Filmwertung: |
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| 6/10 |
Steven Soderbergh's neuste Hollywood Inszenierung 'Contagion' befasst sich mit der rasanten weltweiten Verbreitung eines todbringenden Virus. Wenn auch inhaltlich komplett verschieden, so erinnert 'Contagion' stylistisch gesehen etwas an Soderbergh's Erfolg 'Traffic' aus dem Jahre 2000; auch hier finden sich mehrere separate Erzählstränge und eine Vielzahl an Charakteren, die doch alle miteinander verbunden sind. Während 'Contagion' zweifelsohne mit enormer Starbesetzung glänzen kann, so bleibt die Entwicklung der Protagonisten story-technisch leider manchmal auf der Strecke.
'Contagion' beginnt mit der Einblendung 'Tag 2' und erst am Ende des Films folgt eine Rückblende zu 'Tag 1', die zeigt, welche banalen Ereignisse wirklich zu der weltweiten Katastrophe geführt haben. Die erste Erkrankte ist Beth Emhoff (Gwyneth Paltrow), die von einer Geschäftsreise wieder in die USA einreist und sofort Symptome aufweist. Kurze Zeit später sind sie und ihr Sohn beide tot, während Ehemann Mitch (Matt Damon) sich als einer der wenigen Menschen herausstellt, die auf Grund von Antikörpern nicht erkranken. Das Virus verbreitet sich schlagartig und Soderbergh zeigt dessen Einflüsse auf die verschiedensten Menschen weltweit. Während Blogger Alan Krumwiede (Jude Law) eigene Recherchen anstellt und seine Theorien und Selbstversuche im Internet kund tut, veranlasst Seuchenexperte Dr. Ellis Carver (Laurence Fishburne), dass seine Mitarbeiterin Dr. Erin Mears (Kate Winslet) vor Ort in Minneapolis recherchiert. Weltweit finden sich weitere Betroffene, die alle ihr Bestes tun, mit der Katastrophe umzugehen.
Nach kurzer Zeit bricht Panik aus, die Menschen klammern sich an jeden Halm der Hoffnung, brechen in Apotheken und Geschäfte ein und fallen dem Virus dennoch reihenweise zum Opfer. Soderbergh schafft es, die beklemmende Situation perfekt und realistisch zu inszenieren, so sehr, dass manche Szenen an eine Dokumentation erinnern, nicht an einen Hollywoodstreifen. In dieser realistischen Darstellung der Katastrophe liegt der größte Pluspunkt, vielleicht aber auch der größte Fehler des Films. Leider schafft Soderbergh es nicht, wirklich plastische Charaktere zu schaffen. Auf Grund der Menge an Geschichten und Erzählsträngen bleiben viele Charaktere flach und unterentwickelt und es fällt schwer, als Zuschauer eine Bindung aufzubauen. Obwohl insbesondere Kate Winslet, Matt Damon, Laurence Fishburne und Jude Law es schaffen, sich als de facto Hauptdarsteller zu etablieren, bleibt eine emotionale Bindung trotz starker schauspielerischer Leistung aus. Stattdessen setzt Soderbergh auf eine realistische Inszenierung einer weltweiten Katastrophe, bei der für Emotionen vielleicht auch nicht soviel Platz bleibt wie für den puren Kampf um's Überleben.
'Contagion' zeigt die unglaublich rasante und nicht aufzuhaltende Verbreitung einer Epidemie, derer die Menschheit trotz High-Tech und vermeintlicher Kontrolle über alles nicht sofort Herr werden kann. Der Film beschäftigt sich zwar mit Einzelschicksalen, verschwendet aber keine Zeit auf Sentimentalitäten. Stattdessen wird Wert auf realistische Darstellungen und die Vermittlung der düsteren Atmosphäre gelegt. Die Tagline des Films 'nichts verbreitet sich schneller als Angst' ist Programm.
Fazit: Als realistischer Katastrophenfilm mit hochklassigen Darstellern ist 'Contagion' ein voller Erfolg. Für den Kinogänger, der sich ein emotionales Filmerlebnis und ausgefeilte Charaktere sucht, ist Soderbergh's Werk wohl ein wenig zu flach, verkanntet und manchmal schwer zu folgen. Trotz allem sehenswert.
by Anne Facompré