Filmkritik Der Schaum der Tage
Filmwertung: |
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| 9/10 |
Im Jahr 1947 wurde der Roman „Der Schaum der Tage“ des französischen Schriftstellers Boris Vian (1920-1959) veröffentlicht. Obwohl er bei seinem Erscheinen auf heftige Kritik stieß und als Misserfolg galt, hat er sich zum Kultbuch und zur Pflichtlektüre in Frankreich entwickelt. Der Regisseur Michel Gondry schuf nun, 66 Jahre später, mit seinem Film „Der Schaum der Tage“ (Originaltitel: „L'Ecume des jours“, FR/BE, 2013) eine adäquate und lohnenswerte Umsetzung.
Colin (Romain Duris) führt ein sorgenfreies Leben. Alles was ihm noch fehlt zu seinem Glück ist die wahre Liebe. Sogar sein bester Freund Chick (Gad Elmaleh), der eigentlich sonst nur seine gesamte Zeit dem Schriftsteller Jean-Sol Partre widmet, verliebt sich in die bildschöne Alise (Aïssa Maïga). Durch seinen Koch und Freund Nicholas (Omar Sy) lernt er auf einer Feier Chloé (Audrey Tautou) kennen. Sie verlieben sich ineinander und heiraten, doch schon auf der Hochzeitsreise erkrankt Chloé an einer seltsamen Krankheit. Während es ihr immer schlechter geht, versucht Colin alles um ihr zu helfen.
Zusammen mit Michel Gondry schuf der Produzent und Drehbuchschreiber Luc Bossi die Adaption dieses Buches. Die Geschichte des Romans wurde dabei nur in kleinen Details verändert. Wie auch die Vorlage, lässt sich der Film nicht nur als reine Liebegeschichte zwischen Mann und Frau beschreiben. Es geht auch um die freundschaftliche Liebe, um fanatische Verehrung und beinhaltet eine heftige Kritik an Arbeit und Gesellschaft. Gondry der als Ausnahmetalent gilt, und das nicht nur in Frankreich, übernahm die Regie und gestaltete den Film somit in einer für ihn typischen Art und gab ihm dadurch sein besonderes Aussehen. Durch Filme wie „Vergiss mein Nicht“ (2004), „
The Science of Sleep – Anleitung zum Träumen“ (2006) und „Abgedreht“ (2008) machte er sich einen Namen und steht so für fantastische und kreative Spielfilme. In diesem Sinne war er die beste Wahl, um diesen Roman zu verfilmen. Die Bilder, die er dafür findet, entsprechen teilweise exakt dem der Buchvorlage, aber er fügt ebenfalls auch Details dazu, welche die surreale Atmosphäre perfekt unterstreichen. Jede Szene steckt voller Fantasie und alle Dinge scheinen ein Eigenleben zu führen. Die surreale Wirkung wird auch dadurch unterstrichen, dass man die Geschichte an keiner Epoche festmachen kann und scheint so losgelöst zu sein. Schön ist auch die gewählte Farbdramaturgie. Mit dem Fortschreiten der Krankheit verliert der Film immer mehr von seiner Farbigkeit. Auch die Orte werden enger und dunkler. So findet er die perfekten Bilder, um die tragische Geschichte zu unterstreichen. Abgerundet wird das durch die Musik von Etienne Charry und die herausragenden Darsteller.
Für die Besetzung haben die Filmemacher viele zurzeit sehr beliebte französische Darsteller ausgewählt. Obwohl Colin und Chloé im Buch um einiges jünger sind, überzeugen Romain Duris und Audrey Tautou als eine reifere Variante des Vian-Pärchen. Vor allem Duris spielt alle Facetten so lebendig, dass jede Gefühlsregung spürbar ist. Omar Sy, der selbst den Roman nicht einmal zu Ende gelesen hat, stellt das Herzstück des Ensembles dar. Er spielt Nicholas so amüsant und herzenswarm, dass es einen nicht wundert, dass die Filmfigur von allen gemocht wird. Bis in die Nebenrollen, wie beispielsweise Sacha Bourdo als die Maus, ist der Film gut besetzt.
Fazit: „Der Schaum der Tage“ ist ein wunderschöner, detailverliebter und empfehlenswerter Film. Gondry schuf einen bewegenden Film, der ohne computergenerierte Bilder den Betrachter in eine fantastische, surreale Welt entführt um dort über die großen Themen der Menschheit zu philosophieren. Durch diese liebevolle Umsetzung kann der Film selbst die eingefleischten Vian-Fans überzeugen.
by Doreen Matthei