Filmwertung: |
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| 7/10 |
Auch wenn “Der Diktator” erst am 17. Mai offiziell seinen Kinostart in Deutschland feiert, so ist Sacha Baron Cohens neue Kunstfigur des Admiral General Aladeen doch bereits seit Monaten in aller Munde. Von sich Reden machte der selbst ernannte große Führer des fiktiven afrikanischen Staates Wadiya durch einprägsame Auftritte bei großen Medienereignissen der letzten Monate. So gab es während der Pause des Super-Bowls ein persönliches Grußwort des Despoten für alle Footballfans zu hören, während bei der Oscarverleihung einer der anwesenden Reporter sogar Bekanntschaft mit den Überresten von Aladeens verstorbenen Tennispartner Kim Jong-Il machen durfte (dem das Werk auch gewidmet wurde, wie eine Einblendung zu Beginn verrät). Mehr noch als bei seinen vorherigen Kunstfiguren Ali G, Borat und Brüno setzt der englische Verkleidungskünstler und Schauspieler Baron Cohen darauf, dass General Aladeen auch außerhalb des filmischen Werkes seinen Platz in der Medienlandschaft einnimmt. Dies sorgte für eine überaus unterhaltsam Marketingkampagne, lässt den eigentlichen Film, der diesmal als reinrassiger Spielfilm und nicht als dokumentarisches Werk angelegt ist, im Gegensatz zu den vorherigen Auftritten beinahe ein wenig blass erscheinen. Zu Lachen gibt es in „Der Diktator“ aber dennoch jede Menge, was besonders am komödiantischen Talent des Hauptdarstellers liegt.
Wadiya ist auf Grund seiner großen Ölreserven ein überaus reiches Land, was sich allerdings beinahe ausschließlich am ausufernden Lebensstil des regierenden Despoten Admiral General Aladeen (Sacha Baron Cohen) ablesen lässt. Da sind bereit gestellte Geländewagen komplett mit Gold überzogen und für ein spontanes Stelldichein wird schon einmal schnell Hollywoodschönheit Megan Fox eingeflogen. Es läuft gut für den Diktator und seinen Bruder und Berater Tamir (Ben Kingsley), wäre da nicht diese lästige UNO, die mit einem Kriegseinsatz droht, falls Wadiya sich weiterhin weigern sollte, Atominspektoren ins Land zu lassen. Kurzentschlossen macht sich Aladeen auf nach New York, um die UN Vollversammlung in einer Ansprache persönlich von den Qualitäten seiner Führerschaft zu überzeugen. Doch offenbar haben sich nicht nur die Vereinten Nationen gegen den afrikanischen Diktator verschworen. Kaum in New York angekommen wird dieser entführt, seines buschigen Bartes entledigt und durch ein Double ersetzt. Aladeen bleibt nichts anderes übrig, als sich als Normalo-Bürger mit der links-liberalen Öko-Laden-Besitzerin Zoey (Anna Faris) zusammen zu tun, die ihm doch noch eine Möglichkeit bieten könnte, seine lang ersehnte Rede über die Qualitäten der Diktatur zu halten.
Nachdem der semi-dokumentarische Stil des Vorgängerfilms „Brüno“ über den schwulen österreichischen Mode-Guru nur noch streckenweise funktioniert hat und sich Cohen durch Filme wie „Hugo“ als ernstzunehmender Schauspieler etablierte, scheint die Entscheidung, diesmal einen klassischen Spielfilm zu drehen, durchaus nachvollziehbar. Zwar wirken einige Gags immer noch so, als wären sie ursprünglich prädestiniert dafür gewesen, in bester Borat-Manier an arglosen Passanten ausprobiert zu werden, aber Baron Cohen gelingt es trotzdem, die Ungläubigkeit, die sonst seinen Opfern auf der Straße ins Gesicht geschrieben stand, ein ums andere Mal auf den Zuschauer zu übertragen. Sein General Aladeen ist mit all seinen Marotten, besonders seinem bizarren Sprachduktus, absolut unterhaltsam, so dass er auch in einer rein fiktiven Geschichte für zahlreiche Lacher sorgt. Vorwerfen könnte man dem Film, dass die erwähnten Lacher hauptsächlich durch klassischen Slapstick-Humor erzeugt werden und nicht, wie vielleicht erwartet, durch bissige politische Satire. Letztere hat in „Der Diktator“ durchaus ihren Platz, aber der Film funktioniert letztendlich doch mehr im Stile eines „Die nackte Kanone“ und weniger im Stile des Chaplin Klassikers „Der große Diktator“. Die Geschichte rund um den entmachteten, aber immer noch größenwahnsinnigen Herrscher, der auf die ebenso verblendete wie unrasierte Öko-Tussi trifft, dient größten Teils lediglich als Vorwand zur Inszenierung des nächsten komödiantischen „Set-Piece“. Dies ist in diesem Fall allerdings nicht all zu negativ zu bewerten, zünden die Pointen in „Der Diktator“ doch beinahe im Minutentakt, was für nur wenige Hollywoodkomödien der letzten Monate gesagt werden kann.
Im Nachhinein hätte man sich als politisch interessierter Zuschauer dann vielleicht aber doch mehr Sequenzen gewünscht, in denen unserer westlichen Welt stärker der satirische Spiegel vorgehalten wird. So gibt es in dieser Hinsicht beinahe nur einen wirklichen Höhepunkt im Film, der den Protagonisten eine flammende Rede für die Diktatur halten lässt, während die Zuhörer langsam realisieren, dass die Dinge, trotz Bio-Läden und hipsterisierten Gutmenschentum, in ihren demokratisch regierten Ländern, manchmal gar nicht so anders funktionieren.
by Thomas Zimmer
Bilder © Paramount Pictures Germany