Filmkritik Der Gott des Gemetzels
Filmwertung: |
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| 10/10 |
„Der Gott des Gemetzels“ – das ist der martialische Titel des neuen Werkes von Regisseur Roman Polanski. Adaptiert von dem gleichnamigen Bühnenstück der Autorin Yasmina Reza, die auch am Drehbuch mitschrieb, erzählt der Film die Geschichte zweier New Yorker Ehepaare, die sich nach einer Prügelei ihrer beiden Söhne zusammen setzen, um über den Vorfall zu sprechen. Was als gesittetes Gespräch beginnt, wird im Laufe des rund 80 Minuten dauernden Filmes zu einem Gemetzel durch Worte. Gemeine Vorwürfe paaren sich mit aberwitzigen Diskussionen, die wiederrum in Tränen und Wut umschlagen.
Doch auch ohne diese spannende Ausgangssituation zu kennen, reicht ein Blick in die Besetzungsliste, damit sich der Cineast die Lippen leckt. Neben Kate Winslet und Jodie Foster bringen sich Christoph Waltz und John C. Reilly in das lebhafte Geschehen ein. Der in Echtzeit gedrehte Film spielt in nur einer Umgebung, nämlich in der Wohnung des Ehepaares Penelope und Michael Longstreet (Foster und Reilly), die das Ehepaar Nancy und Alan Longstreet (Winslet und Waltz) zu sich einladen. Einen Film ohne Schnitte zu drehen, ist sicher eine Herausforderung, wie Roman Polanski auch in einem Interview zugab, jedoch löst er diese in exzellenter Art. Durch die unterschiedlichen Charaktere, die nach und nach auch jeder ihre eigene Persönlichkeit in das Gespräch bzw. den Streit hineinbringen, wird „Der Gott des Gemetzels“ nie langweilig und das sich ständig erhöhende Tempo fordert eine hohe Konzentration vom Zuschauer.
Nicht genug kann man das Schauspiel der vier Darsteller loben, die hier ihr ganzes Können zeigen und auch zu Recht beweisen, warum zumindest drei von ihnen bereits einen Oscar für ihr Schauspiel gewonnen haben. Kate Winslet als gestresste Mutter Nancy, die nach ein paar Schlucken Alkohol vollkommen ausrastet und die Aktivistin Penelope als „Schlampe“ bezeichnet, dafür aber keinesfalls von ihrem Mann Alan getadelt wird. Dieser hat nämlich viel mehr mit seinem „Leben“, sprich: seinem Smartphone, zu tun, welches alle fünf Minuten klingelt und die drei anderen Personen schier in den Wahnsinn treibt. Und auch der Zuschauer kann nicht umhin, nach 20 Minuten zu denken „Schalt das Ding aus, Du Idiot“. Die Situationen werden anfangs noch von Michael entschärft, einen scheinbar sanften Menschen, der schnell die Sprache auf seinen Beruf, den Verkauf von Sanitärwaren wie Toilettenspülungen, bringt, was Alan, der selbst ein skrupeloser Anwalt ist, äußerst „faszinierend“ findet. Ebenfalls faszinierend ist es, den vier kultivierten Menschen dabei zuzusehen, wie ihre Fassade langsam bröckelt, wie sie es schaffe, dass ein eigentlich schon zu Beginn des Filmes beendetes Gespräch derart ausufert und dabei nicht nur die Beziehung unter den beiden Parteien, sondern auch unter den Ehepaaren selbst immer tiefere Risse bekommt.
Roman Polanski hat mit seinem raffinierten Kammerspiel „Der Gott des Gemetzels“ eine Satire auf die Leinwand gebracht, die von Anspielungen auf das moderne Leben nur so strotzt und dessen köstlich boshafte Dialoge über die gesamte Dauer des Filmes unterhalten. Grandios!
Fazit: Satirisches Kammerspiel mit vier hervorragenden Schauspielern.
by Gesa-Marie Pludra