Filmkritik Die Frau in Gold
Filmwertung: |
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| 8/10 |
Restitution, wobei es sich um die Rückgabe gestohlener, enteigneter oder zwangsverkaufter Gegenstände (vor allem Kunstwerke, Bücher und andere Kulturgüter) handelt, und die Provenienzforschung, welche die Herkunft ermitteln soll und somit nachfolgende Restitutionen ermöglicht, wird in vielen Institutionen in Deutschland seit einigen Jahren betrieben und gefördert. Durch den Fall Cornelius Gurlitt ist das Thema bereits an die Öffentlichkeit gedrungen, doch der Film „Die Frau in Gold“ (Originaltitel: „Woman in Gold“, GB/US, 2015) könnte noch einen weiteren Schritt in die richtige Richtung zur Sensibilisierung der Bürger für dieses Thema tun.
Das Gemälde „Adele Bloch-Bauer I“ (was 1943 in die „Frau in Gold“ umbenannt wurde) von Gustav Klimt gehörte einst der Familie Bloch-Bauer und war lange Zeit eines der Prunkstücke der österreichischen Hauptstadt. Erst nach dem Tod ihrer Schwester, entdeckte Maria Altmann (gespielt von Helen Mirren), dass sie die eigentliche Erbin dieses berühmten Kunstwerks ist. In jungen Jahren musste die gerade frisch verheiratete und jüdische Maria (Tatiana Maslany) mit ihrem Ehemann Fritz (Max Irons) nach dem Anschluss Österreichs an Deutschland fliehen. Viele Jahre später, als auch die Welt sich immer mehr dem Thema Restitution öffnete, erfährt sie die Wahrheit über den beschlagnahmten Besitz ihrer Familie. Mit Hilfe des noch recht unerfahrenen, aber sich tatkräftig engagierenden Anwalts Randol Schoenberg (Ryan Reynolds) beginnt ein langjähriger Rechtstreit, der kräftezehrend ist und am Ende Gerechtigkeit und emotionale Wiedergutmachung bringen soll.
Der Regisseur Simon Curtis, der sein Filmdebüt mit „My Week with Marilyn“ (2011) gab, entdeckte auf BBC eine Dokumentation seines Freunds Alan Yentob über die Geschichte Maria Altmanns mit dem Titel „Steeling Klimt“. Diese beeindruckte ihn so sehr, dass er beschloss daraus einen Spielfilm zu machen. Der Theaterschreiber Alexi Kaye Campbell wurde als Drehbuchautor hinzugeholt, der bisher noch kein Skript für einen Film verfasst hatte. Herausgekommen ist eine Geschichte, die sich dicht an die wahren Begebenheiten hält und so nur kleinere Details wie die Figur Schoenbergs verändert hat. Erzählt wird einerseits der Verlauf der Restitution der Klimt-Werke (es ging dabei um fünf Gemälde) im 21. Jahrhundert und anderseits werden in Rückblenden die Jahre in Wien mit dem Einmarsch der Nationalsozialisten und der anschließenden Flucht geschildert. Diese für amerikanische Filme typische Mischung verfehlt trotzdem nicht seine Wirkung. Die Restitutionsgeschichte selbst ist spannend und mit feinem Wortwitz gespickt. Gerade die Paarung von Reynolds und Mirren lässt amüsante Scharmützel zu, vergisst aber dabei nie, um welch ernste Angelegenheit es sich handelt.
Auch wenn das Ende offensichtlich ist, kann der Film die Spannung und das Interesse aufrecht erhalten. Die Rückblenden dagegen liefern die emotionale Komponente und betonen die Schrecken des Zweiten Weltkriegs. Dabei rutscht der Film selten ins Rührselige ab, was bei diesem Thema leider häufig vorkommt. Moralisch gesehen setzt der Film auf eine starke Gut- und Bösetrennung, so dass der Vorwurf aufkommen könnte, dass gerade die Österreicher und ihre Institutionen diabolisiert werden würden. Dabei darf nie der subjektive Standpunkt der Erzählung und die bekannte Sturheit von Institutionen, die ihre Schätze behalten wollen, unterschätzt werden. Formal gesehen ist der Film standardisiert und gut inszeniert. Ausstattung, Musik und Locations sind authentisch und passend gewählt. Die Schauspieler, allen voran Mirren und Reynolds, überzeugen in ihren Rollen und tragen viel zur Atmosphäre und Wirkung der Geschichte bei. Auch die Nebenrollen wurden größtenteils gut gewählt. Dabei besticht vor allem die Besetzung des Wiener Ensembles, welche die Gefühle der Zeit lebendig wiedergeben und den Zuschauer an ihr Schicksal bindet.
Fazit: Der Film „Die Frau in Gold“ ist ein informativer Film, welcher von einer wahren Begebenheit handelt, und den Zuschauer in das Thema Restitution (näher) einführt. Zusätzlich zum lehrreichen Aspekt ist der Film ein einfühlsames Portrait einer Frau, die für Gerechtigkeit kämpft. Dabei verliert die Geschichte nie an Spannung und wird mit feinem Humor und Gefühl erzählt.
by Doreen Matthei
Bilder © SquareOne Entertainment