Filmkritik David Copperfield - Einmal Reichtum und zurück
Filmwertung: |
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| 7/10 |
"David Copperfield: Einmal Reichtum und zurück" ist der neue Film von Armando Iannuchi, welcher zuvor unter anderem die Satire "The Death of Stalin" inszenierte. Sein neuer Film ist eine Adaption des Romans "David Copperfield" von Charles Dickens und hat, um Verwechslungen vorzubeugen, nichts mit dem weltberühmten Magier zu tun. Der Film behandelt das Leben des David Copperfield in Form von Erzählungen seinerseits, angefangen bei seinen Kindheitstagen, bis hin zu denen seiner Verlobung. Dabei spielt auch stets sein Vermögen und das seines sozialen Umfelds, sowie Freundschaft und Familie eine sehr wichtige Rolle.
Mit viel Humor und anschaulich erzählt David Copperfield (Dev Patel) seine Geschichte. © eOne Germany
Die Romanvorlage wurde ursprünglich in Form von kurzen Bänden über einen Zeitraum von 18 Monaten, zwischen 1849 und 1850, veröffentlicht und umfasst 624 Seiten. Über eine Laufzeit von zwei Stunden ist da klar, dass nicht für jeden Teil der Geschichte so viel Zeit ist wie es im Buch der Fall ist und dementsprechend schnell fühlt sich der Film an. Es hat beinahe etwas von dem abhaken einer Checkliste, was zunächst eher negativ klingen mag, überraschenderweise jedoch ziemlich gut funktioniert. Zu keiner Sekunde fühlt sich "David Copperfield - Einmal Reichtum und zurück" langatmig oder sogar langweilig an und man ist jederzeit gut unterhalten, was auch an den charmanten Figuren und dem allgegenwärtigen Humor liegt.
Letzterer ist zwar nie wirklich erstklassig oder überaus innovativ, aber die Witze verfehlen nur in den seltensten Fällen ihr Ziel und dementsprechend lässt sich an ihnen nicht allzu viel aussetzen.
Tante Betsey (Tilda Swinton) stattet der Familie Copperfield einen Besuch ab. © eOne Germany
Dem entgegenzusetzen ist jedoch, dass mehreren Figuren nicht genügend Raum zur vollständigen Entfaltung gegeben wird und oft auch die Emotionalität von gewissen Szenen schlichtweg nicht tief genug geht, da man zu wenig Zeit mit gewissen Personen verbracht hat, um bereits jede Situation vollständig mitfühlen zu können. Natürlich überzeugt hier insbesondere David Copperfield mit seiner Vielschichtigkeit und einer nachvollziehbaren Charakterentwicklung, sowie vielen verschiedenen und liebenswürdigen Facetten, manche Nebenfiguren, wenn auch nicht alle, fallen hingegen relativ flach aus. Und auch wenn von einigen nicht allzu viel hängen bleibt, erliegt man letzten Endes doch oftmals dem Charme einer Peggoty (Daisy May Cooper) oder eines Mr Dick (Hugh Laurie; Dr House). Schauspielerisch das Highlight ist aber ohne Zweifel Dev Patel (Slumdog Millionaire), der sowohl Humor, als auch Charisma und die nötige emotionale Tragweite mitbringt, um diesem Film ein weiteres gewisses Etwas zu geben. Neben ihm können auch Darsteller wie Ben Whishaw (The Lobster) und Tilda Swinton (Only Lovers Left Alive) gewohnt gut aufspielen, ihre besten Darbietungen lassen sich allerdings in anderen Filmen finden.
Mr. Dick (Hugh Laurie) hat Schwierigkeiten, seine Gedanken zu sortieren. © eOne Germany
Auch charmant ist die ganze Tonalität des Films, der an manchen Stellen gar als einer von Wes Anderson (The Grand Budapest Hotel, Rushmore) durchgehen könnte. Allgegenwärtig aufgrund der Erzählweise, der Art der Dialoge und der Übergänge zwischen verschiedenen Szenen, ist das Gefühl, ein Bühnenprogramm zu sehen, womit der Film seine selbst auferlegte Aufgabe hervorragend meistert. Besonders der Schnitt sei hier lobend erwähnt, denn hier gibt es viele kreative Einfälle zu verzeichnen, die oft auch über innovative Übergänge hinausgehen und sich auf bestimmte Objekte innerhalb der Handlung übertragen. Die Kameraarbeit betreffend lässt sich ähnliches sagen und die musikalische Untermalung ist wie eine Kirsche auf der Torte dieses audiovisuell sehr stimmigen und rundum zufriedenstellenden Werkes. Die künstlerische Offenbarung mag ausbleiben, überdurchschnittlich gut ist "David Copperfield - Einmal Reichtum und zurück" in diesen Belangen aber zweifelsohne.
Fazit: Audiovisuell macht der Film alles richtig und schafft ein sehr gutes Gesamtwerk, welches so stilsicher selten umgesetzt wird. An einigen Stellen merkt man 'David Copperfield - Einmal Reichtum und zurück' allerdings leider an, dass seine Romanvorlage doch etwas länger ausfällt und somit bleibt sowohl im Falle von Figurentiefe, als auch emotionaler Tragweite gewisser Momente einiges auf der Strecke liegen. Dennoch überzeugt der Film letzten Endes inhaltlich durch seine charmante Erzählweise und die charismatischen Figuren, welche von mehr als fähigen Darstellern liebevoll und durchweg gut verkörpert werden. Auch die Kernaussage des Films ist äußerst lobenswert, aber diese soll hier natürlich noch nicht vorweggenommen werden.
by Tim Gertz
Bilder © Entertainment One