Filmkritik Das Salz der Erde
Filmwertung: |
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| 9/10 |
Der Dokumentarfilm von Wim Wenders (Pina, Buena Vista Social Club, Der Himmel über Berlin) behandelt das Leben des weltbekannten Fotografen Sebastião Salgado. Dieser und sein Sohn Juliano Ribeiro Salgado sind Freunde von Wenders und haben beide viel zu erzählen. Sebastião wuchs im brasilianischen Hinterland auf und ging nach Abschluss der Schule nach Sao Paulo, wo er Wirtschaftswissenschaft studierte und seine heutige Frau Leila traf, die ihm den Rummel der Großstadt näher brachte. Nach Abschluss des Studiums arbeitete Sebastião als Ökonom, ehe er durch Zufall seine Liebe zur Fotografie entdeckte. Er und Leila setzten alles auf eine Karte und kauften eine teure Ausrüstung. 1973 wurde Sebastião Profi-Fotograf und wie wir heute wissen einer der Besten seines Faches. Dabei bereiste der heute 70-Jährige viele Orte in der ganzen Welt. Dieser Film zeigt einige seiner bekanntesten Bilder, während Sebastião aus dem Off – manchmal auch mit seinem ausdrucksstarken Gesicht im Bild – die jeweilige Geschichte dazu erzählt. Diese sind spannend und exotisch, aber auch schrecklich. Denn Sebastião war in den 1990er Jahren in den Krisenregionen der Welt unterwegs. Hautnah erlebte er den Genozid in Ruanda und all die Auswirkungen mit. Dabei sind grausame und schockierende, aber wichtige, da aufrüttelnde Bilder entstanden. Sebastião begleitete Kriegs- und Klimaflüchtlinge und schoss dabei bemerkenswerte Fotos, weil er sich auf die Menschen einlässt. Die Kameraführung des Filmes ist perfekt. Der Zuschauer merkt zu jeder Zeit, dass hier Meister am Werk waren, die zu jeder Szene eine passende Einstellung gefunden haben. So eine exzellente Kameraführung hat man lange nicht mehr gesehen. Dazu packt Das Salz der Erde von Beginn an, da die Geschichten rhetorisch und dramaturgisch erstklassig erzählt sind und viele Weisheiten enthalten. Über die gesamte Laufzeit weiß der Film zu fesseln. Es ist wahrlich beeindruckend, was der Brasilianer für ein ereignisreiches Leben hat. Denn er fotografierte auch eine brasilianische Goldmine mit 50.000 Arbeitern. Hierbei entstanden einige der denkwürdigsten Portraits von Salgado. Diese wurden wie all seine Fotografien in Schwarz-Weiß aufgenommen. Auch in Papua-Neuguinea und den meisten südamerikanischen Ländern war Sebastião unterwegs. Dabei vernachlässigte er seinen Sohn Juliano Ribeiro. Dieser wuchs über lange Zeitspannen ohne seinen Vater auf. Das Verhältnis der beiden wurde erst besser, als Juliano Ribeiro erwachsen und ebenfalls Fotograf wurde.
Sebastião verlor nach den schrecklichen Erlebnissen in Ruanda für einige Zeit den Glauben in die Menschheit. Erst nach und nach lernte er, die Ereignisse als Ansporn zu nutzen. Heute ist Sebastião einer der renommiertesten Umweltfotografen. Auf dem großen Gelände seines Vaters wurden einst alle Bäume abgeholzt. Sebastião und viele andere arbeiteten an der Wiederherstellung des Atlantischen Regenwaldes. Mittlerweile haben sie 2,5 Millionen Bäume gepflanzt und das abgeholzte Gebiet wieder nahe an den Urzustand herangeführt.
Der Film wurde auf dem Festival in Cannes mit dem Spezialpreis in der Sektion „Un Certain Regard“ ausgezeichnet. Nach der Vorstellung gab es minutenlangen Applaus für diesen bildgewaltigen, kraftvollen Dokumentarfilm. Das dürfte nicht die letzte Ehrung gewesen sein.
by Stefan Bröhl