Filmkritik Fraktus - Das letzte Kapitel der Musikgeschichte
Filmwertung: |
 |
| 9/10 |
Die Gruppe "Fraktus" war eine deutsche Band, die während ihres Schaffens von 1979 bis 1983 wenig Erfolg hatte, später aber mit ihrem Werk großen Einfluss auf die Technobewegung ausübte, weshalb sie in Technokreisen auch als Erfinder des Techno bezeichnet werden, will es in Wikipedia heißen. Der dokumentarische Wahrheitsgehalt dieses Eintrages liegt deutlich unter dem der Aussage, dass in der DDR Skateboard gefahren wurde.
Der Musikmanager Roger Dettner (Devid Striesow) will das legendäre Elektropop-Trio FRAKTUS nach über 25 Jahren zu einem Comeback bewegen. Er bemüht sich, die drei grundverschiedenen Musiker Dirk Eberhard "Dickie" Schubert (Rocko Schamoni), Bernd Wand (Jacques Palminger) und Torsten Bage (Heinz Strunk) unter dem Vorwand eine Dokumentation über die Band drehen zu wollen aufzuspüren. Tatsächlich findet Dettner zwei ehemalige Bandmitglieder in Deutschland und überredet sie zu einem gemeinsamen Treffen bei dem dritten Bandmitglied Torsten Bage auf Ibiza.
Trotz Spannungen untereinander, schafft es Dettner, Neuaufnahmen für ein Comeback zu vereinbaren und einen Plattenvertrag an Land zu ziehen. Doch die Studioaufnahmen scheitern kläglich und die Band verzettelt sich in sinnlosen Klang-Experimenten und Eifersüchteleien. Aufgrund ihrer Reputation haben sie jedoch zahlreiche prominente Fürsprecher, die trotz der Unfähigkeit der obsoleten Gruppe noch an ihren Erfolg glauben. Und nach etlichen Pannen und großer Frustration scheint sich die Gruppe doch noch auf alte Qualitäten zu besinnen.
"Fraktus - Das letzte Kapitel der Musikgeschichte" ist eine deutsche Mockumentary von Regisseur Lars Jessen, der schon mit "Am Tag als Bobby Ewing starb", "Dorfpunks" oder "Hochzeitspolka" auf sich aufmerksam machte. Basis für diesen fiktionalen Dokumentarfilm ist das Hamburger Studio Braun, das aus dem Trio Heinz Strunk, Rocko Schamoni und Jacques Palminger besteht und als Kaderschmiede des psychedelischen Humors gilt. Wunderbar trocken untermauert wird die Mocku mit Statements von Prominenten wie Stephan Remmler, Marusha, Jan Delay, Westbam, Blixa Bargeld, H.P.Baxter alias Scooter und einigen anderen. Und Devid Striesow scheint für die Rolle des Roger Dettner wie geschaffen, weil er eben wie kein anderer Lächerlich- und Ernsthaftigkeit kombinieren kann.
Jessens Film verarscht den Zuschauer auf bisher ungekanntem Niveau, in dem er fiktionale Abläufe wunderbar trocken dokumentarisch darstellt und dabei unheimlich komisch ist. Er beachtet aber auch die Grenzen des für dieses Konzept möglichen Humors, lässt den Zuschauer zwar schallend lachen, verlässt aber nie die Gleise des auch für eine Doku nötigen Sachlichen. Wohltuend ist das für einen deutschen Film fast ungewöhnlich hohe Maß an authentischer Exzentrik, was die zweifellose Handschrift des Trios Studio Braun um Heinz Strunck trägt.
"Fraktus - Das letzte Kapitel der Musikgeschichte" ist ein Hochgenuss für jeden, der bereit ist, sich mal gepflegt hochnehmen zu lassen und hat gleichzeitig den Unterhaltungswert einer sehr guten Komödie.
by André Scheede
Bilder © Pandastorm Pictures