hat ungleich größere Probleme damit, als Gabrielles Schwester Sophie (Mélissa Désormeaux-Poulin), die auf dem Standpunkt ist, dass die Liebe behinderter Menschen längst kein Tabu mehr sein sollte. Das junge Paar lässt sich von allen Vorurteilen nicht unterkriegen und kämpft um die Liebe.

Die kanadische Regisseurin Louise Archambault wollte einen Film darüber machen, wie Menschen, die als Außenseiter der Gesellschaft gelten und gewissermaßen unsichtbar sind, Freude und Glück empfinden und die Herausforderungen des alltäglichen Lebens bewältigen. Um sich dem Thema anzunähern, besuchte Archambault immer wieder die Einrichtung "Les Muses", ein Zentrum für Bühnenkünste, das geistig behinderte Menschen professionell ausbildet. Dort begegnete sie Gabrielle Marion-Rivard, deren Charme sie angesichts ihres Charismas, ihrer Natürlichkeit, ihres strahlenden Wesens und ihrer ungeheuren Anziehungskraft auf Anhieb erlegen war. Obwohl die Besetzung der Hauptrolle mit der an dem WBS leidenden Gabrielle anfänglich alles andere als klar war, absolvierte sie die Probe mit Hingabe und letztlich attestierten ihr sowohl die Produzenten als auch die Regisseurin eine derartige Strahlkraft, die eine professionelle Darstellerin kaum hinbekommen könnte. Einen Profi stellte Archambault Gabrielle dagegen mit Alexandre Landry in der Rolle des Martin zur Seite, an den sie sich stützen konnte. Als Gabrielles Schwester und gleichzeitig beste Freundin Sophie ist Mélissa Désormeaux-Poulin zu erleben, die durch den Film "Die Frau, die singt" (2010) Bekanntheit erlangte. Ein Zeugnis der Wertschätzung war, dass Kanada Louise Archambaults romantisches Drama als besten fremdsprachigen Film für die Oscars 2014 einreichte, auch wenn der es nicht zu einer Nominierung schaffte.

Das Sozialverhalten eines Menschen mit dem Williams-Beuren-Syndrom zeigt, wie Furcht und Vertrauen im Gehirn organisiert sind und so kann auch Gabrielle gar nicht anders, als stets wahrhaftig zu sein. Ihr fällt es schwer, in Gefühlsdingen etwas vorzutäuschen und die Regisseurin meinte über die Arbeit mit ihr, dass es ihr leichter fiel, Gefühle zu zeigen, als manchmal den Weg von A nach B zu finden. Ihre extrovertierte Ausdrucksweise verbunden mit ihrer hohen emotionalen Intelligenz machen schließlich auch den Film zu einem authentischen, lebensfrohen und herzerwärmenden Erlebnis. Die Fähigkeit zu ungefilterten Gefühlen öffnet das Tor zum Herzen des Zuschauers, macht ihm vielleicht auch ein bisschen Angst, ob des Wissens um die dadurch immens hohe Gefahr, im Leben enttäuscht zu werden. Die tragende Säule in der Erzählung des Films ist die Musik und hier offenbart Gabrielle und ihr ganzes Team im Chor eindrucksvoll die musikalische Veranlagung und verdeutlicht, dass WBS-Patienten nicht selten über das absolute Gehör verfügen, was seine medizinische Begründung in einer vergrößerten primären Hörrinde des Gehirns hat. Der emotionale Wert dieses Films ist dem bildhaften Schauwert deutlich übergeordnet. Zum Heulen schönes Gefühlskino erlebt man, wenn Gabrielle Martin am Telefon fragt, ob er ihr Schatz sein will, denn sie will auch seiner sein. Als die beiden zum Schluss auf dem Open-Air-Festival in Montréal fast ihren Gesangsauftritt verpassen, weil sie heimlich andere Dinge üben, ist des Zuschauers Herz längst erobert.

Die nicht ganz normale "Gabrielle" ist mit ihrer Strahlkraft, Warmherzigkeit und Lebensfreude ein Gewinn für jede Gesellschaft, was Louise Archambaults respektvoller Film beweist. Ein romantisches Drama aus Kanada, mit Gefühlen, süß und dick wie Ahornsirup.
by André Scheede

Bilder © Alamode