Filmwertung: |
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| 6/10 |
Ulknudel Melissa McCarthy ist für ihren derben Humor und ihre überschwängliche Performance bekannt. Sowohl in „Tammy“, als auch in „Voll abgezockt“ und „Taffe Mädels“ lud die Darstellerin zum Fremdschämen ein. In „
Spy – Susan Cooper Undercover“ bewies sie hingegen, dass sie auch mit einer wesentlich netteren Persönlichkeit unterhalten kann. In Ben Falcones Komödie „The Boss“ agiert sie nun als erfolgreiche Unternehmerin Michelle Darnell, die für ihren Erfolg über Leichen geht.

Dank ihrer traurigen Kindheit völlig abgestumpft, widmet sie ihr ganzes Leben ihrem eigenen Imperium. Ihren Angestellten gegenüber ist sie zwar freundlich gestimmt, doch eigentlich sind sie nur Mittel zum Zweck. Erst als Michelle wegen illegaler Insidergeschäfte eine Haftstrafe aussitzen muss, beginnt sie damit, ihre Welt neu zu definieren. Nach ihrer Entlassung sitzt sie plötzlich auf der Straße und ist auf die Hilfe ihrer ehemaligen Assistentin Claire (Kristen Bell) angewiesen. Zu Michelles Entsetzen, ist Claires Lebensstandart wahrlich nicht mit ihrem einstigen High Society- Dasein zu vergleichen.
„The Boss“ ist nicht der große Renner. McCarthy gelingt es dennoch, ihre derbe Komödie mit unterhaltsamen Momenten aufzuwerten. Der Fall der hochnäsigen Unternehmerin ist voraussehbar und auch der Wunsch nach einem Neuanfang scheint wenig innovativ. Dass Michelle sich jedoch ausgerechnet einer Gruppe junger Mädchen anschließt, die sie mit unkonventionellen Mitteln bei ihrem Keksverkauf unterstützt, ist schon lustig anzusehen. Ihr ehemaliger Geliebter Renault, überzogen gespielt von Peter Dinklage („Game of Thrones), mischt sich jedoch ein und lässt Melissa wieder zu ihren alten Eigenschaften zurückkehren. Der Kontrast zwischen der rücksichtslosen Michelle und der alleinerziehenden Claire ist nett erdacht, verpufft aber leider recht schnell. Viel zu wenig wird auf das unterschiedliche Leben der Frauen eingegangen, was weitaus mehr Potenzial für lustige Momente geboten hätte, als Michelles peinliches Liebesleben.
Falcones zweite Regiearbeit verlässt sich auf das Können von McCarthy, die sich stets in ihrer gewohnt überspitzen Manier in den Vordergrund spielt und die Nebenfiguren am Rande verhungern lässt. Vor allem Kristen Bell („Veronica Mars“) erscheint in sehr vielen Szenen deplatziert. Dies ist verdammt schade, weil sie nicht die Chance bekommt, ihrem Schauspiel das gewohnte Niveau zu verleihen.

Die Dialoge sind fast durchgehend derbe und nehmen den Raum unterhalb der Gürtellinie ein. Die witzigen Momente werden dadurch von peinlichem Situationshumor überschattet, wodurch sich die Sympathie mit der Hauptfigur arg in Grenzen hält. Die Geschichte, die sich McCarthy selbst auf den sichtbar erschlankten Leib geschrieben hat, ist denkbar einfach konstruiert. Die unglückliche Kindheit hat die reiche Unternehmerin zu eben jener Person verkommen lassen, die im Alter von ihren Angestellten gefürchtet wird. Erst am Tiefpunkt ihrer Karriere ist eine Besinnung Michelles erkennbar, die leider nur einen Moment andauert, ehe sie sich erneut in einen knallharten Kampf um die Pole-Position im Unternehmerreich verbeißt. Freundschaft, Liebe und Vertrauen sind Themen, die nur am Rande angeschnitten werden. Emotionen werden tunlichst ausgespart, bis es im Finale zum unerwartet rührseligen Abschluss kommt, was nicht ganz zum Rest des Films passen will.
Fazit: Auch wenn Falcone mit „The Boss“ etwas mehr Unterhaltung liefern kann, als mit „Tammy“, ist es ihm immer noch nicht gelungenen, humorvolle Unterhaltung mit befriedigendem Niveau zu liefern. Melissa McCarthy und ihre Kollegen bleiben weit hinter ihren Möglichkeiten. Fans des derben Humors dürften dennoch ihren Spaß haben.
by Sandy Kolbuch
Bilder © Universal Pictures Intl.